BT-Drucksache 17/7737

Mobile Massenkontrollen der Bundespolizei gegen Fußballfans

Vom 15. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7737
17. Wahlperiode 15. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck (Köln),
Viola von Cramon-Taubadel, Daniela Wagner, Britta Haßelmann, Jerzy Montag,
Claudia Roth (Augsburg), Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Mobile Massenkontrollen der Bundespolizei gegen Fußballfans

Woche für Woche kommt es in Fußballstadien in Deutschland oder im Umfeld
von Fußballspielen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisie-
renden Hooligans, zwischen Gewalttätern und der Polizei und auch zu Gewalt-
taten gegen Unbeteiligte sowie zu erheblichen Sachschäden.

Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass die Polizeien der Länder und die
Bundespolizei hier entschieden tätig werden, um derartige Gewalt zu verhin-
dern und zu unterbinden. Dazu müssen sie rund um die Stadien, in den Innen-
städten, auf Bahnhöfen und auch in Zügen Präsenz zeigen und gegebenenfalls
eingreifen, um Straftaten zu verhindern.

Fußball ist ein Sport und darf nicht zur Plattform für gewalttätige Kriminelle
werden. Ein Fußballspiel darf nicht zur Gefährdung von Reisenden in Zügen,
unbeteiligten Passanten oder friedlichen Zuschauern führen.

Nach Medienberichten (sueddeutsche.de vom 31. Oktober 2011) führt die
Bundespolizei sogenannte mobile Massenkontrollen reisender Fußballfans
durch. Dazu würden Züge, die sich auf dem Weg zu einem Spiel oder zurück von
einem Spiel befinden, auf Bahnhöfen, an denen Kontrollpunkte mit mehr als
100 Beamten eingerichtet sind, angehalten, dort „verdächtige Fans“ zum Aus-
steigen aufgefordert, identifiziert und fotografiert, und die so erhobenen Daten
dann mit Erkenntnissen über Straftaten abgeglichen. Diese „mobile Massenkon-
trolle“ werde seit etwa einem Jahr praktiziert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie oft, wann und im Zusammenhang mit welchen Fußballspielen fanden
die sogenannten mobilen Massenkontrollen statt (bitte einzeln auflisten)?

2. Was war jeweils der spezifische Anlass, eine solche Kontrolle durchzufüh-
ren, und nach welchen Kriterien wurden die zu überprüfenden Züge ausge-
wählt?
3. Wurden bei der Planung bzw. vor der Durchführung einer solchen mobilen
Massenkontrolle jeweils andere Maßnahmen erwogen, und aus welchen
Gründen wurde eine Massenkontrolle als geeignetes, erforderliches und
angemessenes Mittel ausgewählt?

Drucksache 17/7737 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Wird die Durchführung mobiler Massenkontrollen langfristig (z. B. bei
Beginn der Saison), mittelfristig und nach Auswertung bestimmter Vor-
kommnisse (z. B. nach wiederholten Ausschreitungen im Zusammenhang
mit Spielen bestimmter Mannschaften) oder kurzfristig (z. B. anlässlich von
Gewalttaten) geplant, wessen Risikoeinschätzungen werden dabei zugrunde
gelegt, und wer (Bundespolizei, betroffene Landespolizeien, Deutscher
Fußball-Bund e. V.) ist in die Entscheidung eingebunden, im Zusammen-
hang mit einem bestimmten Spiel, mobile Massenkontrollen durchzuführen?

5. Finden ähnliche Kontrollen auch auf Autobahnen statt, und wenn ja, wer-
den dort Reisebusse oder auch einzelne Pkw kontrolliert, und nach welchen
Kriterien werden diese ausgewählt?

6. Werden bei den mobilen Massenkontrollen alle Reisenden einer Ausweis-
kontrolle unterzogen und fotografiert oder müssen bestimmte konkrete
Verdachtsmomente gegen einzelne Personen vorliegen?

7. Werden neben der Identitätsfeststellung und dem Fotografieren der Betroffe-
nen bei den mobilen Massenkontrollen noch weitere Maßnahmen ergriffen?

8. Welche Daten werden von den Betroffenen bei einer mobilen Massen-
kontrolle erfasst?

9. In welchen Datenbanken oder Dateien werden die bei den mobilen Mas-
senkontrollen gewonnenen Daten und Fotografien wie lange, und auf wel-
cher Rechtsgrundlage gespeichert?

10. Mit welchen Datenbeständen werden die bei einer mobilen Massenkontrolle
gewonnenen Daten abgeglichen, auf welcher Rechtsgrundlage geschieht
diese Verarbeitung, wer hat – außer der Bundespolizei – Zugang zu diesen
Daten, und in welcher Weise werden sie zu welchen Zwecken weiterver-
arbeitet?

11. Führt die Erfassung bei einer mobilen Massenkontrolle zur Aufnahme des
Betroffenen in die Datei „Gewalttäter Sport“?

12. In welcher Weise werden die Betroffenen über die Speicherung und Weiter-
verarbeitung ihrer Daten informiert, und können sie der Speicherung wider-
sprechen?

Gegen wen haben sie einen Anspruch auf Korrektur oder Löschung, und
welche Rechtsmittel stehen ihnen zur Verfügung?

13. In welcher Weise sind die Polizeien der Länder in die Durchführung der
mobilen Massenkontrollen sowie in die Auswertung und Verarbeitung der
gewonnen Daten eingebunden?

14. Werden die bei den mobilen Massenkontrollen gewonnenen Daten am Tag
des Einsatzes in irgendeiner Form an die jeweils an den Einsätzen im Rah-
men eines Fußballspiels beteiligten Landespolizeien, insbesondere die Ein-
satzleitungen vor Ort, weitergegeben, und mit welchen Auflagen bezüglich
der Speicherung, Weitergabe und sonstiger Verarbeitung der Daten ge-
schieht dies?

Berlin, den 15. November 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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