BT-Drucksache 17/6493

Erforderliche Bewilligung von Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen gewährleisten

Vom 5. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6493
17. Wahlperiode 05. 07. 2011

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Katrin Kunert, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Diana Golze, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und
der Fraktion DIE LINKE.

Erforderliche Bewilligungen von Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen gewährleisten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenver-
sicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) wurde zum 1. April 2007 der
Rechtsanspruch von Müttern und Vätern auf medizinische Vorsorge und Rehabi-
litation gesetzlich in eine Pflichtleistung überführt. Ziel des Gesetzgebers war es,
die Leistungsgewährung bei Maßnahmen zur medizinischen Vorsorge und Re-
habilitation für Mütter und Väter im Hinblick auf den seit dem Jahr 2000 beste-
henden kontinuierlichen Rückgang der Ausgaben und der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer zu verstetigen. Daher wurde der Grundsatz „ambulant vor stationär“
für Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen aufgehoben. Die gesetzlichen Krankenkas-
sen wurden verpflichtet, ab dem Jahr 2008 statistische Erhebungen hinsichtlich
der Antragstellung und der Erledigung der Antragstellung durchzuführen. Die
Bewilligungspraxis bei Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen sollte transparenter
werden, um Fehlern in der Antragsabwicklung leichter nachgehen zu können
(siehe Bundestagsdrucksache 16/3100).

In der Praxis zeigen sich erhebliche Mängel bei den Bewilligungen von Mutter-/
Vater-Kind-Kuren nach den §§ 23, 24 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
(SGB V). Der Prüfbericht des Bundesrechnungshofes vom 7. Juni 2011 stellt
Folgendes fest:

– Eine Gleichbehandlung der Versicherten ist nicht gewährleistet, weil die
Krankenkassen bei der Bewilligung und Ablehnung der Anträge von Mutter-/
Vater-Kind-Kuren nicht transparent vorgehen.

– Krankenkassen lehnen Mutter-/Vater-Kind-Kuren unter Hinweis auf das
geltende Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V ab und verweisen auf
ambulante Angebote. Das gesetzgeberische Ziel, den Verweis auf ambulante

Angebote auszuschließen und stationäre Maßnahmen zu stärken, wird damit
in der Praxis nicht erreicht.

– Die Antrags- und Bewilligungsstatistik der Krankenkassen bildet das An-
trags-, Leistungs- und Bewilligungsgeschehen bei Mutter-/Vater-Kind-Kuren
nicht zutreffend ab und ist deshalb wenig aussagekräftig.

Drucksache 17/6493 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
– Die Begutachtungs-Richtlinie des Medizinischen Dienstes der Krankenkas-
sen (MDK) grenzt die Spielräume für die Bewertung von medizinischen
Indikationen und Kontextfaktoren nicht ausreichend ein. Ergebnisse der Be-
gutachtungen werden nicht hinreichend begründet.

– Der Umgang der Krankenkassen mit den Widersprüchen gegen die Ableh-
nung von Mutter-/Vater-Kind-Kuren ist teilweise nicht gesetzeskonform und
beeinträchtigt die Versicherten in ihrer Rechtsausübung.

Mit den gesetzlichen Vorgaben wurden offensichtlich die angestrebten Ziele
nicht erreicht. Diese Situation wird dadurch verstärkt, dass die gesetzlichen
Krankenkassen durch den Wettbewerbsdruck im Gesundheitswesen zu einer re-
striktiven Leistungsgewährung gebracht werden. Die Krankenkassen versuchen
um jeden Preis, Zusatzbeiträge (Kopfpauschalen) zu vermeiden und damit ihre
finanzielle Situation zu stabilisieren. Wenn nicht endlich eine stabile und zu-
kunftsfähige Finanzierung der Krankenversicherung hergestellt wird, werden
sich derartige Erscheinungen auch in anderen Bereichen mehren. Unabhängig
davon besteht dringender Handlungsbedarf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen,
um die vormals im Gesetzentwurf zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz for-
mulierten Ziele für die Gewährleistung der erforderlichen Mutter-/Vater-Kind-
Maßnahmen zu erreichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. einen Gesetzentwurf für eine gesetzliche Klarstellung vorzulegen, mit der die
Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 12 SGB V bei der Be-
willigung von Mutter-/Vater-Kind-Kuren klar eingegrenzt wird, damit die
angestrebte Verstetigung der Mutter-/Vater-Kind-Kuren tatsächlich erreicht
wird;

2. darauf hinzuwirken, dass die Entscheidungskriterien für Mutter-/Vater-Kind-
Maßnahmen vereinheitlicht und präzisiert werden. Hierbei sind die Belange
von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen;

3. geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die weiteren, im Prüfbericht des Bun-
desrechnungshofes benannten Mängel bei der Bewilligungspraxis (u. a. In-
transparenz, Ungleichbehandlung, Umgang mit Widersprüchen und Verweis
auf den ambulanten Bereich) von Mutter-/Vater-Kind-Kuren zu beheben;

4. eine regelmäßige Prüfung der Krankenkassen hinsichtlich der tatsächlichen
Bewilligung dieser Pflichtleistungen zu sichern und die Einhaltung der recht-
lichen Vorschriften bei der Entscheidung über Anträge zu gewährleisten;

5. dem Deutschen Bundestag regelmäßig Bericht über das Leistungsgeschehen
im Bereich der Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen zu erstatten.

Berlin, den 28. Juni 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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