BT-Drucksache 17/959

Pläne der Bundesregierung zur Reform der Umsatzsteuer

Vom 5. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/959
17. Wahlperiode 05. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, Dr. Gerhard
Schick, Birgitt Bender, Alexander Bonde, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz
(Herborn), Sven Kindler, Maria Klein-Schmeink, Stephan Kühn, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Pläne der Bundesregierung zur Reform der Umsatzsteuer

Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP plant die Bundesregie-
rung in der 17. Legislaturperiode umfassende Änderungen bei der Umsatzsteuer.
Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde bereits als erste Maßnahme
der Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent ermäßigt.
Weitere Maßnahmen wie eine Ausweitung der Ist-Besteuerung und eine Über-
arbeitung des Katalogs der ermäßigten Umsatzsteuersätze sollen folgen. Außer-
dem soll eine Wettbewerbsgleichheit kommunaler und privater Anbieter im
Bereich der Daseinsvorsorge hergestellt werden, ohne jedoch die Aufgaben der
Daseinsvorsorge über die bestehenden Regelungen hinaus steuerlich zu belas-
ten. Beide Ziele könnten nur durch eine Senkung der Umsatzsteuerpflicht für
private Entsorgungsunternehmen realisiert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zielgenauigkeit und Transparenz von
Subventionen über Befreiungen und Steuersatzermäßigungen im Umsatz-
steuergesetz?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der Abgrenzung in einzelnen
Teilen der Umsatzsteuerermäßigungen und -befreiungen zum Normalsteuer-
satz, und liegen der Bundesregierung belastbare Zahlen über Verwaltungsvor-
gänge und Streitfälle in diesem Bereich vor?

3. Welche Vor- oder Nachteile bietet eine Befreiung oder Steuersatzermäßigung
im Umsatzsteuergesetz gegenüber direkten Subventionen?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Subventionierung einzelner Branchen
über Ermäßigungen im Umsatzsteuergesetz in Bezug auf Mitnahmeeffekte
und bürokratischem Aufwand?

5. Wie sollten steuerliche Subventionen nach Meinung der Bundesregierung
ausgestaltet werden, damit sie möglichst zielgenau und effizient wirken?
6. Wann soll die im Koalitionsvertrag angekündigte Kommission zur Überprü-
fung der ermäßigten Umsatzsteuersätze eingesetzt werden, und nach welcher
Aufgabenstellung und welchen Kriterien soll die Kommission den Katalog
der Ermäßigungen und Befreiungen überprüfen?

7. Wann soll die Arbeit der Kommission abgeschlossen sein?

Drucksache 17/959 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

8. Rechnet die Bundesregierung mit Mehr- oder Mindereinnahmen nach der
Überarbeitung des Katalogs der Ermäßigungen und Befreiungen im Um-
satzsteuergesetz?

9. Welche Kriterien sollte nach Meinung der Bundesregierung eine Ermäßi-
gung bzw. Befreiung im Umsatzsteuergesetz erfüllen, damit diese Maß-
nahme gerechtfertigt ist?

10. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen im Bereich der Umsatz-
steuerermäßigung oder -befreiung, bevor die geplante Kommission ihren
Abschlussbericht vorlegt, und wenn ja, welche Maßnahmen wären das kon-
kret?

11. Wird bei der Überprüfung des Katalogs der Ermäßigungen und Befreiungen
im Umsatzsteuergesetz auch die gerade erst eingeführte Umsatzsteuerermä-
ßigung für Übernachtungen hinterfragt, und plant die Bundesregierung hier
Korrekturen, falls die Kommission zum Schluss käme, dass dieser Ermäßi-
gungstatbestand nicht den Anforderungen der Bundesregierung entspricht?

12. In welchen Bereichen hält die Bundesregierung eine Ausweitung der Ist-
Besteuerung bei der Umsatzsteuer für sinnvoll, und welche Maßnahmen
plant die Bundesregierung in diesen Bereichen?

13. Wären diese Maßnahmen ohne Änderungen des EU-Rechts möglich?

14. Welche Mehr- oder Mindereinnahmen für die öffentlichen Haushalte hätte
die, immer wieder als Forderung auftauchende (z. B. Stiftung Marktwirt-
schaft), Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes zur Folge (bitte
jeweils Mehr-/Mindereinnahmen angeben für einen allgemeinen einheit-
lichen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent, 18 Prozent, 17 Prozent und 16 Pro-
zent)?

15. In welchen Bereichen der Daseinsvorsorge plant die Bundesregierung Ein-
griffe, um eine steuerliche Gleichstellung zwischen kommunalen und priva-
ten Anbietern im Bereich der Umsatzbesteuerung zu schaffen?

16. Wie will die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigte ver-
meintliche Wettbewerbsgleichheit im Bereich der Umsatzsteuer zwischen
kommunalen und privaten Anbietern herstellen?

17. Gibt es Pläne der Bundesregierung, die Umsatzsteuerbefreiung für be-
stimmte Bereiche der Daseinsvorsorge aufzuheben, und wenn ja, welche
Bereiche sind das?

18. Wie sind diese Pläne mit der Vereinbarung, dass die Aufgaben der Daseins-
vorsorge nicht über die bestehenden Regelungen hinaus steuerlich belastet
werden sollen, in Einklang zu bringen?

19. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass sich in den entsprechenden
kommunalen Daseinsvorsorgebereichen nicht die Ausgaben für die Bürge-
rinnen und Bürger erhöhen?

20. Plant die Bundesregierung eine Senkung der Umsatzsteuer für private
Unternehmen zwecks der Realisierung des vereinbarten Ziels, die Aufgaben
der Daseinsvorsorge nicht über die bestehenden Regelungen hinaus steuer-
lich zu belasten, und wenn ja, mit welchen Einnahmeausfällen rechnet die
Bundesregierung?

21. Welche Position vertritt die Bundesregierung zu Forderungen, die Kommu-
nalfinanzen durch einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen zu
verstetigen?

22. Um wie viele Punkte müsste die Umsatzsteuer erhöht werden, um Ausfälle

bei der Abschaffung der Gewerbesteuer von bis zu 40 Mrd. Euro zu kompen-
sieren?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/959

23. Sind andere Steuerkompensationen zum Ausgleich der Gewerbesteueraus-
fälle etwa bei der Einkommensteuer geplant, wenn ja, in welcher Höhe?

24. Bei welchen weiteren Gütern und Dienstleistungen hält die Bundesregie-
rung eine Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens (§ 13b Absatz 2 des
Umsatzsteuergesetzes) für sinnvoll, und plant sie hierzu eine Initiative?

25. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, ob das Reverse-Charge-Verfahren
ein erfolgreiches Verfahren gegen den Umsatzsteuerbetrug darstellt, und
wenn ja, auf welche Daten und Studien stützen sich diese Erkenntnisse?

26. Wie bewertet die Bundesregierung den bürokratischen Aufwand des Reverse-
Charge-Verfahrens für Unternehmen?

27. Sieht die Bundesregierung in einem Übergang zum Ursprungslandprinzip
bei der Umsatzbesteuerung ein wirksames Mittel gegen innergemeinschaft-
lichen Umsatzsteuerbetrug, und plant sie hierzu eine europäische Initiative?

28. Welche fiskalischen Mehreinnahmen für die Bundesrepublik Deutschland
hätte eine Rückkehr zum Ursprungslandprinzip bei der Umsatzbesteuerung
in der EU zur Folge?

Berlin, den 5. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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