BT-Drucksache 18/10043

Mehr Transparenz und Klarheit bei Buchungs- und Vergleichsportalen schaffen

Vom 19. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10043
18. Wahlperiode 19.10.2016
Antrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Markus Tressel,
Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Luise Amtsberg, Volker
Beck (Köln), Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr Transparenz und Klarheit bei Buchungs- und Vergleichsportalen
schaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Buchungs- und Vergleichsportale im Internet erfreuen sich bei Verbraucherinnen und
Verbrauchern einer großen Beliebtheit. Laut TNS-Infratest (2013) besuchen 72 Pro-
zent der Internetnutzerinnen und Internetnutzer Vergleichsplattformen, um sich über
bestehende Angebote oder Preise zu informieren, bevor sie ein Produkt oder eine
Dienstleistung kaufen.1 Auch Buchungsplattformen, also zum Beispiel „Online-Rei-
severanstalter“, erleichtern es Verbraucherinnen und Verbrauchern, komprimierte und
nach individuellen Suchkriterien gesammelte Informationen zu finden. Nach einer ak-
tuellen Studie (2016) werden bereits 50 Prozent aller Urlaube und 32 Prozent aller
Pauschalreisen bei steigender Tendenz online gebucht.2
Gerade auf komplexen Märkten, zum Beispiel in den Bereichen Reisen, Telekommu-
nikation, Energie oder Finanzen, mit einer Vielzahl an Anbietern und Produktvariati-
onen können anbieterübergreifende Portale bei der Orientierung und Information hel-
fen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen auf die Angaben der Portal-
betreiber und richten ihre Kaufentscheidung maßgeblich daran aus.
Deshalb sollten die Portale hohen Transparenzanforderungen hinsichtlich Preis, Zu-
standekommen des Rankings sowie ihrer Marktabdeckung gerecht werden. Für Ver-
braucherinnen und Verbraucher muss erkennbar sein, welche Leistung ein Portal bietet
und welche nicht. Derzeit können Verbraucherinnen und Verbraucher oft nur schwer
erkennen, ob sie auf einer Vergleichsplattform sind, deren Ziel es in der Regel ist,
Transparenz über den kompletten Markt herzustellen, oder auf einer Buchungsplatt-
form, die nicht den gesamten Markt abbildet, sondern lediglich Angebote von einer
bestimmten Auswahl von Anbietern auf Provisionsbasis vermittelt. Dies hat auch eine
Untersuchung des Marktwächters Digitale Welt verdeutlicht.3
1 TNS Infratest (2013): www.tns-infratest.com/presse/presseinformation.asp?prID=3270
2 FVW (2016): www.fvw.de/index.cfm?cid=18079&pk=158861&event=showarticle
3 Marktwächter Digitale Welt (2016): www.verbraucherzentrale.de/mediabig/239497A.pdf

