BT-Drucksache 17/8932

Gewalteskalation und Menschenrechtsverletzungen in Mexiko

Vom 7. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8932
17. Wahlperiode 07. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Gunkel, Klaus Barthel, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra
Ernstberger, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Ute Kumpf, Thomas
Oppermann, Ullrich Meßmer, Christoph Strässer, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Tom Koenigs,
Ute Koczy, Uwe Kekeritz, Kerstin Müller (Köln), Agnes Brugger, Katja Keul,
Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Viola von Cramon-Taubadel,
Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gewalteskalation und Menschenrechtsverletzungen in Mexiko

Unmittelbar nach seiner Wahl zum mexikanischen Staatspräsidenten rief Felipe
Calderón den „Krieg gegen die Drogenkartelle“ aus. Die Bekämpfung der orga-
nisierten (Drogen-)Kriminalität wurde eines seiner wichtigsten Ziele für die bis
2012 laufende Amtszeit. Sein Vorgehen, welches sich auf den Einsatz des Mili-
tärs im Inneren stützt, zeigt bislang jedoch keinen Erfolg und hat zu einer bei-
spiellosen Eskalation der Gewalt geführt. So ist die Mordrate in Mexiko zwi-
schen 2007 und 2010 um 260 Prozent gestiegen. Macht und Präsenz der Drogen-
kartelle haben weiter zugenommen. Seit Felipe Calderóns Amtsantritt im
Dezember 2006 summiert sich die Zahl der Gewaltopfer in Mexiko auf über
45 000.

Die Drogenkartelle betreiben ihr Geschäft mit öffentlichen Narco-Botschaften,
Handgranaten und Autobomben. Unter den Verletzten und Todesopfern befin-
den sich neben den Angehörigen gegnerischer Kartelle immer mehr Polizisten,
Militärangehörige sowie Zivilistinnen und Zivilisten. Seit 2006 häufen sich
Massenexekutionen, die teilweise auch medial inszeniert wurden. Dabei bleibt
es häufig nicht beim simplen Töten; die Opfer bzw. Gegnerinnen und Gegner
werden gefoltert und nach der Tötung oftmals verstümmelt. Gerade diese Grau-
samkeiten und die öffentliche Zurschaustellung wurden zum Markenzeichen des
Vorgehens der paramilitärischen Schutztruppen der Kartelle.

Zudem sind Militär- und Polizeieinheiten in willkürlichen Festnahmen, Folter,
gewaltsames Verschwindenlassen und Morde verwickelt. Längst weist Felipe
Calderóns „Krieg gegen die Drogenkartelle“ Merkmale eines wirklichen Krie-
ges auf. Anders als oft dargestellt sind die Tausende von Opfern der Drogen- und

Gewaltkriminalität vielfach Nichtkriminelle und Bandenmitglieder, sondern
Unbeteiligte oder gar zivilgesellschaftlich Aktive gegen Menschenrechtsverlet-
zungen und Kriminalität. Teilweise werden die Opfer seitens der Behörden zu
Tätern umgedeutet. Dadurch soll die Tatsache verwischt werden, dass die Zivil-
bevölkerung längst die Hauptleidtragende in diesem Konflikt ist. Inzwischen
mehren sich die Proteste gegen die Gewalt, an denen sich auch namhafte Persön-
lichkeiten beteiligen und die im vergangenen Jahr in einem fünftägigen Frie-

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densmarsch in die Hauptstadt gipfelten. Die Aktionsmöglichkeiten von zivilge-
sellschaftlichen Akteuren und Journalistinnen und Journalisten werden jedoch
immer enger.

Ein besonderes Phänomen und Ausdruck für Straflosigkeit und mangelnden
Schutz der Zivilbevölkerung sind die Morde an Frauen, die sog. Feminizide.
Laut Angaben des Instituto Nacional de Estadística y Geografía (INEGI) wur-
den zwischen 2000 und 2009 12 636 Frauen umgebracht. Allein zwischen
Januar 2009 bis Juni 2010 waren es 1 728.

