BT-Drucksache 17/9753

Elterngeld bei Teilzeitbeschäftigung

Vom 22. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9753
17. Wahlperiode 22. 05. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Diana Golze, Matthias W. Birkwald,
Dr. Martina Bunge, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Elterngeld bei Teilzeitbeschäftigung

Mit dem Elterngeld soll im ersten Lebensjahr nach der Geburt ein finanzieller
Schonraum für die Eltern geschaffen werden. Ziel der eingeführten Partnermo-
nate ist, insbesondere die Erziehungsbeteiligung von Männern zu erhöhen. Mitt-
lerweile bezieht etwa jeder vierte Vater Elterngeld zumindest für zwei Monate.
Die Verteilung zwischen den Geschlechtern hat sich jedoch kaum verschoben.
Ganz überwiegend nehmen die Mütter für zwölf Monate Elterngeld und die Vä-
ter nur für zwei Monate. Eine nahezu gleiche Aufteilung der Elterngeldmonate
findet kaum statt. Von 139 000 Paaren, die 2009 Elterngeld bezogen, haben le-
diglich 8 792 Paare die Elterngeldmonate so verteilt, dass jede Person mindes-
tens fünf Monate bezogen hat. Wirklich gleich, also jeweils sieben Monate, be-
zogen lediglich 2 273 Paare Elterngeld. Von den 8 792 Paaren haben 60 Prozent
nicht einen Monat parallel Elterngeld bezogen (vgl. Antwort der Bundesregie-
rung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdruck-
sache 17/6815). Es scheint für die Paare also äußert unattraktiv, gleichzeitig
Elterngeld zu beziehen. Die Ursachen hierfür gilt es zu ergründen und soweit
möglich zu überwinden, stehen sie doch dem gesellschaftlichen Ziel der Gleich-
berechtigung entgegen und verhindern ein Aufbrechen traditioneller Rollen-
muster.

Die geltenden Regelungen benachteiligen Eltern, die sich die Erziehungsarbeit
durch gleichzeitigen Elterngeldbezug teilen wollen. So werden Eltern, wenn
beide ihre Erwerbsarbeit reduzieren und gleichzeitig Elterngeld beziehen, nicht
14 sondern nur bis zum siebten Lebensmonat des Kindes gefördert. Effektiv be-
kommen sie nicht nur halb so lange, sondern regelmäßig auch nur halb so viel
Elterngeld, wie Eltern die nacheinander, dafür aber voll aus dem Job aussteigen.
Aufgrund dieses Anreizes, voll aus dem Job auszusteigen, und der Tatsache,
dass Männer meist mehr verdienen als Frauen, ergibt sich ein starker finanzieller
Anreiz für Eltern, dass die Frau und nicht der Mann ihre Erwerbsarbeit für die
Kindererziehung aufgibt. Damit begünstigen die bestehenden Regelungen auf-
grund der tatsächlichen Arbeitsmarktlage das klassische Rollenmodell.
Bitte alle Daten soweit möglich nach Geschlecht getrennt ausweisen.

Drucksache 17/9753 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Eltern (beendete Leistungsbezüge) bezogen zuletzt Elterngeld?

Bei wie vielen Paaren bezogen beide Eltern jeweils für wie viele Monate
Elterngeld, und wie viele dieser Monate bezogen sie gleichzeitig Eltern-
geld?

2. Bei wie vielen Eltern bezogen beide Elterngeld (bitte absolut und anteilig
an allen Elterngeldbeziehende angeben)?

3. Wie viele Eltern (absolut und anteilig an allen Elterngeldbeziehenden) be-
zogen ein Teilelterngeld im Sinne des § 2 Absatz 3 des Bundeselterngeld-
und Elternzeitgesetz (BEEG)?

Wie viele von diesen Eltern (absolut und anteilig) reduzierten ihr Einkom-
men um mehr als und wie viele um höchstens 50 Prozent?

4. Für wie viele Monate bezogen wie viele Eltern (absolut und anteilig an allen
Elterngeldbeziehenden), die ein Teilelterngeld im Sinne des § 2 Absatz 3
BEEG bezogen, Elterngeld?

5. Bei wie vielen Eltern, von denen mindestens eine/einer Teilelterngeld im
Sinne des § 2 Absatz 3 BEEG bezog, bezogen beide Eltern Elterngeld?

Bei wie vielen dieser Eltern (absolut und anteilig) bezogen beide Eltern für
wie viele Monate gleichzeitig Elterngeld?

6. Wie viele Eltern, von denen mindestens eine/einer Teilelterngeld im Sinne
des § 2 Absatz 3 BEEG bezog, haben ihr Einkommen um mehr als und wie
viel um höchsten 50 Prozent reduziert?

Bei wie vielen dieser Eltern (absolut und anteilig) bezogen beide Eltern für
wie viele Monate gleichzeitig Elterngeld?