https://www.tns-infratest.com/presse/presseinformation.asp?prID=3270
http://www.fvw.de/index.cfm?cid=18079&pk=158861&event=showarticle
http://www.verbraucherzentrale.de/mediabig/239497A.pdf
Drucksache 18/10043 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Das Landgericht München hat in seinem – bisher noch nicht rechtskräftigen – Urteil
im Verfahren des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute gegen Check24
bestätigt, dass wichtige Informationen auf dem Portal fehlen und größere Transparenz
darüber eingefordert, dass das Portal als Versicherungsmakler und mit Provisionen
agiert.4
Eine Studie der EU-Kommission (2014) zeigt auf, dass fast zwei Drittel der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher bereits Probleme bei der Nutzung von Vergleichsplattfor-
men hatten, meist verursacht durch unvollständige Informationen.5 Laut dieser Studie
machte weniger als die Hälfte der Plattformen transparent, ob sie den gesamten Markt
oder nur eine bestimmte Vorauswahl von Anbietern abbilden. Verbraucherinnen und
Verbraucher konnten nicht erfahren, ob und wenn ja, welche wirtschaftlichen Bezie-
hungen es zwischen Portalbetreibern und Anbietern gibt. Nicht einmal ein Drittel der
untersuchten Vergleichsplattformen gab Auskunft darüber, auf Basis welcher Ver-
gleichskriterien sie zu ihren jeweiligen Ergebnissen kam. Die Vergleichskriterien (und
insbesondere auch voreingestellte Kriterien) sind jedoch von großer Relevanz für die
Verbraucherinnen und Verbraucher, um das Suchergebnis richtig einschätzen zu kön-
nen. Aktuell gibt es weder konkrete Anforderungen an die Kriterien noch muss die
Bewertung der Anbieter und Produkte standardisiert sein.
Ein weiteres Problem auf Buchungs- und Vergleichsportalen besteht für Verbrauche-
rinnen und Verbraucher darin, dass sie Portalinhalte und auf dem Portal platzierte Wer-
bung beziehungsweise „gesponserte Links“ häufig nicht klar genug voneinander un-
terscheiden können. Die Suchergebnisse sind für Verbraucherinnen und Verbraucher
jedoch nur dann aussagekräftig und nützlich, wenn sie nicht mit Werbung vermischt
werden, sondern Werbung deutlich als solche erkennbar ist.
Problematisch ist bei vielen Portalen auch die mangelnde Preistransparenz. Verbrau-
cherinnen und Verbraucher können sich nicht darauf verlassen, dass die Angebote
nicht im Buchungsprozess teurer werden. Nur für Flugbuchungen regelt die EU-Ver-
ordnung (EG) Nr. 1008/2008 Art. 23, dass „stets“ der Endpreis inklusive aller unver-
meidbar anfallenden Kosten wie Steuern, Gebühren, Aufschlägen und Zollgebühren
auszuweisen ist. Für andere Produkte und Dienstleistungen regelt die Preisangaben-
verordnung lediglich, dass der Endpreis am Ende des Buchungsvorgangs angegeben
werden muss.
Mittlerweile hat die EU-Kommission (2016) Leitprinzipien vorgelegt, mit denen sie
die Transparenz von Buchungs- und Vergleichsportalen verbessern will.6 Darin wird
unter anderem gefordert, dass Informationen über das Geschäftsmodell gegeben wer-
den sollten, dass angezeigte Preise und Verfügbarkeiten stets aktuell und korrekt sein
und Vergleichskriterien sowie die im Vergleich berücksichtigte Angebotsauswahl
konkretisiert werden müssten. Auch auf der bundesdeutschen Ebene fordert die Ver-
braucherschutzministerkonferenz (2016) gesetzliche Mindeststandards für Portale.7
Der Sachverständigenbeirat für Verbraucherfragen (SVRV) mahnt, dass Vergleich-
sportale nur dann einen Mehrwert für Verbraucherinnen und Verbraucher bieten, wenn
sie eine „[h]ohe Aussagekraft, Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, einfache Nutzung,
nachprüfbare Unabhängigkeit sowie qualitative Transparenz“ ihrer Angaben gewähr-
leisten.8 Ebenso hat sich die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesell-
schaft“, vor allem in der Projektgruppe „Verbraucherschutz“ mit den Bedingungen
transparenter Information auseinandergesetzt und, dem Einsetzungsbeschluss folgend,
interfraktionell Handlungsempfehlungen für den 18. Deutschen Bundestag formuliert,
4 Landgericht München I, Pressemitteilung vom 13.7.2016, www.justiz.bayern.de/gericht/lg/m1/presse/archiv/2016/05339/index.php
5 EU-Kommission (2014): http://ec.europa.eu/consumers/consumer_evidence/market_studies/docs/final_report_study_on_comparison_tools.pdf
6 EU-Kommission (2016): http://ec.europa.eu/consumers/consumer_rights/unfair-trade/docs/key_principles_for_comparison_tools_en.pdf
7 VSMK (2016): www.verbraucherschutzministerkonferenz.de/documents/Endgueltiges_Protokoll_VSMK_2016.pdf
8 SVRV (2016): Verbraucher in der Digitalen Welt. Verbraucherpolitische Empfehlungen, Berlin, S. 2

