BT-Drucksache 17/4315

Datenabgleich aller akkreditierten Personen der Fußballweltmeisterschaft 2006 mit FBI-Terrordatenbank

Vom 20. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4315
17. Wahlperiode 20. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck
(Köln), Ingrid Hönlinger, Monika Lazar, Claudia Roth (Augsburg), Hans-Christian
Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Datenabgleich aller akkreditierten Personen der Fußballweltmeisterschaft 2006
mit FBI-Terrordatenbank

Das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ berichtet in der Ausgabe 48/2010
im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen der Internetplattform Wikileaks
von einem Datenabgleich der 147 000 für die Fußballweltmeisterschaft 2006
akkreditierten Personen, darunter Helfer, Journalisten, Lieferanten, Ordner, mit
der Terrordatenbank des FBI. In den Depeschen findet sich folgende Beschrei-
bung des Vorgangs: „Um einen gerichtlichen Zwang zur Herausgabe von Infor-
mationen zu möglichen Treffern zu vermeiden, haben beide Seiten beschlossen,
dass die USA mögliche Hintergrundinformationen zu Treffern an das Bundes-
amt für Verfassungsschutz liefern würden“.

Bereits im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2006 hat sich der Deutsche
Bundestag um die Bürgerrechte und den Datenschutz im Zusammenhang mit
der Ausrichtung der Weltmeisterschaft gesorgt. Auf die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 16/71), welche nationalen und
welche internationalen Dienste, Behörden und Ämter an den Überprüfungen be-
teiligt seien, antwortete die Bundesregierung am 5. Dezember 2005 (Bundes-
tagsdrucksache 16/138): „Die Überprüfungen im Rahmen des Akkreditierungs-
verfahrens erfolgen unter Einbeziehung der Sicherheitsbehörden von Bund und
Ländern. Internationale Stellen sind nicht am Überprüfungsverfahren beteiligt.“

Auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestags-
drucksache 16/428) hin, auf welcher Rechtsgrundlage die Zuverlässigkeitsüber-
prüfungen im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens durchgeführt würden, ant-
wortete die Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/591): ,Nach dem Bun-
desdatenschutzgesetz (§ 4 Abs. 1, § 4a Abs. 1 BDSG) bzw. den entsprechenden
landesrechtlichen Vorschriften ist die Erhebung und Verarbeitung personenbezo-
gener Daten unter anderem dann zulässig, wenn der Betroffene seine Einwilli-
gung erklärt hat. Vor der Erklärung der Einwilligung ist der Betroffene über die
Datenverwendung umfassend aufzuklären.

Eine solche „informierte Einwilligungserklärung“ stellt die rechtliche Grund-

lage für die Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Rah-
men des Akkreditierungsverfahrens für die FIFA Fußball-WM 2006 dar.‘

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat bereits auf schwerwiegende
rechtliche Mängel beim Akkreditierungsverfahren hingewiesen und am
15. Februar 2006 einen Antrag (Bundestagsdrucksache 16/686) gestellt, keinen
Generalverdacht bei den Sicherheitsüberprüfungen zur Fußballweltmeister-

Drucksache 17/4315 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

schaft 2006 walten zu lassen. Die Veröffentlichungen der Internetplattform
Wikileaks weisen darauf hin, dass der damalige Bundesminister des Innern,
Dr. Wolfgang Schäuble, bewusst datenschutzrechtliche Bestimmungen umgan-
gen hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde der Datenabgleich mit der FBI-
Terrordatenbank vorgenommen?

Sieht die Bundesregierung die Einwilligungserklärung als rechtliche
Grundlage für einen solchen Datenaustausch?

2. Was hat das Bundesministerium des Innern (BMI) damals bewogen, die
Daten sämtlicher akkreditierter Personen, also von Helfern, Journalisten,
Lieferanten, Ordnern, weiterzuleiten?

3. Auf welche Weise gelangten die Daten an die USA?

Wer hat konkret die Weitergabe durchgeführt?

4. Gab es Rückmeldungen hinsichtlich möglicher Treffer?

Wenn ja, wie viele, und sind diese Daten noch im Bestand des Verfassungs-
schutzes?

5. Ist es zutreffend, dass keine der davon betroffenen Personen von der Daten-
verarbeitung in Kenntnis gesetzt wurde?

6. Wie bewertet die Bundesregierung den durchgeführten Datenaustausch im
Zusammenhang mit der Antwort der Bundesregierung vom 5. Dezember
2005, sie beteilige ausschließlich die Sicherheitsbehörden von Bund und
Ländern?

7. War das Vorgehen des BMI mit dem Bundeskabinett abgestimmt?

Geschah es mit Wissen und Billigung des Beauftragten der Bundesregie-
rung für Kultur und Medien?

8. Hat eine solche Praxis eines Datenaustauschs aller akkreditierter Personen
mit ausländischen Behörden auch bei anderen Großveranstaltungen in
Deutschland stattgefunden?

Wenn ja, bei welchen?

9. Plant die Bundesregierung auch für die Frauen-Fußballweltmeisterschaft
2011 eine solche Praxis anzuwenden?

10. Ist ein solches Verfahren für die Olympischen Spiele 2018 geplant, falls
München den Zuschlag erhält?

11. Steht die Vergabe von Akkreditierung nur nach Abgabe sogenannter frei-
williger Einwilligungserklärungen nicht dem Prinzip der Freiwilligkeit ent-
gegen, da Personen, welche nicht einwilligen, an der Ausübung ihres Beru-
fes gehindert werden?

Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Berufsverbote auf-
grund nicht abgegebener freiwilliger Einwilligungserklärungen zu verhin-
dern?

Sieht die Bundesregierung den Rechtsanspruch von Journalisten auf
Akkreditierung gewährleistet?

Wie war der genaue Wortlaut der Einwilligungserklärung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4315

12. Welche Vereinbarungen wurden mit den USA über die weitere Vorgehens-
weise mit den übermittelten Daten getroffen?

Befinden sich die Daten immer noch im Bestand des FBI?

Wenn nein, auf welche Weise konnte sichergestellt werden, dass entspre-
chende Vereinbarungen eingehalten werden?

Berlin, den 20. Dezember 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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