BT-Drucksache 17/8447

Tatsächliche Entlastung der Kommunen bei der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund

Vom 23. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8447
17. Wahlperiode 23. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, Diana Golze,
Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Dr. Dagmar Enkelmann,
Katja Kipping, Jutta Krellmann, Caren Lay, Kornelia Möller, Jens Petermann,
Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Tatsächliche Entlastung der Kommunen bei der Übernahme der Kosten für die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund

Ende Oktober 2011 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung
der Finanzkraft der Kommunen. Hiermit soll eine Vereinbarung zwischen Bund
und Ländern aus dem Vermittlungsausschuss im Februar 2011 umgesetzt wer-
den, wonach der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Er-
werbsminderung (Grundsicherung) schrittweise bis zum Jahr 2014 vollständig
übernimmt. In der Begründung des Gesetzes zur Stärkung der Finanzkraft der
Kommunen wird ausdrücklich erklärt, dass mit der erhöhten Beteiligung des
Bundes an der Grundsicherung die Kommunalfinanzen gestärkt werden sollen.

Nach dem Gesetzeswortlaut beteiligt sich der Bund im Jahr 2012 mit 45 Prozent
an den Kosten der Grundsicherung. Die gesetzliche Beschränkung auf das Jahr
2012 wird damit begründet, dass ab einer Bundesbeteiligung in Höhe von 50 Pro-
zent ein Fall von Bundesauftragsverwaltung eintritt und dementsprechend ein
Gesetzgebungsverfahren im Sachzusammenhang mit der Bundesauftragsver-
waltung mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen ist (vgl. Antwort der Bundes-
regierung vom 11. August 2011 auf die Schriftliche Frage 53 des Abgeordneten
Dr. Axel Troost auf Bundestagsdrucksache 17/6790).

Als maßgebliche Höhe der Gesamtkosten der Grundsicherung werden die
Nettoausgaben der Kommunen aus dem Vorvorjahr herangezogen. Begründet
wird dies damit, dass keine aktuelleren Daten verfügbar seien. Nach Aussage
der Abgeordneten Antje Tillmann sollen ab 2012 die gesetzlichen Voraus-
setzungen dafür geschaffen werden, dass auch aktuellere Daten zur Verfügung
stehen (vgl. Protokoll der 9. Sitzung des Unterausschusses Kommunales vom
9. November 2011).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sind der Bundesregierung Anhaltspunkte dafür bekannt, dass einige Bun-
desländer die erhöhte Bundesbeteiligung an den Kosten der Grundsicherung
im Jahr 2012 nicht in vollem Umfang an ihre Kommunen weiterleiten?

2. Wie bewertet die Bunderegierung die Erkenntnisse des Deutschen Land-
kreistages, wonach damit zu rechnen ist, dass die Länder im Jahr 2012 bis zu
335 Mio. Euro und damit etwa 9 Prozent der Bundesbeteiligung an den Kos-
ten der Grundsicherung einbehalten werden (vgl. Pressemitteilung des Deut-
schen Landkreistages vom 29. November 2011)?

Drucksache 17/8447 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Ist aus Sicht der Bundesregierung ein Verhalten der Länder mit dem Gesetz
zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen vereinbar, bei dem zwar die
erhöhte Bundesbeteiligung an die Kommunen weitergeleitet, die Finanz-
ausgleichmasse aber an anderer Stelle mit Verweis auf die erhöhte Bundes-
beteiligung gekürzt wird?

4. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob und inwieweit in
den Bundesländern bereits entsprechende Landesregelungen getroffen wur-
den, die die Weitergabe der Bundesbeteiligung an die Kommunen regeln?

5. Liegen der Bunderegierung Erkenntnisse darüber vor, ob in den Ländern
die überörtlichen Träger der Sozialhilfe für die Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung zuständig sind?

Wenn ja, in welchen?

6. Inwieweit stellt das Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen
nach Ansicht der Bundesregierung ausreichend sicher, dass die Länder die
erhöhte Bundesbeteiligung an ihre Kommunen weiterreichen?

7. Aus welchem Grund wurde bei dem Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft
der Kommunen auf eine klarstellende Zweckbindung der Bundesmittel im
Gesetzestext verzichtet?

8. Wann ist mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu rechnen, der
die weitere Umsetzung der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung
für den Zeitraum ab 2013 bzw. für den Zeitraum ab 2014 regelt?

9. Wie soll die Umsetzung der Übernahme der Kosten für die Grundsicherung
(im Wege der Bundesauftragsverwaltung) für den Zeitraum ab 2013, insbe-
sondere im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, recht-
lich ausgestaltet werden?

10. Welche Entwicklung ist aus Sicht der Bundesregierung bei den Kosten für
die Grundsicherung in den kommenden Jahren zu erwarten?

11. Stützt sich die Bundesregierung bei ihren Prognosen für die weitere Ent-
wicklung der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsmin-
derung auf die Zahlen, die das Bundeministerium für Arbeit und Soziales
für den Vermittlungsausschuss des Deutschen Bundestages am 6. Februar
2011 vorgelegt hat?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung z. B. des Deutschen
Städtetages, der nach einer Steigerung der Kosten für die Grundsicherung
im Jahre 2010 um 4,3 Prozent für die kommenden Jahre von einer jähr-
lichen Kostensteigerung in Höhe von 5 Prozent ausgeht?

13. Trifft es zu, dass die Bundesregierung plant, in Zukunft aktuellere Zahlen
als die Nettoausgaben des Vorvorjahres bei der Bemessung der Gesamt-
kosten für die Grundsicherung zugrunde zu legen?

14. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung das Ziel, die Kommunen bei der
Grundsicherung bis 2014 vollständig zu entlasten, erreicht werden, wenn
die Kosten der Grundsicherung tendenziell steigen und das Vorvorjahr als
Bemessungsgrundlage dient?

15. Plant die Bundesregierung die Lücken, die den Kommunen, wegen der Be-
zugnahme auf das Vorvorjahr, bei steigenden Kosten für die Grundsiche-
rung entstehen, anderweitig auszugleichen?

Berlin, den 23. Januar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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