BT-Drucksache 17/7933

Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer aufenthaltsrechtlichen Bleiberechtsregelung

Vom 29. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7933
17. Wahlperiode 29. 11. 2011

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Rüdiger Veit, Gabriele Fograscher, Petra Ernstberger,
Iris Gleicke, Kerstin Griese, Wolfgang Gunkel, Michael Hartmann (Wackernheim),
Frank Hofmann (Volkach), Christel Humme, Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf,
Christine Lambrecht, Kirsten Lühmann, Caren Marks, Thomas Oppermann,
Aydan Özog˘uz, Gerold Reichenbach, Dr. Dieter Wiefelspütz, Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD

Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer aufenthaltsrechtlichen
Bleiberechtsregelung

A. Problem

In der vergangenen Legislaturperiode gab es zwei Altfallregelungen, durch die
langjährig Geduldete eine Aufenthaltserlaubnis erhalten konnten. Zunächst
einigte sich die Innenministerkonferenz am 17. November 2006 auf einen ent-
sprechenden Beschluss. Es folgte die gesetzliche Altfallregelung der §§ 104a
und 104b, die mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970)
geschaffen wurde.

Diese Altfallregelungen konnten vielen bislang Geduldeten eine Perspektive
für die gesellschaftliche und ökonomische Integration in Deutschland eröffnen.
Die bisherigen Regelungen waren demnach ein erster wichtiger Schritt zur Ein-
dämmung der Praxis der Kettenduldungen. Allerdings erhielten 28 227 der von
der gesetzlichen Altfallregelung Begünstigten eine Aufenthaltserlaubnis nach
§ 104a Absatz 1 Satz 1, die sogenannte Aufenthaltserlaubnis auf Probe. Ihnen
wurde die Aufenthaltserlaubnis erteilt, obwohl sie ihren Lebensunterhalt noch
nicht überwiegend selbst bestreiten konnten. Diese Aufenthaltserlaubnis galt
bis zum 31. Dezember 2009. Die Betroffenen mussten sich in dieser Zeit eine
Arbeit suchen. Danach sollte die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn
sie ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig hätten sichern können.

Ende 2009 zeichnete sich ab, dass dies nicht allen gelingen würde. Deshalb
fasste die Innenministerkonferenz auf ihrer Sitzung am 3. und 4. Dezember
2009 einen Verlängerungsbeschluss. Dieser ist befristet bis zum 31. Dezember

2011.

Die vom jüngsten IMK-Beschluss begünstigten Personen drohen ab Januar
2012 erneut in die Duldung zurückzufallen, sofern sie ihren Lebensunterhalt
nicht vollständig sichern können. Bereits der Bezug ergänzender Sozialleistun-
gen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) würde dazu führen.
Hier gilt es, vor Ablauf des Jahres 2011 eine Möglichkeit der Verlängerung zu
schaffen.

Drucksache 17/7933 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auch über diese Gruppe hinaus besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Zwar
folgte am 23. Juni 2011 eine erneute Gesetzesänderung (BGBl. I S. 1266). Es
wurde ein neuer § 25a eingefügt. Er enthält eine spezielle Bleiberechtsregelung
für gut integrierte jugendliche Geduldete sowie die Möglichkeit, den Eltern der
von der Regelung begünstigten Jugendlichen ein akzessorisches Aufenthalts-
recht zu erteilen. Die Regelung stellte insofern eine deutliche Verbesserung dar,
als erstmals eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung geschaffen wurde.
Allerdings ist auch diese nachbesserungsbedürftig. Insbesondere die Beschrän-
kung auf die Altersgruppe zwischen 15 und 21 sowie das für die Eltern geltende
Erfordernis der vollständigen Sicherung des Lebensunterhaltes stellen zu hohe
Anforderungen dar.

Deshalb lebten trotz der verschiedenen Altfallregelungen am 30. Juni 2011
nach wie vor 87 312 Ausländer geduldet in Deutschland, davon 51 244 länger
als sechs Jahre (Bundestagsdrucksache 17/6816, S. 6). Diese Zahlen verdeut-
lichen ebenso wie alle bisherigen Erfahrungen, dass es nach wie vor Ausländer
gibt und künftig geben wird, die über mehrere Jahre von der Praxis der so ge-
nannten Kettenduldung betroffen sind.