https://www.justiz.bayern.de/gericht/lg/m1/presse/archiv/2016/05339/index.php
http://ec.europa.eu/consumers/consumer_evidence/market_studies/docs/final_report_study_on_comparison_tools.pdf
http://ec.europa.eu/consumers/consumer_rights/unfair-trade/docs/key_principles_for_comparison_tools_en.pdf
https://www.verbraucherschutzministerkonferenz.de/documents/Endgueltiges_Protokoll_VSMK_2016.pdf
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10043
die am Ende der vergangenen Wahlperiode einstimmig im Deutschen Bundestag ver-
abschiedet wurden. Sie fordert den 18. Bundestag auf, sich unter anderem für Vorga-
ben stark zu machen, welche die Transparenz und die Verlässlichkeit von Vergleich-
sportalen gewährleistet.9 Im Rahmen des Zahlungskontengesetzes hat die Bundesre-
gierung bereits Anforderungen an Vergleichswebsites für Zahlungsdienstleister ge-
setzlich festgeschrieben, um einfache und objektive Vergleichsmöglichkeiten für Zah-
lungsdienste zu gewährleisten. Für alle anderen Branchen fehlen entsprechende Rege-
lungen bisher.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– Betreiber von Buchungs- und Vergleichsportalen aller Branchen gesetzlich zu
verpflichten, anhand eines standardisierten Kriterienkatalogs eindeutige, ver-
ständliche und mit anderen Portalen vergleichbare Informationen über
o den Betreiber des Portals,
o die Art des Portals (handelt es sich um ein Buchungs- oder Vergleichsportal),
o Provisionen, andere Zahlungen bzw. andere wirtschaftliche Verflechtungen

mit Verkäufern, Anbietern und Herstellern der auf der Plattform angebotenen
Güter und Dienstleistungen,

o die Kriterien, auf die sich der Vergleich bzw. das Vergleichsergebnis stützt
(insbesondere auch voreingestellte Kriterien bzw. Defaults) und

o die berücksichtigten Anbieter, zum Beispiel in Form einer alphabetischen
Auflistung inklusive Suchfunktion

auf ihren Portalseiten für Verbraucherinnen und Verbraucher an prominenter
Stelle zur Verfügung zu stellen;

– Betreiber von Buchungs- und Vergleichsportalen darüber hinaus gesetzlich zu
verpflichten,
o platzierte Werbung beziehungsweise „gesponserte Links“ klar von den ande-

ren Inhalten des Portals abzugrenzen und diese unmissverständlich zum Bei-
spiel als Werbung oder Anzeige zu deklarieren,

o die auf den Portalen genannten Preise und Verfügbarkeiten stets aktuell zu
halten,

o bei der Erstellung von Rankings nur objektive und für die Verbraucherinnen
und Verbraucher relevante Kriterien zu verwenden und alle Produkte oder
Anbieter nach einheitlichen Standards zu bewerten. Dadurch soll verhindert
werden, dass zum Beispiel eigene Angebote oder die vertraglicher Geschäfts-
partner besser eingestuft werden, als dies gerechtfertigt ist;

– die deutsche Preisangabenverordnung (PAngV, § 1) hinsichtlich der Endpreisan-
gabe an die EU-Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, die nur für Flugbuchungen gilt,
anzupassen, sodass der Endpreis stets auszuweisen ist;
9 Unter anderem Zwölfter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ der Projektgruppe Verbraucherschutz auf

BT-Drs. 17/12540 S. 67 f.

Drucksache 18/10043 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– sicherzustellen, dass die oben genannten Kriterien von Aufsichtsbehörden über-
prüf- und sanktionierbar sind. Hierfür muss gewährleistet sein, dass die Auf-
sichtsbehörden erforderliche Informationen beispielsweise über die Erstellung
der Rankings erhalten können.

Berlin, den 18. Oktober 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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