BT-Drucksache 17/5221

Missstände beim Pfändungsschutzkonto

Vom 22. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5221
17. Wahlperiode 22. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Caren Lay, Ingrid Remmers, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder,
Harald Koch, Katrin Kunert, Dr. Gesine Lötzsch, Kornelia Möller, Jens Petermann,
Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann,
Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Missstände beim Pfändungsschutzkonto

Seit dem 1. Juli 2010 gibt es das pfändungsgeschützte Girokonto (P-Konto). Es
soll Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Kontopfändung den Zugriff auf das
gesetzlich garantierte Existenzminimum von monatlich 985,15 Euro garantie-
ren.

Die Praxis hat jedoch schwerwiegende Missstände gezeigt. Hierzu zählte das
Monatsanfangsproblem: Kontoinhaber, die z. B. im Monat der P-Konto-Ein-
richtung zum Ende desselben Monats einen Zahlungseingang erhielten (Lohn,
Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch),
konnten dieses Geld an Gläubiger verlieren, wenn der gesetzlich garantierte
Freibetrag in dem Monat bereits ausgeschöpft war.

Nach wie vor bereitet das P-Konto all jenen Probleme, deren Konto sich im
Dispo befindet. Denn Kreditinstitute dürfen eingehendes Arbeitseinkommen zu-
nächst mit einem – gekündigten – Dispokredit verrechnen, statt das gesetzlich
garantierte Existenzminimum zu sichern.

Zudem sind Inhaber von P-Konten oft höheren Kosten bzw. stark reduzierten
Kontoleistungen ausgesetzt. Statt insbesondere finanzschwache Verbraucherin-
nen und Verbraucher zu schützen, werden diese zusätzlich belastet und stigma-
tisiert. Hinsichtlich gesonderter Kontoführungsgebühren für P-Konten liegen
mittlerweile erste Gerichtsbeschlüsse vor, die diese für unwirksam erklären.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Girokonten sind bereits in P-Konten umgewandelt worden?

2. Beabsichtigt die Bundesregierung, Kreditinstituten beim P-Konto weiterhin
die Verrechnung von Arbeitseinkommen mit dem gekündigten Dispokredit
zu gestatten, auch wenn Kontoinhaber damit unter das gesetzlich garantierte
Existenzminimum rutschen?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, wann ist eine Änderung vorgesehen, und welcher Art?
3. Plant die Bundesregierung, Bescheinigungen durch Sozialleistungsträger
ausstellen zu lassen, damit P-Kontoinhaber erhöhte Pfändungsfreibeträge,
die z. B. auf Unterhaltsverpflichtungen zurückgehen, Kreditinstituten gegen-
über eindeutig nachweisen können?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/5221 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Was genau versteht die Bundesregierung unter allgemein üblichen Kosten
eines Girokontos angesichts dessen, dass der Kontopfändungsschutz nicht
mit zusätzlichen Kosten verbunden sein darf (siehe Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses auf Bundestagsdrucksache 16/12714 und Bundes-
tagsbeschluss vom 24. April 2009)?

5. Wie bewertet die Bundesregierung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher
bei Umwandlung ihres Girokontos in ein P-Konto erhebliche Einschränkun-
gen im Leistungsumfang in Kauf nehmen müssen, zum Beispiel werden ih-
nen häufig Basisfunktionen wie Geldkarte, Überweisung, Lastschrift, Dauer-
auftrag oder Onlinebanking vorenthalten, und teilt die Bundesregierung die
Auffassung, dass es sich um eine versteckte Preiserhöhung handelt, wenn
Kreditinstitute für diese Basisleistungen Entgelte erheben?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

6. Beabsichtigt die Bundesregierung, die bisher erforderliche Beantragung
eines P-Kontos, die mit einer Stigmatisierung der Betroffenen einhergeht,
dadurch zu ersetzen, dass pro Person ein Girokonto automatisch pfändungs-
geschützt ist?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wann?

Berlin, den 22. März 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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