BT-Drucksache 17/4211

Stand des Breitbandausbaus und Strategie der Bundesregierung zur Breitbandversorgung in Deutschland

Vom 14. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4211
17. Wahlperiode 14. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Tabea Rößner, Kerstin Andreae, Dr. Konstantin von Notz,
Ekin Deligöz, Priska Hinz (Herborn), Katja Dörner, Kai Gehring, Agnes Krumwiede,
Monika Lazar, Krista Sager, Josef Philip Winkler, Christine Scheel, Dr. Harald Terpe,
Eilsabeth Scharfenberg und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand des Breitbandausbaus und Strategie der Bundesregierung
zur Breitbandversorgung in Deutschland

Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Rainer Brüderle hat in der
Fragestunde am 10. November 2010 im Deutschen Bundestag eine positive
Bilanz der bisherigen Ausbaubemühungen im Zuge der Breitbandstrategie der
Bundesregierung gezogen. Der Bundesminister geht davon aus, dass Ende die-
ses Jahres 98,5 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte die Möglichkeit haben,
einen Internetanschluss mit mindestens 1 Megabit pro Sekunde zu nutzen.
Gleichzeitig räumte der Bundesminister ein, dass die in der Breitbandstrategie
anvisierte flächendeckende Versorgung bislang noch nicht zu 100 Prozent reali-
siert ist. Es werde im Dezember dieses Jahres wohl noch „ein paar kleine
Orte“ geben, die nicht ans Breitbandnetz angeschlossen seien, so Rainer Brüderle.
Auch beim Nationalen IT- Gipfel in Dresden musste die Bundeskanzlerin am 7.
Dezember 2010 zugeben, dass das selbst gesteckte Ziel nicht erreicht werden
kann.

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort vom März 2010 auf die Kleine An-
frage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/935) angekündigt,
dass ab Mitte 2010 die Daten zur Versorgungssituation bezogen auf verfügbare
Bandbreiten von mindestens 2 Megabit pro Sekunde verfügbar sein werden.

Die Datenlage zur Breitbandversorgung in Deutschland ist nicht einheitlich.
Sämtliche Daten zeigen jedoch auf, dass die Breitbandversorgung in Deutsch-
land faktisch noch immer große Lücken aufweist:

Im November 2010 veröffentlichte das „ZEITmagazin“ eine Landkarte, auf der
in den einzelnen Bundesländern die Anzahl der Gemeinden genannt wurde, in
denen nur 0 bis 10 Prozent aller Haushalte ein schneller Breitbandzugang von
über 1 Megabit pro Sekunde zur Verfügung steht. Problematisch ist die Lage
unter anderem in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit
jeweils 144 (von 2 306 bzw. 300) unterversorgten Gemeinden, ebenso in
Thüringen mit 124 (von 942) und Mecklenburg-Vorpommern mit 73 (von 814)

Gemeinden.

Nach einer aktuellen Studie des Netzwerkspezialisten Cisco, der Saïd Business
School der Oxford University und der Universität von Oviedo (http://newsroom.
cisco.com/dlls/2010/prod_101710.html) verfügen derzeit nur circa 66 Prozent
der Haushalte in Deutschland über einen Breitbandinternetanschluss. Laut der
Studie beträgt die durchschnittliche Bandbreite in Deutschland im Download

Drucksache 17/4211 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

11,63 Megabit pro Sekunde, im Upload 1,28 Megabit pro Sekunde. Die Forscher
haben die Daten unter anderem einem Dienst auf der Website speedtest.net ent-
nommen, auf der Internetnutzer ihre Bandbreite testen können. Allein in den
Monaten Mai und Juni 2010 seien dort 40 Millionen Mal Verbindungen getestet
worden.

