BT-Drucksache 17/7905

Hintergründe der vorgesehenen Regelungen für Medizinische Versorgungszentren

Vom 24. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7905
17. Wahlperiode 24. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Kerstin Andreae, Katrin Göring-Eckardt,
Britta Haßelmann, Priska Hinz (Herborn), Sven-Christian Kindler,
Markus Kurth, Dr. Tobias Lindner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hintergründe der vorgesehenen Regelungen für Medizinische
Versorgungszentren

Der aktuelle Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen
in der gesetzlichen Krankenversicherung (GVK-VStG) enthält Regelungen,
durch die unter anderem die bestehenden Gründungsvoraussetzungen für Medi-
zinische Versorgungszentren (MVZ) verändert werden. Danach sollen im
Wesentlichen künftig nur noch niedergelassene Vertragsärztinnen und -ärzte
sowie Krankenhäuser solche Versorgungszentren gründen dürfen. Die Bundes-
regierung begründet ihre Änderung unter anderem damit, die Unabhängigkeit
medizinischer Entscheidungen von Kapitalinteressen sicherstellen zu wollen.
Anhaltspunkte für die behauptete Gefährdung der Therapiefreiheit durch MVZ
fehlen allerdings in der Gesetzesbegründung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche neuen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich von
Einschränkungen der Therapiefreiheit angestellter Ärztinnen und Ärzte in
MVZ vor, angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung in der Antwort
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/3131 keine Belege für
solche Einschränkungen nennen konnte?

2. Liegen der Bundesregierung konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass in der
stationären Versorgung, insbesondere bei Krankenhäusern in privater Trä-
gerschaft, Eingriffe in die ärztliche Therapiefreiheit vorgenommen wurden
oder werden?

Wenn ja, welche sind dies (bitte Quelle oder Fundstelle angeben)?

3. Welche Anhaltspunkte hat die Bundesregierung zu möglichen Unterschie-
den hinsichtlich der Sicherstellung der Therapiefreiheit in der ambulanten
und in der stationären Versorgung?
4. Liegen der Bundesregierung Anhaltspunkte vor, dass die bestehende Grün-
derstruktur zu Einschränkungen der ärztlichen Unabhängigkeit geführt hat?

Wenn ja, welche sind dies (bitte Daten und Belege darstellen)?

Wenn nein, mit welchen anderen legitimen Allgemeinwohlinteressen be-
gründet die Bundesregierung die vorgesehene Beschränkung der Grün-
dungsvoraussetzungen, und welche konkreten Daten liegen ihr dazu vor?

Drucksache 17/7905 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Auf welchen der Bundesregierung vorliegenden Anhaltspunkten basiert die
Aussage in der Begründung zum GKV-VStG, es bestehe die Gefahr, dass
medizinische Entscheidungen zunehmend von Kapitalinteressen beeinflusst
werden (bitte Quellen bzw. Fundstellen nennen) – auch vor dem Hinter-
grund, dass die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 17/3131 angegeben hat, keine konkreten Hinweise
auf die Einflussnahme von Kapitalgebern auf die Geschäftsführung und die
Versorgung von Patientenversorgung zu haben?

6. Trifft es zu, dass derzeit (Stand: zweites Quartal 2010) nur fünf Medizinische
Versorgungszentren in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft bestehen?

Wenn ja, auf welchen konkreten Anhaltspunkten aus diesen fünf MVZ (bitte
Quelle nennen) basiert die Aussage der Bundesregierung in der Begründung
des Gesetzentwurfs, durch den Ausschluss von Aktiengesellschaften werde
die „Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen von reinen Kapitalinteressen
gewährleistet“?

7. a) Welches Ergebnis hat die in der Antwort auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 17/3131 angekündigte Prüfung der finanziellen
und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der von der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung betriebenen Ärztlichen Versorgungszentren (Patiomed
AG)?

b) Trifft es zu, dass das hierfür erforderliche Kapital der „Patiomed AG“ im
Wesentlichen von der Apotheker- und Ärztebank zur Verfügung gestellt
wurde?

Wenn ja, haben hier nach Auffassung der Bundesregierung Kapital-
interessen die ärztliche Unabhängigkeit in der Vergangenheit beeinträch-
tigt?

8. Auf welchen konkreten Belegen (bitte Quelle nennen) basiert die Aussage
der Bundesregierung in der Begründung zum Entwurf des GKV-VStG
(Bundestagsdrucksache 17/6906), weil „Kapitalgeber z. B. durch den Kauf
eines Pflegedienstes oder eines Heilmittelerbringers die Voraussetzungen
zur Gründung von medizinischen Versorgungszentren im gesamten Bundes-
gebiet erfüllen können“, würden „zum Beispiel bei Augenärzten“ immer
weniger Vertragsarztsitze für freiberuflich tätige Ärzte in eigener Praxis zur
Verfügung stehen?

Berlin, den 24. November 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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