BT-Drucksache 18/10119

Erfahrungswerte zur Reform der umsatzsteuerlichen Behandlung digitaler Dienstleistungen

Vom 20. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10119
18. Wahlperiode 20.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus,
Dr. Gerhard Schick, Anja Hajduk, Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erfahrungswerte zur Reform der umsatzsteuerlichen Behandlung digitaler
Dienstleistungen

Zum 1. Januar 2015 hat sich die Besteuerung digitaler Dienstleistungen in der EU
grundlegend geändert. Mit dem Kroatien-Steueranpassungsgesetz wurden die eu-
ropäischen Vorgaben zur Implementierung eines einheitlichen Ansprechpartners
für Erbringer digitaler Dienstleistungen in deutsches Recht umgesetzt. Damit ist
es in der Bundesrepublik Deutschland, wie in jedem anderen EU-Land, möglich,
vor nationalen Behörden die elektronischen Umsätze in andere EU-Staaten zu er-
klären, ohne sich in jedem Mitgliedstaat umsatzsteuerlich registrieren zu müssen.
Stattdessen regelt die nationale Behörde die umsatzsteuerlichen Zahlungen an an-
dere EU-Staaten, nachdem der oder die Steuerpflichtige seine bzw. ihre Umsätze
gegenüber des so genannten Mini-One-Stop-Shop erklärt hat.
Zudem wurde das Bestimmungslandprinzip bei den Geschäftsbeziehungen von
Unternehmen zum Endverbraucher eingeführt (so genannter B2C-Bereich). Da-
mit wird eine elektronische Dienstleistung seit dem 1. Januar 2015 dort besteuert,
wo der Endkunde ansässig ist und nicht dort, wo der Geschäftssitz des Unterneh-
mens ist. Unternehmen können sich seitdem nicht mehr durch Auswahl ihres
Standortes ein günstiges Besteuerungsregime aussuchen. Im Fall großer Internet-
konzerne wurden digitale Dienstleistungen häufig über Luxemburg abgewickelt,
weil digitale Dienstleistungen dort nur mit 3 Prozent Umsatzsteuer belegt werden
konnten. Das Bundesministerium der Finanzen ging 2014 von steuerlichen Mehr-
einnahmen durch die Einführung des Bestimmungslandprinzips von 400 Mio.
Euro aus.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Sonderregelungen wurden seitens der europäischen Regierungen im

Rat zur Änderung der umsatzsteuerlichen Behandlung digitaler Dienstleitun-
gen im Vorfeld der Reform beschlossen (z. B. Einbehalt von Zahlungen in
Anfangsjahren, Übergangsregelungen etc.)?

2. Wie viele Unternehmen bzw. Unternehmerinnen und Unternehmer haben
sich 2015 in der Bundesrepublik Deutschland beim Mini-One-Stop-Shop des
Bundeszentralamtes für Steuern (BZST) angemeldet und Umsätze für elekt-
ronische Dienstleistungen erklärt (bitte tabellarisch nach Bundesländern auf-
schlüsseln)?

Drucksache 18/10119 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele Unternehmen aus Drittstaaten haben den deutschen Mini-One-
Stop-Shop für die Erklärung ihrer Umsätze innerhalb der EU gewählt, und
aus welchen Drittstaaten stammen diese Unternehmen (bitte tabellarisch auf-
schlüsseln)?

4. Wie hoch waren insgesamt die in der Bundesrepublik Deutschland beim
Mini-One-Stop-Shop erklärten Umsätze für elektronische Dienstleistungen,
und wie haben sich diese Umsätze auf sämtliche Mitgliedstaaten der EU ver-
teilt (bitte tabellarisch angeben)?

5. Wie hoch waren die für elektronische Dienstleistungen an Endkunden in der
Bundesrepublik Deutschland erbrachten Umsatzsteuerzahlungen in anderen
EU-Staaten, die von den Mini-One-Stop-Shops anderer Mitgliedstaaten an
die Bundesrepublik Deutschland übermittelt wurden (bitte pro Mitgliedstaat
tabellarisch aufschlüsseln)?

6. Wie hoch war im Jahr 2015 der Saldo an erhaltenen und ausgezahlten Um-
satzsteuerzahlungen für die Bundesrepublik im Bereich digitaler Dienstleis-
tungen, und wie erklärt die Bundesregierung mögliche Abweichungen zu ih-
rer Schätzung von 400 Mio. Euro Mehreinnahmen?

7. Gab es im ersten Jahr der Mini-One-Stop-Shops Verfahrensprobleme beim
Austausch zwischen den Mitgliedstaaten (z. B. verspätete Zahlungen an an-
dere Mitgliedstaaten, Probleme beim Informationsaustausch etc.)?

8. Welche Probleme für die Verwaltung hat die Bundesregierung im ersten Jahr
des Mini-One-Stop-Shop registriert, und wie will sie auf diese Probleme re-
agieren?

9. Welche Probleme für die Nutzerinnen und Nutzer des Mini-One-Stop-Shop
hat die Bundesregierung im Jahr 2015 registriert, und wie will sie auf diese
Probleme reagieren?

10. Gab es im ersten Jahr des Mini-One-Stop-Shop beim BZST Probleme bei der
Bereitstellung der Internetplattform, etwa durch Serverprobleme?
Wenn ja, wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der Mini-One-Stop-
Shop uneingeschränkt funktionstätig ist?

11. Plant die Bundesregierung die Ausweitung des Sprachangebotes beim Mini-
One-Stop-Shop (bisher deutsch und englisch), um die Nutzung für Unterneh-
men aus Drittstaaten zu erleichtern?

12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Probleme bei der Bereit-
stellung oder Nutzung des Mini-One-Stop-Shops in anderen Mitgliedstaa-
ten?

13. Hält die Bundesregierung die Nutzung des Mini-One-Stop-Shop-Prinzips für
weitere steuerliche Angelegenheiten für sinnvoll?
Wenn ja, welche?

14. Wie definiert die Bundesregierung elektronische Dienstleistungen, und hält
sie eine mögliche Umsatzsteuerermäßigung für elektronische Dienstleistun-
gen bzw. die Änderung der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie zur
Ermöglichung einer Umsatzsteuerermäßigung für elektronische Dienstleis-
tungen für sinnvoll?

Berlin, den 18. Oktober 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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