7. Bei wie vielen Eltern bezogen beide Teilelterngeld im Sinne des § 2 Ab-
satz 3 BEEG?

Bei wie vielen dieser Eltern (absolut und anteilig) bezogen beide Eltern für
wie viele Monate gleichzeitig Elterngeld?

8. Bei wie vielen Eltern bezogen beide Teilelterngeld im Sinne des § 2 Ab-
satz 3 BEEG, und bei wie vielen dieser Eltern haben beide das Einkommen
um mehr als und bei vielen um höchsten 50 Prozent reduziert, und bei wie
vielen hat einer von beiden um mehr als und einer um höchstens 50 Prozent
das Einkommen reduziert?

Bei wie vielen dieser Eltern (absolut und anteilig) bezogen beide Eltern für
wie viele Monate gleichzeitig Elterngeld?

9. Bei wie vielen Paare (absolut und anteilig), von denen mindestens eine Per-
son Teilelterngeld im Sinne des § 2 Absatz 3 BEEG bezieht, hat der zweite
Elternteil volles Elterngeld bezogen?

Wie viele dieser Paare (absolut und anteilig) bezogen wie viele Monate
gleichzeitig Elterngeld?

10. Wie viele Eltern, die nach § 4 Absatz 3 Satz 4 BEEG für bis zu 14 Monate
Elterngeld bezogen, bezogen ein Teilelterngeld im Sinne des § 2 Absatz 3
BEEG (absolut und anteilig an allen Eltern, die nach § 4 Absatz 3 Satz 4
BEEG für 14 Monate Elterngeld beziehen dürfen)?

Wie viele dieser Eltern (absolut und anteilig) reduzierten ihr Einkommen
um mehr als 50 Prozent und wie viele um höchstens 50 Prozent?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9753

11. Bei wie vielen Eltern ist der Anspruch von insgesamt 14 Monatsbeträgen
mit Ablauf welches Lebensmonats des Kindes aufgebraucht?

Wie viele dieser Paare (absolut und anteilig) bezogen, differenziert nach Le-
bensmonat des gesamten Anspruchsverbrauchs, für wie viele Monate
gleichzeitig Elterngeld (absolut und anteilig)?

12. Hält die Bundesregierung an ihrer Aussage fest: „Die Vorhaben des Koali-
tionsvertrages wie etwa die Einführung eines Teilelterngeldes oder die Stär-
kung der Partnermonate stehen in dieser Legislaturperiode weiterhin auf der
Agenda, allerdings auch unter Finanzierungsvorbehalt.“ (Antwort der Bun-
desregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. mit dem
Titel „Väter und Mütter im Elterngeldbezug“), auf Bundestagsdrucksache
17/6815, und wie stellt sich der erwähnte Finanzierungsvorbehalt dar, ange-
sichts der erwarteten Ausgaben für das Betreuungsgeld von bis zu 2 Mrd.
Euro sowie evtl. politischer ergänzender Vorschläge, wie eine Verbesserung
der Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992, welche Mehrausgaben
von bis zu 13 Mrd. Euro erzeugen würde, wenn die Forderung nach Teilel-
terngeld und Ausweitung der Partnermonate von allen Fraktionen des Bun-
destages befürwortet wird, während lediglich die Partei der CSU als Teil der
Unionsfraktion für das Betreuungsgeld ist?

13. Mit welchen Mehrausgaben rechnet die Bundesregierung jeweils für eine
Verbesserung des Teilelterngeldes (bei welcher konkreten Ausgestaltung)
sowie für die Ausweitung der Partnermonate um zwei Monate, mit und
ohne Anrechnung auf die Gesamtbezugsdauer von 14 Monaten?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Wünsche von wer-
denden Eltern, die beide mehr als geringfügig beschäftigt sind, wie diese
ihre Erwerbs- und Erziehungsarbeit aufteilen würden, wenn das Elterngeld
den Teilelterngeldbezug nicht weiter benachteiligen würde?

Welche Erkenntnisse hat sie darüber, welche Aufgabenverteilung sich sol-
che Eltern wünschen, und welche sie tatsächlich praktizieren, und welche
Rolle hierbei finanzielle Aspekte spielen?

15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Sachverständigen Dirk H.
Dau, ehemaliger Richter am Bundessozialgericht, welche er in seiner Stel-
lungnahme, wie auch in der Anhörung des Ausschusses für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages am 7. Mai 2012, vertrat,
nach welcher die bestehende Regelung, dass gleichzeitiger Elterngeldbezug
bei gleichzeitiger Teilzeit beider Eltern zum doppelten Anspruchsverbrauch
führt, eine „rechtlich nicht bedenkenfreie Regelung“ ist, und wie begründet
sie ihre Entscheidung?

Berlin, den 22. Mai 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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