BT-Drucksache 17/8420

Leiharbeit und Outsourcing in Bundesministerien, nachgelagerten Ämtern und Behörden

Vom 20. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8420
17. Wahlperiode 20. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Diana Golze,
Matthias W. Birkwald, Dr. Martina Bunge, Heidrun Dittrich, Werner Dreibus,
Klaus Ernst, Katja Kipping, Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg und der
Fraktion DIE LINKE.

Leiharbeit und Outsourcing in Bundesministerien, nachgelagerten Ämtern und
Behörden

Seit einigen Jahren befragt die Fraktion DIE LINKE. die Bundesregierung über
den Einsatz von Leiharbeitskräften in den Bundesministerien und nachgeordne-
ten Behörden und Einrichtungen. Danach stieg die Zahl der eingesetzten Leih-
arbeitskräfte von nur 83 im Jahr 2001 auf 1 593 im Jahr 2010. Die Bundesregie-
rung räumt dabei ein, dass die wenigsten dieser Leiharbeitskräfte übernommen
werden. Sie kann darüber hinaus keine klaren Angaben über die Gleichbezah-
lung mit den regulär Beschäftigten machen. Einzelne Beschäftigte wurden sogar
nach Tarifverträgen mit der Scheingewerkschaft Tarifgemeinschaft Christlicher
Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) bezahlt
(vergleiche die Antworten auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE.
auf Bundestagsdrucksachen 16/11546, 17/736, 17/4626). Neben der Leiharbeit
werden Werkverträge als Mittel des Lohndumpings und der Kosteneinsparung
genutzt, um vormals im eigenen Haus oder Unternehmen erbrachte Dienstleis-
tungen auszulagern (Outsourcing) und bestehende tarifliche Regelungen zu um-
gehen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wurden im Jahr 2011 in den
Bundesministerien und Bundesämtern bzw. in den Bundesbehörden einge-
setzt (bitte nach Bundeskanzleramt und Bundesministerien mit den entspre-
chenden Bundesämtern bzw. -behörden aufschlüsseln)?

2. Wie erklärt die Bundesregierung die enorme Zunahme der in den Bundes-
ministerien und Bundesämtern und -behörden eingesetzten Leiharbeitskräfte
von 83 im Jahr 2001 auf 1 593 im Jahr 2010?

Warum erachtete die Bundesregierung diesen massiven Einsatz als nötig?
3. Wie viele der im Jahr 2011 beschäftigten Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
sind in ein festes Arbeitsverhältnis in einer der oben genannten Dienststellen
übernommen worden?

Welchem Anteil an allen im Jahr 2011 beschäftigten Leiharbeitern und Leih-
arbeiterinnen entspricht dies?

Drucksache 17/8420 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wie hoch war im Jahr 2011 der Anteil von Leiharbeiterinnen und Leihar-
beitern an allen Beschäftigten, die in oben genannten Bundesministerien
bzw. Bundesämtern und -behörden arbeiten?

5. Aus welchen Gründen wurden im Jahr 2011 Leiharbeitskräfte eingesetzt
(bitte die drei häufigsten Gründe mit Fallzahlen auflisten)?

6. Für welche Tätigkeiten wurden im Jahr 2011 die Leiharbeiterinnen und
Leiharbeiter hauptsächlich eingesetzt (bitte die zehn meist ausgeübten Tätig-
keiten mit entsprechenden Fallzahlen auflisten)?

7. Wie war im Jahr 2011 die durchschnittliche Beschäftigungsdauer von den
eingesetzten Leiharbeitskräften?

8. Zu welchem Anteil arbeiteten diese Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
Vollzeit bzw. Teilzeit?

9. Wie setzen sich die Leiharbeitskräfte nach Geschlecht, Alter, Behinderung
und Staatsbürgerschaft zusammen?

Wie viele davon wurden in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis übernom-
men?

10. Welche Angaben kann die Bundesregierung darüber machen, ob die Leih-
arbeiterinnen und Leiharbeiter weniger Lohn als die regulär Beschäftigten
erhalten?

Wie groß ist gegebenenfalls der Unterschied oder andernfalls, auf welcher
Grundlage erfolgt die Gleichbezahlung, und welche Lohn- bzw. Gehaltsbe-
standteile sind davon erfasst?

