Vom 28. September 2011
Deutscher Bundestag Drucksache 17/7214
17. Wahlperiode 28. 09. 2011
Änderungsantrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic,
Jerzy Montag, Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/5515, 17/7178 –
Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Artikel 1 wird wie folgt gefasst:
‚Artikel 1
Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
Das Bundesvertriebenengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes
vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1694) geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:
Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:
„§ 4a Lebenspartner
Die Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf Ehegatten beziehen, gelten
entsprechend für eingetragene Lebenspartner.“‘
2. Der bisherige Artikel 1 wird Artikel 2.
3. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 3.
Berlin, den 28. September 2011
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Begründung
Das am 1. August 2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG,
Bundestagsdrucksache 14/3751) schuf für gleichgeschlechtliche Paare das neue
familienrechtliche Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Allerdings
wurden eingetragene Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner in das Bundes-
vertriebenengesetz bislang nicht einbezogen, was homosexuelle Spätaussiedle-
rinnen und Spätaussiedler diskriminiert.
Drucksache 17/7214 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Benachteiligung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen
wurde bisweilen damit gerechtfertigt, dass es dem Gesetzgeber wegen des ver-
fassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes
(GG) nicht verwehrt sei, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen
(BVerfGE 105, 313, 348). In seinem Beschluss vom 7. Juli 2009 hat das
Bundesverfassungsgericht hingegen grundlegend entschieden, dass der bloße
Verweis auf das Schutzgebot der Ehe gemäß Artikel 6 Absatz 1 GG eine Be-
nachteiligung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe nicht
rechtfertigen könne. Demnach stellt die Rechtfertigung der Privilegierung der
Ehe auf die „auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner“ ab.
Das Bundesverfassungsgericht stellt aber klar, dass sich in diesem Punkt Ehen
nicht von eingetragenen Lebenspartnerschaften unterscheiden: „Beide sind auf
Dauer angelegt und begründen eine gegenseitige Einstandspflicht“.
Auch in seinem Beschluss vom 21. Juli 2010 zum Erbschaftsteuerrecht bestä-
tigte das Bundesverfassungsgericht seine Auffassung über Verfassungswidrig-
keit der Ungleichbehandlung von Lebenspartnern gegenüber Ehegatten. Es be-
tonte, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft wie die Ehe auf Dauer angelegt
sei und eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht begründete.
Eine Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Bun-
desvertriebenengesetz entspricht daher nicht mehr den Grundsätzen der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts. Mit dem vorliegenden Änderungs-
antrag wird diese ungerechte und grundrechtswidrige Behandlung der in
eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Spätaussiedlerinnen und Spätaus-
siedler beseitigt.