BT-Drucksache 17/8863

Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland

Vom 5. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8863
17. Wahlperiode 05. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Dr. Gerhard Schick, Britta Haßelmann,
Lisa Paus, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Sven-Christian Kindler,
Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke, Elisabeth Scharfenberg,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland

Am 21. September 2011 haben die Regierungen der Schweiz und Deutschlands
ein Steuerabkommen unterzeichnet. Das Abkommen sieht vor, dass die darin
vereinbarte Abgeltungsteuer in ihrer Wirkung dem automatischen Informa-
tionsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommen soll.
Die Wirkung und damit auch die Höhe der Einnahmen für Deutschland werden
stark von der Ausgestaltung der Umsetzung abhängen. Die schweizer Regie-
rung hat im Herbst letzten Jahres bereits den Entwurf für ein Ausführungs-
gesetz für die Abgeltungsteuerabkommen vorgelegt. In dem „Bundesgesetz
über die internationale Quellenbesteuerung“ wird das rechtliche Fundament für
die Abgeltungssteuer mit anderen Ländern gelegt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie gestaltet sich der Zeitplan der Bundesregierung für die Ratifizierung
des Steuerabkommens mit der Schweiz?

2. Welche Änderungen des Abkommens sind in den Verhandlungen mit den
Bundesländern im Gespräch, und inwiefern gibt es bereits Ergebnisse?

3. Inwiefern ist die Bundesregierung bereits mit der Schweiz zu konkreten Än-
derungen des Abkommens im Gespräch?

4. Wie wirkt sich das Abkommen auf die Möglichkeiten der Bundesregierung
aus, sich in der EU für den automatischen Informationsaustausch einzu-
setzen?

5. Wird die Bundesregierung analog der vorgeschlagenen Regelungen im Ent-
wurf des Schweizer Bundesgesetzes über die internationale Quellenbesteue-
rung, keine Aussagen zur Anzahl der Informationsgesuche veröffentlichen
(vgl. Erläuternder Bericht der Schweizer Regierung zu einem Bundesgesetz
über die internationale Quellenbesteuerung, 3. Oktober 2011, S. 13: „Um zu
vermeiden, dass die Partnerstaaten unter Druck geraten, die Anzahl jähr-

licher Ersuchen voll auszuschöpfen oder im Inland drastische Maßnahmen
gegen ihre Steuerpflichtigen zu ergreifen, um den Erfolg der Ersuchen zu er-
zwingen, soll der Öffentlichkeit kein Zugang zu diesen Informationen ge-
währt werden.“)?

Drucksache 17/8863 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Inwiefern plant die Bundesregierung, Angaben darüber, wie viel Geld die
Abgeltungsteuer ergibt und wohin die vorgängig abgezogenen Vermögen
hingewandert sind, zu veröffentlichen?

7. Hält die Bundesregierung die Höhe der Bußgelder für Finanzintermediäre
von 250 000 bzw. 100 000 Franken, wie sie im Entwurf des Schweizer
Bundesgesetzes über die internationale Quellenbesteuerung vorgeschla-
gen wurden, für wirksam, um Verstöße gegen die Regelungen zu verhin-
dern?

8. Mit welchen Vorkehrungen wird die Bundesregierung verhindern, dass der
im Abkommen definierte Begriff der „betroffenen Person“ nicht zum Bei-
spiel über eine Liechtensteiner Ermessensstiftung oder einen angelsächsi-
schen Discretionary Trust umgangen werden kann?

9. Mit welchen Vorkehrungen wird die Bundesregierung verhindern, dass der
im Abkommen definierte Begriff der „betroffenen Person“ nicht über eine
Personengesellschaft umgangen wird?

10. Mit welchen Vorkehrungen will die Bundesregierung verhindern, dass die
Konten deutscher Bürger in der Schweiz in eine ausländische Niederlas-
sung derselben Schweizer Bank ausgelagert werden, zum Beispiel nach
Singapur oder auf die Bahamas?

11. Inwiefern sieht die Bundesregierung eine Einschränkung der Wirkung des
Abkommens durch die nicht vollständig erfassten Zahlstellen, vor allem
Treuhänder, bei denen die Summe der jährlich bezahlten Dividenden und
Zinsen unter 1 Mio. Schweizer Franken liegt?

12. Inwiefern wurde wegen des Steuerabkommens zwischen der Schweiz und
Deutschland von der Europäischen Kommission eine Prüfung wegen Ver-
stoßes gegen Europäisches Recht eingeleitet?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik an der Verfassungsgemäßheit
des Abkommens, wie zum Beispiel von Prof. Dr. jur. Wolfgang Joecks
(„Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen – verfassungsgemäß?“,
wistra, Heft 12, 15. Dezember 2011)?

14. Auf welchen Berechnungen basiert die Vorauszahlung in Höhe von 2 Mrd.
Schweizer Franken der schweizerischen Zahlstellen an die deutschen Be-
hörden (bitte hier auch die Basis der Berechnung angeben; geschätzte Ein-
lagen, angenommene Zinssätze etc.)?

15. Welche Einnahmen erwartet die Bundesregierung aus dem Abkommen so-
wohl für die Altfälle als auch für die Abgeltungssteuer für die Zukunft?

16. Inwiefern wäre es für die Bundesrepublik Deutschland erstrebenswert, sich
analog zu den USA für mehr Informationstransparenz einzusetzen, statt
sich für eine Abgeltungsteuerlösung stark zu machen?

17. Wie begründet die Bundesregierung die Einschränkung des Informations-
austausches im Abkommen auf die Anzahl von 999 Amtshilfegesuche in-
nerhalb einer Zweijahresfrist?

18. Welche Reaktionen auf das Abkommen sind der Bundesregierung aus den
anderen europäischen Mitgliedstaaten bekannt, und wie bewertet sie diese
im Hinblick auf die Umsetzung und Weiterentwicklung der europäischen
Zinsrichtlinie?

19. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass den deutschen Ban-
ken gegenüber den Schweizer Banken ein Wettbewerbsnachteil entsteht, da
Schweizer Banken bei der Abführung der Abgeltungsteuer keine Kirchen-

steuer erheben müssen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8863

20. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass den deutschen Ban-
ken gegenüber den Schweizer Banken ein Wettbewerbsnachteil entsteht, da
auf Dauer praktisch eine Prüfung der in der Schweiz gelagerten Vermögen
deutscher Staatsbürger von den deutschen Steuerbehörden nicht möglich
ist?

Berlin, den 2. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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