Für die wachsende Gewalt und die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen
in Mexiko sind neben Drogenkartellen, paramilitärischen Gruppen und Angehö-
rigen der Sicherheitskräfte auch erhebliche Rechtsstaatsdefizite verantwortlich.
So sind mangelnde Aufklärung und ineffektive Strafverfolgung von Menschen-
rechtsverletzungen – begangen durch staatliche Akteure oder von diesen gedul-
det – zentraler Faktor der Gewalteskalation. Rund 98 Prozent aller Straftaten
bleiben straflos. Zudem sind viele Helfer und Komplizen der Organisierten Kri-
minalität in den Reihen der Polizei und in vielen anderen staatlichen Behörden
und Institutionen bis hinein in die politische Führung zu finden. Dadurch ist sel-
ten eine klare Grenze zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Staates und
Kriminellen auszumachen. Die Beteiligung staatlicher Akteure an der Gewalt
fördert die Institutionalisierung der Straflosigkeit.

Auch wenn die Regierung von Felipe Calderón mehrere Reformen im Justiz-
wesen in Angriff genommen hat, bleiben deren Erfolg und Effektivität bisher
bescheiden. Gleiches gilt für die Beschlüsse des Obersten mexikanischen Ge-
richtshofs zur Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit und zur Verbindlichkeit
der Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Trotz der geringen Fortschritte will der Staatspräsident Felipe Calderón an sei-
ner repressiven Strategie im „Kampf gegen die Drogenkartelle“ mit nur gering-
fügigen Änderungen bis zur nächsten Präsidentenwahl im Jahr 2012 festhalten
und das Militär weiterhin im Inneren einsetzen. Das erklärte Ziel, nämlich die
Zerschlagung der Kartellstrukturen, haben Felipe Calderóns Regierung und
seine Streitkräfte bisher nicht erreicht. Dennoch wird das Hinzuziehen anderer
Lösungsansätze bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität von der
mexikanischen Regierung weitgehend abgelehnt.

Das Sicherheitsabkommen zwischen Deutschland und Mexiko, das seit Dezem-
ber 2010 verhandelt wird, sieht u. a. die Unterstützung und Stärkung der mexi-
kanischen Polizei vor. Wenn diese allerdings von der Organisierten Kriminalität
unterwandert ist, wird die Unterstützung der Sicherheitsbehörden im Kampf ge-
gen die Drogenkartelle keine Fortschritte erzielen können. Ebensowenig kann
auf diesem Wege die Sicherheitslage für die mexikanische Bevölkerung verbes-
sert werden. Statt Hilfe im Bereich repressiver Maßnahmen anzubieten, wäre es
daher sinnvoller, den mexikanischen Staat bei der Reform des Strafvollzugs im
Kampf gegen die Drogenkartelle zu unterstützen und eine Kultur der friedlichen
Konfliktlösung zu fördern. Ohne tiefgreifende Verbesserung der Lebenssitua-
tion vieler Menschen in Mexiko durch Bildung, Arbeit und Einkommen, insbe-
sondere in den Armutsregionen, werden Kriminalität und Drogenhandel nicht
eingedämmt werden können. Außerdem bedarf es internationaler Maßnahmen,
wie beispielsweise einer Untersuchung der Geldströme und einer Neuausrich-
tung der bisher vorwiegend repressiven Drogenpolitik. Sie muss auf eine Ent-
kriminalisierung Süchtiger und entsprechende Hilfsprogramme setzen sowie auf
ein Austrocknen der immensen Profite, die durch die Nachfrage aus den wohl-
habenden Staaten entstehen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8932

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die 2008 von der mexikanischen Regie-
rung verabschiedete Justizreform vor dem Hintergrund, dass rund vier Jahre
nach ihrer Verabschiedung

a) die Reform in nur sieben von 32 Bundesstaaten umgesetzt wurde,

b) das neue System selbst auf Bundesebene noch nicht eingeführt wurde,

c) eine Reihe von Bundesstaaten nach jüngsten Einschätzungen von Human
Rights Watch Verein zur Wahrung der Menschenrechte e. V. „Gegenrefor-
men“ vorbereitet oder schon verabschiedet haben, die auf die parallele
Existenz zweier einander widersprechender juristischer Rahmen hinaus-
laufen?