B. Lösung

In Bezug auf die Vermeidung künftiger Kettenduldungen wird eine Regelung
geschaffen, die keinen festen Stichtag enthält und die Anforderungen an die
Lebensunterhaltssicherung dahingehend absenkt, dass auch das ernsthafte Be-
mühen um Arbeit als ausreichend erachtet wird. Außerdem wird eine eigen-
ständige Regelung für Minderjährige geschaffen, die bei günstiger Integrations-
prognose bereits nach vier Jahren eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Weiter
wird eine eigenständige Regelung für Personen geschaffen, die in Deutschland
einen Schulabschluss machen. In den beiden zuletzt genannten Fällen wird wei-
ter eine Regelung für die Eltern der begünstigten Jugendlichen geschaffen. Zu-
letzt wird für Altfälle von einem Jahrzehnt und mehr eine noch weitreichendere
Ausnahme von den allgemeinen Voraussetzungen geschaffen.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen und Bürokratiekosten

Finanzielle Auswirkungen ergeben sich zunächst für die Träger der kommuna-
len Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII, sofern sie den Betroffenen,
die eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, Leistungen gewähren müssen. Das wird
jedoch zumindest teilweise dadurch ausgeglichen, dass die Betroffenen auch
bei weiterer Duldung ohnehin Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts
nach dem SGB II, dem SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz erhal-
ten würden. Zudem verbessert die Aufenthaltserlaubnis langfristig die Aussicht
auf eine existenzsichernde Arbeit. Deshalb könnte es auf lange Sicht dazu kom-
men, dass insgesamt weniger Leistungen bezogen werden und damit sogar eine
Entlastung der öffentlichen Haushalte zu erwarten steht.

oder wenn der Ausländer sich ernsthaft bemüht
hat, seinen Lebensunterhalt überwiegend zu si-
chern oder

b) der Ausländer wegen seines Alters, einer körperli-
chen, geistigen oder seelischen Krankheit oder
Behinderung oder weil er mit mehreren minder-

„(4) Eine Aufenthaltserlaubnis, die vor dem 1. Januar
2012 auf Grund des § 104a oder auf Grund des § 104b
erteilt wurde, gilt als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a
Absatz 1 fort.“

3. Die §§ 104a und 104b werden aufgehoben.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7933

Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer aufenthaltsrechtlichen
Bleiberechtsregelung

Vom …

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt
durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Juni 2011 (BGBl. I
S. 1266) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 25a wird wie folgt gefasst:

„(1) Einem geduldeten Ausländer ist abweichend von
§ 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthalts-
erlaubnis zu erteilen, wenn er sich seit mindestens acht
Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren
minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemein-
schaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen
geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten
hat und er

1. über ausreichenden Wohnraum verfügt,

2. über einfache mündliche Deutschkenntnisse im Sinne
der Stufe A1 des Gemeinsamen Europäischen Refe-
renzrahmens für Sprachen verfügt,

3. bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsäch-
lichen Schulbesuch nachweist,

4. die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufent-
haltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder be-
hördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung
nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,

5. keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen
Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt,

6. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vor-
sätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstra-
fen von insgesamt bis zu 90 Tagessätzen oder bis zu
120 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem
Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz
nur von Ausländern begangen werden können,
grundsätzlich außer Betracht bleiben und

7. a) der Lebensunterhalt des Ausländers im letzten
Jahr überwiegend gesichert war oder wenn der
Ausländer mindestens seit sechs Monaten seinen
Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend sichert

ernsthaften Bemühungen, seinen Lebensunterhalt
überwiegend zu sichern, abgehalten war.

(2) Einem minderjährigen geduldeten Ausländer ist
abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2
eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er sich seit
mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestat-
tet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären
Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1. die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2, 4, 5
und 6 erfüllt und

2. gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner
bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die
Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland
einfügen kann.

(3) Einem geduldeten Ausländer, der mindestens ei-
nen Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Ab-
schluss in Deutschland erworben hat, ist abweichend
von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufent-
haltserlaubnis zu erteilen, wenn er die Voraussetzungen
des Absatzes 1 Nummer 4, 5 und 6 erfüllt.

(4) Den Eltern oder einem allein personensorgebe-
rechtigten Elternteil eines minderjährigen Ausländers,
der eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 2 oder 3 be-
sitzt, kann abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und
Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 zweiter Halb-
satz Nummer 1 bis 7 vorliegen.

(5) Einem geduldeten Ausländer ist abweichend von
§ 5 Absatz 1 und 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
wenn er sich am 1. Januar 2012 seit mindestens zwölf
Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren
minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemein-
schaft lebt, seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen
geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten
hat und die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 5
erfüllt und kein Ausweisungsgrund gemäß § 53 vorliegt.

(6) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedin-
gung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Inte-
grationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsverein-
barung abgeschlossen wird. Die Aufenthaltserlaubnis
berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.“

2. Dem § 101 wird folgender Absatz 4 angefügt:
jährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemein-
schaft lebt und wegen der Kinderbetreuung von

4. In § 60a Absatz 2b werden die Wörter „Absatz 1“ durch
die Wörter „Absatz 2 oder 3“ ersetzt.

Drucksache 17/7933 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2012 in
Kraft.