Für den weiteren Ausbau hat die EU-Kommission in ihrer Digitalen Agenda 30
Megabit pro Sekunde für jeden europäischen Haushalt bis 2020 festgeschrieben,
mindestens 50 Prozent der Haushalte sollen sogar über Bandbreiten von mehr
als 100 Megabit pro Sekunde verfügen können. Die Bundesregierung spricht
von einem mittelfristigen Ziel von 50 Megabit für 75 Prozent der Haushalte bis
2015. Diese Ziele sind nur mit Glasfaser erreichbar, welche bisher lediglich in
rund 1 Prozent der deutschen Haushalte verfügbar ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Haushalte sind in Deutschland bezüglich der Breitbandversorgung
nach Kenntnis der Bundesregierung mit einem Volumen von mindestens
1 Megabit pro Sekunde Downstream ausgestattet (bitte aufschlüsseln nach
Bundesländern), und worauf stützt sich diese Kenntnis?

2. Wie viele Haushalte sind in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung
bezüglich der Breitbandversorgung mit einem Volumen von mindestens 2 Mega-
bit pro Sekunde Downstream ausgestattet (bitte aufschlüsseln nach Bundes-
ländern), und worauf stützt sich diese Kenntnis?

3. Wie viele Haushalte sind in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung
bezüglich der Breitbandversorgung mit einem Volumen von mindestens 50
Megabit pro Sekunde Downstream ausgestattet (bitte aufschlüsseln nach
Bundesländern), und worauf stützt sich diese Kenntnis?

4. Wie viele Haushalte in Deutschland nutzen inzwischen Breitbandzugang
durch LTE (Long Term Evolution), und wie groß sind dort die tatsächlich ver-
fügbaren Bandbreiten, da es sich um ein sogenanntes geteiltes Übertragungs-
medium (Shared Medium) handelt und davon auszugehen ist, dass die ver-
fügbaren Bandbreiten absinken, je mehr Nutzer es innerhalb einer Versor-
gungs-zelle gibt?

5. In welcher Höhe sind die Fördermittel für den Breitbandausbau in den Jahren
2009 und 2010 durch die Länder und Kommunen abgerufen worden, die die
Bundesregierung im Rahmen verschiedener Fördertöpfe (GAK, GA, Kon-
junkturpaket II etc.) zur Verfügung gestellt hat (bitte aufschlüsseln nach För-
dermaßnahme und Bundesländern)?

Welche der Fördermittel in welcher Höhe sind noch nicht abgeflossen?

6. Inwieweit hält die Bundesregierung den Infrastrukturatlas der Bundesnetz-
agentur für ein geeignetes Instrument zum Breitbandausbau, wenn die Anga-
ben der Unternehmen auf freiwilliger Basis beruhen und der Infrastruktur-
atlas keine vollständige Übersicht über die in der Bundesrepublik Deutschland
verfügbare Infrastruktur leisten kann?

7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Unternehmen mehr Pla-
nungs- und Investitionssicherheit beim Breitbandausbau zu bieten?

8. Plant die Bundesregierung, die Rohdaten des Breitbandatlas der Bundesre-
gierung als offene Daten – im Sinne der zivilgesellschaftlichen Open-Data-
Initiativen – über eine offene Schnittstelle (API) abfragbar zu machen?

Wenn ja, wie und in welchem Zeitraum?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4211

9. Wie kommen die Daten des Breitbandatlas der Bundesregierung zustande?

Wie überprüft die Bundesregierung die Eingabe und Pflege der Datensätze
durch die Unternehmen, und erachtet die Bundesregierung diesen Atlas als
objektives und geeignetes Mittel, um den Breitbandausbau in Deutschland
zu bewerten und zu beschleunigen?

10. Gibt es von Seiten der Bundesregierung Überlegungen, die erheblich
variierenden Einschätzungen des derzeitigen Standes des Breitbandausbaus
in Deutschland durch eigene Erhebungen zu überprüfen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Messmethoden sollen hierbei zum Einsatz kommen?

