Vom 1. Dezember 2010
Deutscher Bundestag Drucksache 17/4084
17. Wahlperiode 01. 12. 2010
Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Dr. Martina
Bunge, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Jutta Krellmann, Katja Kipping, Cornelia
Möhring, Yvonne Ploetz, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.
zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/3404, 17/4032 –
Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
Der Bundestag wolle beschließen:
In Artikel 1 – Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch – wird § 8 (Regelbedarfsstufen) wie folgt geändert:
1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 3 wird aufgehoben.
b) Die bisherigen Nummern 4 bis 6 werden die Nummern 3 bis 5.
2. In Absatz 2 werden nach der Angabe „Absatz 1“ die Wörter „Nummer 4
bis 6“ durch die Wörter „Nummer 3 bis 5“ ersetzt.
Berlin, den 30. November 2010
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
Mit der neuen Regelbedarfsstufe 3 wird im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
(SGB XII) der Regelsatz für erwachsene Personen, die keinen eigenen Haushalt
führen, weil sie in einem Haushalt mit anderen leistungsberechtigten erwach-
senen Personen leben, um mehr als 70 Euro gekürzt. Betroffen sind von dieser
Regelung insbesondere Menschen mit Behinderung, die bei ihren Eltern leben
sowie Menschen in Einrichtungen.
In der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis steht über 25-jährigen Menschen,
die in einem Haushalt mit anderen erwachsenen Leistungsberechtigten leben,
analog zu den Regelungen im SGB II ein Regelsatz von 100 Prozent zu. Eine
Drucksache 17/4084 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
vom SGB II abweichende Praxis wurde in einer Entscheidung des Bundes-
sozialgerichts vom 19. Mai 2009 mit der Begründung verworfen, dass für eine
andere Praxis als im SGB II kein sachlicher Grund erkennbar sei (Bundes-
sozialgericht B 8 SO 8/08/ R). Ungeachtet dessen legt die neue Regelbedarfs-
stufe 3 den Bedarf auf 291 Euro fest. Diese Rechtsprechung wird damit durch
das vorliegende Gesetz revidiert. Die Unterstützung wird für die leistungs-
berechtigten Personen von 100 Prozent auf 80 Prozent des Regelsatzes für
Alleinstehende gedrückt – dies bedeutet eine drastische Kürzung von mehr als
70 Euro. Eine überzeugende Begründung für die Kürzung ist dem Gesetz-
entwurf nicht zu entnehmen.
Auf eine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstich-
probe zur Begründung einer neuen eigenständigen Regelbedarfsstufe wurde ver-
zichtet. Insofern trifft hier zusätzlich die Kritik des Bundesverfassungsgerichts
vom 9. Februar 2010, nach der freihändige Festsetzungen sowie Schätzungen
ins Blaue unzulässig sind.