Berlin, den 29. November 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

ändert, dass die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung
Zu Absatz 3
nicht nur weiterhin nach einem Jahr erteilt werden kann, son-
dern zusätzlich bereits vorher, nach sechs Monaten, erteilt
werden kann, sofern der Ausländer ein konkretes Arbeits-

Wer mindestens einen Hauptschulabschluss oder einen
gleichwertigen Abschluss in Deutschland erwirbt, hat sich
aus eigener Leistung die Berechtigung erarbeitet, eine Lehre
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7933

Begründung

Eine Novelle der Altfallregelung ist aus zwei Gründen ge-
boten. Zum einen gilt es, den Ausländern, die bisher ledig-
lich eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Ab-
satz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erhalten
haben, eine gesicherte Perspektive zu bieten. Zum anderen
muss die Praxis der Kettenduldungen für langjährig Gedul-
dete auch künftig wirksamer eingedämmt werden, als es
bislang der Fall ist. Zu den Änderungen im Einzelnen:

Zu Artikel 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes)

Zu Nummer 1

Zu Absatz 1

Ziel der gesetzlichen Altfallregelung war es, dem Bedürfnis
der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier inte-
grierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in
Deutschland Rechnung zu tragen, bei denen die Abschie-
bung aller Voraussicht nach auch in nächster Zeit nicht
möglich sein wird (Bundestagsdrucksache 16/5065, S. 201).

Bezüglich der unter Buchstabe a genannten Gruppen ist da-
rauf zu verweisen, dass zur Integration auch die ökonomi-
sche Integration am Arbeitsmarkt gehört, die von den ersten
beiden Alternativen des Absatzes 1 Nummer 7 Buchstabe a
erfasst wird. Die dritte Alternative des Absatzes 1 Nummer 7
Buchstabe a trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits
ernsthafte Bemühungen um einen Arbeitsplatz, der den Le-
bensunterhalt überwiegend sichert, ausreichend sind. Dafür
spricht nicht nur, dass die Betroffenen vielfach im Nied-
riglohnsektor arbeiten und gerade dann, wenn sie größere
Familien haben, in erheblichem Umfang auf ergänzende So-
zialleistungen angewiesen sein können. Vielmehr ist auch in
Rechnung zu stellen, dass nach mehrjährigem Aufenthalt mit
einer Abschiebung nicht mehr zu rechnen ist. Blieben die
Betroffenen dennoch in der Duldung, würden sich ihre
Chancen am Arbeitsmarkt verschlechtern, da Arbeitgeber
sie wegen des unsicheren Duldungsstatus oftmals nicht ein-
stellen oder weiter beschäftigen. Dann wären sie darauf an-
gewiesen, dass ihr Lebensunterhalt allein aus Sozialleistun-
gen bestritten wird. Das stellt eine finanzielle Belastung für
die öffentlichen Haushalte der kommunalen Leistungsträger
sowie eine psychische Belastung der betroffenen Ausländer
dar, denen die Möglichkeit genommen wird, sich langfristig
am Arbeitsmarkt behaupten zu können.

Begleitend zu diesem Gesetz muss die Beschäftigungsver-
fahrensverordnung durch eigenständige Verordnungsände-
rung des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales geändert werden. Der Zugang zum Arbeitsmarkt
wird früher erleichtert. Frühzeitige Integrationsbemühungen
kann der Ausländer nur dann unternehmen, wenn ihm die
Möglichkeit dazu gegeben wird. Deshalb wird § 10 Absatz 1
der Beschäftigungsverfahrensverordnung dahingehend ge-

auf vier Jahre abstellenden Regelung bereits nach zweijähri-
gem Aufenthalt zu erteilen.

Bezüglich der unter Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b ge-
nannten Gruppe ist zu bemerken, dass Ausländer, die aus ei-
nem der dort genannten, von ihnen kaum zu überwindenden
Gründe von ernsthaften Bemühungen, ihren Lebensunter-
halt überwiegend zu sichern, abgehalten waren, nicht
schlechter gestellt werden sollen als die unter Absatz 1
Nummer 7 Buchstabe a genannten Ausländer.

Dabei wird gegenüber vorherigen Altfallregelungen nicht
mehr eine einmalige Stichtagsregelung gewählt. Wer lange
hier ist und sich integriert hat, muss eine Aussicht auf ge-
sellschaftliche Teilhabe bekommen. Der in der letzten Alt-
fallregelung vorgesehene einmalige Stichtag 1. Juli 2007 hat
nur die Fälle derer gelöst, die sich zu diesem Zeitpunkt be-
reits seit der geforderten Zeit in Deutschland aufgehalten
hatten. Doch zeigt die Erfahrung, dass es immer wieder zu
sogenannten Kettenduldungen, also stetig neu erteilten Dul-
dungen über mehrere Jahre, kommt. Das Aufenthaltsgesetz
muss auch auf künftige Fälle reagieren können. Deshalb
wird durch die Streichung des Stichtages eine fortlaufende
Regelung eingeführt.