2. Wie ist die Haltung der Bundesregierung zu der fragwürdigen juristischen
Regelung, wonach die Möglichkeit besteht, Personen ohne Haftbefehl bis zu
80 Tage festzuhalten, und inwiefern thematisiert sie dies im Austausch mit
der mexikanischen Regierung?

3. Hält die Bundesregierung die politische Einflussnahme der EU auf Mexiko
mit Blick auf die nachdrücklich von ihr unterstützten EU-Leitlinien zum
Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidi-
gern für ausreichend?

4. Was unternimmt die Bundesregierung gegen die – nach Einschätzung des
mexikanischen Büros des UNHCHR (Hohe Kommissar der Vereinten Na-
tionen für Menschenrechte) – in Mexiko herrschende Schutzlosigkeit für
Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsverteidigerinnen?

a) Wie beurteilt sie die fehlende Umsetzung konkreter Schutzmaßnahmen
für Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, wie den fehlenden
Schutz durch die Polizei bei Übergriffen, die vom Interamerikanischen
Menschenrechtsgerichtshof angeordnet wurden (zwei Beispiele von vie-
len sind der Fall von Norma Esther Andrade, die am 2. Dezember 2011
schwere Schussverletzungen erlitt, und der Fall von Margarita Martínez,
die am 20. Oktober 2011 Morddrohungen erhielt)?

b) Wie verhält sich die Bundesregierung gegenüber Äußerungen mexikani-
scher Spitzenpolitiker und -politikerinnen, welche Menschenrechtsvertei-
diger bzw. -verteidigerinnen in der Öffentlichkeit sinngemäß als naive
Helfer der Organisierten Kriminalität darstellen, so der Marineminister
Francisco Saynez am 26. April 2011 in Veracruz bzw. Menschenrechtsver-
letzungen durch das Militär abstreiten, wie Staatspräsident Felipe Calderón
dies getan hat, und welche Konsequenzen zieht sie daraus für ihre Flücht-
lingspolitik?

c) Hat die Bundesregierung gegenüber der mexikanischen Regierung deren
Umgang mit der steigenden Anzahl der Feminizide angesprochen, von de-
nen heute nur noch 51 Prozent im besonders von der Drogenkriminalität
betroffenen Norden des Landes, 44 Prozent im Zentrum sowie 5 Prozent
im Süden der Republik verübt werden, und hat sie nachgefragt, warum die
Ergebnisse der Datenerhebung über dieses Phänomen seit letztem Jahr
nicht mehr öffentlich gemacht werden?

d) Wie bewertet die Bundesregierung die vom Sonderberichterstatter für
Meinungsfreiheit konstatierte Tatsache, dass Mexiko zu den für Journalis-
tinnen und Journalisten gefährlichsten Ländern der Welt gehört, in dem
seit 2000 74 Journalisten ermordet und weitaus mehr mit dem Tode be-
droht wurden, und welche Konsequenzen zieht sie daraus, beispielsweise

für ihre Flüchtlingspolitik, ihre Kooperation im Sicherheitssektor oder
ihre Entwicklungszusammenarbeit?

Drucksache 17/8932 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Wie unterstützt die Bundesregierung die Arbeit zivilgesellschaftlicher Or-
ganisationen zum Schutz besonders betroffener Gruppen wie Migrantinnen
und Migranten, Binnenvertriebenen, Indigenen oder Familienangehörigen
von Verschwundenen?

6. Hat die Bundesregierung konkrete Schritte zur praktischen Umsetzung des
Folterverbots, zu dem Mexiko aufgrund seiner Ratifizierung der Antifolter-
konvention seit 1986 verpflichtet ist, von der mexikanischen Regierung ge-
fordert, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

a) Hat die Bundesregierung einen sofortigen Verzicht auf erzwungene
Geständnisse als Beweismittel gefordert oder von der mexikanischen
Regierung verlangt, dass fortan Geständnisse vor Gericht nicht aner-
kannt werden, wenn diese erlangt wurden, bevor die Verdächtigen einem
Richter vorgeführt wurden?

b) Falls derartiges nicht vorgeschlagen wurde, welche anderen konkreten
Forderungen wurden an die mexikanische Regierung gerichtet mit dem
Ziel, Folter zu bekämpfen und die Menschenrechtssituation zu verbes-
sern?

c) Wie wurde die Erfüllung derartiger Forderungen überprüft bzw. wie
wurde und wird auf deren Nichterfüllung reagiert?