11. Ist der Bundesregierung die im November 2010 vom „ZEITmagazin“ ver-
öffentlichte Landkarte bekannt, auf der in den einzelnen Bundesländern die
Anzahl der Gemeinden genannt wurde, in denen nur 0 bis 10 Prozent aller
Haushalte ein schneller Breitbandzugang von über 1 Megabit pro Sekunde
zur Verfügung steht?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die dort dargestellte Lage, und
wie sind diese mit Aussagen von Mitgliedern der Bundesregierung, dass es
Ende des Jahres wohl noch „ein paar kleine Orte“ geben werde, die nicht
ans Breitbandnetz angeschlossen seien, zu vereinbaren?

12. Ist der Bundesregierung die vor kurzem vorgelegte Studie des Netz-
werkspezialisten Cisco, der Saïd Business School der Oxford University
und der Universität von Oviedo (http://newsroom.cisco.com/dlls/2010/
prod_101710.html) bekannt, wonach derzeit nur circa 66 Prozent der Haus-
halte in Deutschland über einen Breitbandinternetanschluss verfügen?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die dort gemachten Aussagen
auch vor dem Hintergrund der Aussagen von Mitgliedern der Bundesregie-
rung?

13. Warum hat die Bundesregierung ihr selbst gestecktes Ziel, bis spätestens
Ende 2010 flächendeckend Breitbandanschlüsse von 1 Megabit pro
Sekunde anzubieten, nicht erreicht – obwohl sie an diesem Ziel noch im
März dieses Jahres in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/935) festgehalten hat?

14. Mit welchen finanziellen und regulatorischen Mitteln will die Bundes-
regierung erreichen, bis 2015 für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit
Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung
zu stellen?

15. Wie will die Bundesregierung den Anforderungen einer Informations- und
Wissensgesellschaft gerecht werden, wenn nach einer aktuellen OECD-
Studie der Glasfaseranteil in Deutschland bei nur 1 Prozent liegt (OECD
Broadband Percentage of fibre connections in total broadband, (June 2010;
im Internet abrufbar unter www.oecd.org/document/54/0,3343,en_2649
_34225_38690102_1_1_1_37441,00.html)?

Wie wird die Bundesregierung gewährleisten, dass der Breitbandausbau auf
Glasfaserbasis flächendeckend erfolgt und sog. Next Generation Networks
in ganz Deutschland verfügbar sind?

Welche staatlichen Maßnahmen sind vorgesehen, um die absehbaren Ver-
sorgungslücken zu schließen, die nicht durch den Wettbewerb der Zugangs-
anbieter abgedeckt werden?

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16. Versteht die Bundesregierung den Zugang zu breitbandigem Internet als
Teil der Daseinsvorsorge?

Welcher Versorgungsstandard soll in Zukunft nach Meinung der Bundes-
regierung die „flächendeckend angemessenen und ausreichenden Dienst-
leistungen“ in der Telekommunikation (Artikel 87f Absatz 1 des Grund-
gesetzes) adäquat gewährleisten (bitte tabellarisch mit Angabe der
Flächenabdeckung in Megabit pro Sekunde für die Jahre 2012 und 2015
aufschlüsseln)?

17. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass der staatlich geförderte
Breitbandausbau den Prinzipien der Netzneutralität, also dem gleichberech-
tigten, diskriminierungsfreien, transparenten Transport von Datenpaketen
im Internet, folgt?

18. Wie gedenkt die Bundesregierung das Mindestniveau der Dienstequalität an
Breitbandgrößen (§ 43a TKG-E) und die Parameter für die Dienstequalität
(§ 45o TKG-E) zu definieren?

Nach welchen objektiven, für die Zivilgesellschaft transparenten Kriterien
soll hier das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bzw. die
Bundesnetzagentur vorgehen?

19. Beurteilt die Bundesregierung den in der Universaldienstrichtlinie (2002/
22/EG) neu eingefügten Erwägungsgrund 5 dahingehend, dass dieser auch
für Datendienste gelten kann?

Berlin, den 14. Dezember 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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