Gibt es inzwischen tarifvertragliche Regelungen zur Gleichbezahlung?

11. Wie hoch ist im Allgemeinen oder/und im Einzelnen die Diskrepanz
zwischen dem Stundenlohn, den die Beschäftigten erhalten und dem Geld,
das die entsprechenden Leiharbeitsfirmen pro Stunde erhalten?

Wie viele Leiharbeitskräfte erhalten einen Stundenlohn unter

a) 7 Euro,

b) 8,50 und

c) 10 Euro?

12. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass unter den beschäftigten
Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in den oben genannten Dienststellen
des Bundes auch so genannte Aufstocker sind, also Arbeitnehmer und Ar-
beitnehmerinnen, deren niedriges Arbeitseinkommen durch Arbeitslosen-
geld II aufgestockt werden muss?

Kann sie dies für den Fall eines alleinstehenden vollzeittätigen Beschäftig-
ten ausschließen?

13. Mit wie vielen Firmen gab es 2011 Verträge zur Arbeitnehmerüberlassung?

14. Befinden oder befanden sich unter den Tarifverträgen, nach denen die
Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bezahlt wurden, auch Ver-
träge mit der Scheingewerkschaft CGZP?

Wie viele Leiharbeitskräfte waren bzw. sind davon betroffen, und nach
welchen Tarifverträgen werden bzw. sollen diese künftig bezahlt werden?

Gab es Beschäftigte, die, ausgehend vom Urteil des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) der Nichttariffähigkeit der CGZP, Nachzahlungen geltend gemacht
haben?
Welche Tarifverträge kamen sonst zur Anwendung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8420

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass vormals bei den
Bundesministerien und nachgelagerten Ämtern und Behörden befristet Be-
schäftigte nach Auslaufen ihres Vertrages für gleiche oder ähnliche Tätig-
keiten als Leiharbeiterinnen bzw. Leiharbeiter beschäftigt werden bzw. wur-
den?

Wie hoch ist gegebenenfalls die Zahl dieser Fälle, und wo sind diese aufge-
treten?

16. Durften die Leiharbeitskräfte an Betriebs- und Personalratswahlen in den
jeweiligen Ämtern bzw. Behörden teilnehmen?

17. In welchem Ausmaß wurden bei dem Bund und seinen Behörden/Ämtern
in den vergangenen 15 Jahren vormals in Eigenregie betriebene Tätigkeiten
und Arbeitsaufgaben an Fremddienstleister ausgelagert, und wie begründet
die Bundesregierung diese Entscheidungen?

Gibt es merkbare Unterschiede dieser Entwicklung bezogen auf die ver-
schiedenen Legislaturperioden?

18. Wie viele Fremddienstleister waren im Jahr 2011 in den Liegenschaften der
Bundesministerien und nachgelagerten Behörden und Ämtern tätig?

Wie hat sich diese Zahl gegenüber den vergangenen 15 Jahren verändert?

19. Wie hoch war die Zahl und der Anteil der Fremddienstleister in den Berei-
chen Gebäudereinigung, Informationstechnologie, Gastronomie und Wach-
und Sicherheitsdienst (bitte jeweils einzeln ausweisen)?

a) Wie hoch ist die Zahl der dort tätigen Beschäftigten?

b) In welchem dieser Bereiche hat der Bund vor 15 Jahren die Dienstleis-
tungen vollständig oder zum Teil noch selbst erbracht?

c) Welche anderen relevanten Dienstleistungsbereiche gibt es, in denen
viele Fremddienstleister zum Einsatz kommen?

d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Arbeitsbedin-
gungen bei den Fremddienstleistern?

e) In wie vielen Fällen haben Fremddienstleister bestehende Mindestlohn-
regelungen verletzt?

Um welche Fälle handelt es sich (bitte Firmennamen, Zahl der betroffe-
nen Arbeitnehmer sowie Gegenstand der Verletzung nennen)?

20. Wie hoch war das Leistungsvolumen der im Jahr 2011 an Fremddienstleister
vergebenen Aufträge, und wie hat sich dieses gegenüber den Vorjahren ent-
wickelt (bitte in Euro nennen und wenn möglich nach einzelnen Bereichen
aufgliedern)?

Berlin, den 20. Januar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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