7. Kann die Bundesregierung Berichte bestätigen, wonach Morde, extralegale
Hinrichtungen, Entführungen, gewaltsames Verschwindenlassen und Ver-
treibungen seit dem Amtsantritt des Staatspräsidenten Felipe Caldéron
zahlenmäßig deutlich angestiegen sind?

8. Ermutigt die Bundesregierung die mexikanische Regierung zur Einführung
eines Gesetzes gegen das Verschwindenlassen, das – entsprechend der
Definition der Interamerikanischen Menschenrechtskonvention und des
Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes – gewaltsames
Verschwindenlassen als ‚zwangsweises Verschwindenlassen von Personen‘
„durch einen Staat oder eine Person mit Ermächtigung, Unterstützung oder
Duldung des Staates oder der Organisation“ definiert?

9. Hat die Bundesregierung die Aufklärung der von Human Rights Watch im
Dezember 2011 berichteten 24 außergerichtlichen Hinrichtungen durch
staatliche Sicherheitskräfte vor zivilen Gerichten eingefordert und die Ver-
fahren begleitet?

10. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass
staatliche Sicherheitskräfte für gravierende systematische Menschenrechts-
verletzungen verantwortlich sind, ohne dass sich die Täter strafrechtlich
verantworten müssen?

11. Welche menschenrechtlich positiven Ergebnisse erwartet die Bundesregie-
rung aus der Zusammenarbeit mit der mexikanischen Polizei?

12. Zu welchen Ergebnissen haben die Verhandlungen des Bundesministeriums
des Inneren mit Mexiko über ein erweitertes Sicherheitsabkommen bislang
geführt?

13. Welche weiteren Ressorts sind in diese Verhandlungen mit einbezogen, und
welche Instrumente und finanziellen Beträge werden derzeit diskutiert?

14. Wird das sensible Thema der Korruption und der Infiltrierung der Sicher-
heitskräfte sowie der Politik durch das organisierte Verbrechen in den Ge-
sprächen thematisiert, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8932

15. Welche Waffen in welchem Umfang wurden in den letzten fünf Jahren aus
der Bundesrepublik Deutschland an welche Stellen in Mexiko geliefert, und
wie rechtfertigt die Bundesregierung dies hinsichtlich der Politischen
Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern?

16. Plant die Bundesregierung, transparente Benchmarks einzuführen, um die
Wirkung der Maßnahmen der mexikanischen Regierung zur Verbesserung
der Menschenrechtssituation messen zu können?

17. Führt die Bundesregierung eine Evaluierung der Auswirkungen der polizei-
lichen Ausbildungs- und Ausstattungsmaßnahmen für Mexiko auf die
Schaffung demokratischer Rahmenbedingungen sowie auf den Aufbau
rechtstaatlicher Strukturen im Bereich der öffentlichen Sicherheit durch
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275, Antwort zu Frage 5)?

Wenn ja,

a) was sind die Kriterien?

b) Werden auch die Auswirkungen früherer Maßnahmen evaluiert?

18. Wo sind die Umfragen veröffentlicht, die behaupten, dass die mexikanische
Bevölkerung den Einsatz der Streitkräfte im Kampf gegen die Kartelle kon-
stant mit ca. 80 Prozent befürwortet (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275,
Antwort zu Frage 6)?

a) Auf wie viele Umfragen wird Bezug genommen?

b) Auf welcher Grundlage geht die Bundesregierung davon aus, dass die
Umfragen von unabhängigen Instituten durchgeführt wurden und reprä-
sentativ sind?

19. Wie beurteilt die Bundesregierung das in Verhandlung befindliche Gesetz
zur Nationalen Sicherheit, das bei Verabschiedung des jetzigen Entwurfs
den Einsatz des Militärs im Inneren der parlamentarischen Kontrolle entzie-
hen würde, insbesondere im Hinblick auf ihre Äußerung, dass „der Einsatz
des Militärs nur temporär sein“ könne (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275,
Antwort zu Frage 6)?