In Bezug auf die Strafbarkeit erfolgt bei nicht ausländerspe-
zifischen Delikten eine Anpassung an § 12a Absatz 1 Num-
mer 2 des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Es wäre ein Wer-
tungswiderspruch, bei einer Aufenthaltserlaubnis strengere
Anforderungen an den Ausschluss wegen strafrechtlicher
Verurteilungen zu stellen als bei einer Einbürgerung. Des-
halb ist hier eine Anpassung geboten. Die gleichfalls erfol-
gende Änderung bei den ausländerspezifischen Straftaten
folgt der bereits jetzt in § 104a Absatz 1 Satz 2 Nummer 6
enthaltenen Wertung, bei diesen eine höhere Schwelle zuzu-
lassen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 stellt auf eine günstige Integrationsprognose ab.
Dabei steht die Aussicht auf eine spätere berufliche Integra-
tion im Vordergrund. Hier ist insbesondere auf bisherige
schulische Leistungen, berufsorientierte Praktika oder sons-
tige berufsspezifische Leistungen abzustellen.

Von der Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 1 wird
abgesehen, um die Fälle zu erfassen, in denen der Ausländer
als unbegleiteter Minderjähriger auf Grundlage des SGB VIII
untergebracht ist und deshalb keinen eigenen Wohnraum
vorweisen kann. Von der Voraussetzung des Absatzes 1
Nummer 3 wird abgesehen, weil die hier Betroffenen selbst
minderjährig sind, mithin kaum minderjährige schulpflich-
tige Kinder haben können. Im Übrigen gilt das zu Absatz 1
Gesagte.
angebot nachweisen kann. Weiter ist die Zustimmung der
Bundesagentur für Arbeit abweichend von der derzeitigen,

zu beginnen und sich damit dauerhaft im Arbeitsmarkt zu
integrieren.

Drucksache 17/7933 ndestag – 17. Wahlperiode
– 6 – Deutscher Bu

Zu Absatz 4

Die Regelung soll verhindern, dass der Familienverband
auseinandergerissen wird. Damit folgt sie dem Ziel, das
schon im derzeit geltenden § 25a Absatz 2 zum Ausdruck
kommt, passt dieses Ziel aber an die Neuregelung der Ab-
sätze 1 bis 3 an.

Sie findet Anwendung in Fällen, in denen ein Minderjähri-
ger nach Absatz 2 oder 3 eine Aufenthaltserlaubnis erhält,
die Eltern aber noch nicht die nach Absatz 1 erforderlichen
Voraufenthaltszeiten erfüllen.

Zu Absatz 5

Wenn sich ein Ausländer seit zehn (mit Familie) bezie-
hungsweise zwölf Jahren (alleinstehend) geduldet, gestattet
oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhält
und sich über diesem erheblichen Zeitraum keine Möglich-
keit ergeben hat, ihn abzuschieben, steht zu erwarten, dass
die Abschiebung auch künftig nicht möglich sein wird. Es
ergibt keinen Sinn, ihm die gesellschaftliche Teilhabe wei-
terhin zu verweigern. Diesem umfassenden Abweichen von
allgemeinen Voraussetzungen liegt der Gedanke zugrunde,
dass auch bei unklarer Identität, fehlendem Pass oder unge-
klärter Staatsangehörigkeit ein Zeitpunkt kommt, ab dem,
ähnlich einer Amnestieregelung, aufenthaltsrechtliche Klar-
heit für die Betroffenen und die Behörden geschaffen wer-
den muss statt ein Provisorium fortlaufend zu vertagen.
Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Ausländer aus den in
Absatz 5 genannten Gründen eine ernsthafte Gefahr für die
öffentliche Sicherheit darstellt.

Zu Nummer 2

Die Neuregelung dient der Fortgeltung der bislang auf
Grundlage der §§ 104a und 104b erteilten Aufenthaltser-
laubnisse.

Zu Nummer 3

Nach dem bislang geltenden § 104a Absatz 5 Satz 4 findet
die Fiktionswirkung des § 81 Absatz 4 keine Anwendung.
Um Zwischenaufenthaltszeiten zu vermeiden, in denen die
Betroffenen sich illegal aufhalten, ist das rückwirkende In-
krafttreten zum 1. Januar 2010 geboten. Die Rückwirkung
ist zulässig, da es sich weder um ein strafbegründendes oder
strafverschärfendes Gesetz handelt noch eine rückwirkende
Belastung geschaffen wird, Grundsätze des Vertrauens-
schutzes also nicht berührt sind.

Zu Nummer 4

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung.

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