20. Mit welchen Kriterien ermittelt die Bundesregierung das eindeutige „Risiko
der Nutzung der Rüstungsgüter zur internen Repression“ angesichts der
Aussage, dass im Falle eines solchen Risikos keine Genehmigung erteilt
wird (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275, Antwort zu Frage 20)?

21. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen extrem sozia-
ler Ungleichheit, Armut, hoher Jugendarbeitslosigkeit, Defiziten im Bil-
dungssystem, der Schwäche staatlicher Institutionen und dem dramatischen
Anstieg der Organisierten Kriminalität in Mexiko?

22. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der deutsch-mexikani-
schen Entwicklungszusammenarbeit angesichts bürgerkriegsähnlicher Zu-
stände, und welche Konsequenzen zieht sie aus ihrer Bewertung?

23. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurden im Rahmen der viertägigen
Mexikoreise vom Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, Hans-Jürgen Beerfeltz, Ende Januar/An-
fang Februar 2012 die Menschenrechtssituation sowie die Gewalteskalation,
die mit dem Krieg gegen die Drogenkartelle einhergeht, thematisiert?

24. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen der steigen-
den Gewaltkriminalität in Mexiko und dem leichten Zugang zu Feuerwaffen
im Nachbarland USA, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

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25. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung mit Blick auf die Vor-
gabe, dass bei Waffenexporten kein Risiko einer Diversion an kriminelle
Organisationen bestehen darf, aus der Tatsache, dass Waffen deutscher
Herkunft, die bei der Organisierten Kriminalität in Mexiko beschlagnahmt
wurden, „überwiegend in den 80er-Jahren an Kolumbien (G 3) und die USA
(HK 91) geliefert worden waren und von dort dann später auf bisher nicht
geklärten Wegen nach Mexiko kamen“ (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275,
Antwort zu Frage 12a)?

26. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Rahmen der geplanten
Sicherheits- und Rüstungskooperation mit Mexiko, durch eine „Beschrän-
kung des Zugangs der Organisierten Kriminalität zu illegal aus den USA
eingeführten Waffen“ zu einem Rückgang der Gewalt in Mexiko beizutra-
gen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8275, Antwort zu Frage 12b)?

27. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Drogenumschlag, die diesbezüg-
lichen Geldflüsse und den Drogenkonsum in Deutschland und Europa ein,
und welchen Zusammenhang sieht sie zwischen der Organisierten Krimina-
lität und der Gewalt in Mexiko und den Geldströmen, die auch aus und nach
Deutschland fließen?

28. Wie löst die Bunderegierung den Widerspruch zwischen ihrer Lateinamerika-
strategie und der „Strategischen Partnerschaft EU-Mexiko“, die alle einen
umfassenden staaten- und bereichsübergreifenden Politikansatz verfolgen,
und der einseitig auf Polizei und Militär bezogenen Kooperation mit einzel-
nen mexikanischen Stellen?

a) Geschieht diese einseitige Kooperation auf Wunsch der mexikanischen
Seite oder auf Wunsch der deutschen Anbieter?

b) Welche staatlichen und nichtstaatlichen Kooperationspartner werden in
welchem Umfang in Mexiko unterstützt, und wie werden etwaige Ge-
wichtungen begründet?

29. Welche konkreten Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung auf in-
ternationaler Ebene, um zu wirksamen Vereinbarungen gegen Geldwäsche,
Waffenlieferungen und das Geschäft mit Drogen zu gelangen?

30. Inwiefern hat das im Jahr 2000 abgeschlossene Freihandelsabkommen zwi-
schen der EU und Mexiko aus Sicht der Bundesregierung zur Wahrung und
Förderung von Menschenrechten und demokratischer Prinzipien in Mexiko
beigetragen, und inwiefern, und in welchen Bereichen besteht aus Sicht der
Bundesregierung für Deutschland als viertgrößtem Handelspartner hier
Handlungsbedarf?

Berlin, den 7. März 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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