BT-Drucksache 17/3411

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts

Vom 26. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3411
17. Wahlperiode 26. 10. 2010

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Kai Gehring, Volker Beck
(Köln), Ingrid Hönlinger, Jerzy Montag, Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts

A. Problem

Unsere Demokratie erfordert, dass die dauerhaft in Deutschland lebenden Men-
schen als Staatsbürgerinnen und -bürger die gleichen Rechte und Pflichten wahr-
nehmen können. Diesem Interesse wird das geltende Staatsangehörigkeitsrecht
nicht gerecht. Nach wie vor ist ein zu großer Teil der dauerhaft und seit vielen
Jahren in Deutschland lebenden Bevölkerung von den staatsbürgerlichen Rech-
ten, insbesondere dem Wahlrecht, ausgeschlossen. In den vergangenen Jahren ist
die ohnehin niedrige Zahl der Einbürgerungen sogar noch zurückgegangen. Um
das Demokratiedefizit zu beheben, ist es notwendig, die Regelungen über den
Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu verbessern.

B. Lösung

Vereinfachungen beim Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland
(Verkürzung der erforderlichen Aufenthaltszeit eines Elternteils und Wegfall der
so genannten Optionsregelung) und bei der Einbürgerung (Verkürzung der erfor-
derlichen Aufenthaltszeit, Hinnahme von Mehrstaatigkeit, Vereinfachungen der
Einbürgerung von Minderjährigen und Älteren).

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Die Regelungen des Entwurfs sind überwiegend kostenneutral und teilweise so-
gar kostensparend. Zu Kosteneinsparungen, die nicht genauer quantifiziert wer-
den können, führen etwa Vereinfachungen des behördlichen Prüfprogramms
z. B. bei der Aufgabe der Prüfung des Grundsatzes der Vermeidung von Mehr-

staatigkeit, der Regelung über die Verbindlichkeit der Einbürgerungszusiche-
rung sowie bei der Aufgabe des Einbürgerungstests.

bb) Nach dem Wort „Ehe“ werden die Wörter „oder
Nummer 6 wird abgesehen, wenn der Ausländer
eingetragene Lebenspartnerschaft“ eingefügt.

3. § 10 wird wie folgt geändert: 1. diese Voraussetzung wegen einer körperli-
chen, geistigen oder seelischen Krankheit
Drucksache 17/3411 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Das Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetz-
blatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten
bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des
Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 158), wird wie
folgt geändert:

1. § 4 Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländi-
scher Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein
Elternteil

1. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat
und

a) ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staats-
angehöriger der Schweiz oder dessen Familien-
angehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund
des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der
Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied-
staaten einerseits und der Schweizerischen Eid-
genossenschaft andererseits über die Freizügigkeit
(BGBl. 2001 II S. 810) besitzt oder

b) über einen von einer deutschen Stelle ausgestellten
Reiseausweis nach Artikel 28 des Übereinkom-
mens über die Rechtsstellung der Staatenlosen
(BGBl. 1976 II S. 473) verfügt und das Kind an-
sonsten staatenlos wäre oder

2. seit sechs Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Inland hat und eine Aufenthaltserlaub-
nis besitzt.“

2. § 9 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 1 wird aufgehoben.

bb) In Nummer 2 wird die Angabe „2.“ gestrichen
und der letzte Satzteil wie folgt gefasst:

„es sei denn, dass sie sich nicht im Alltagsleben
mündlich verständigen können und kein Ausnah-
megrund nach § 10 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1
vorliegt.“

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach dem Wort „Ehegatten“ werden die Wörter
„,oder Lebenspartners“ eingefügt.

aaa) Das Wort „acht“ wird durch das Wort
„sechs“ ersetzt.

bbb) In Nummer 2 werden die Wörter „§§ 16,
17, 20, 22, 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 und 25
Abs. 3 bis 5“ durch die Wörter „§§ 16, 17,
20, 24 und 25 Absatz 4 Satz 1 und Ab-
satz 4a“ ersetzt.

ccc) Nummer 4 wird aufgehoben.

ddd) Nummer 7 wird aufgehoben.

bb) In Satz 2 werden die Wörter „und 7“ gestrichen
und folgender Satz angefügt:

„Für Ausländer, die sich in einer schulischen oder
beruflichen Ausbildung befinden oder eine sol-
che abgeschlossen und das 23. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben, gilt Satz 1 Nummer 3
nicht.“ Die Inanspruchnahme von Grundsiche-
rung im Alter nach dem Vierten Kapitel des
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist für die Vo-
raussetzung nach Satz 1 Nummer 3 unschädlich.“

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach dem Wort „Ehegatte“ werden die Wörter
„oder Lebenspartner“ eingefügt.

bb) Das Wort „können“ wird durch das Wort „sollen“
ersetzt.

cc) Das Wort „acht“ wird durch das Wort „sechs“ er-
setzt und folgender Satz angefügt:

„Bei der Einbürgerung des Ehegatten oder Le-
benspartners ist in der Regel eine Dauer des Auf-
enthaltes im Inland von drei Jahren erforderlich.“

c) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird das Wort „sieben“ durch das Wort
„fünf“ ersetzt.

bb) In Satz 2 wird das Wort „sechs“ durch das Wort
„vier“ ersetzt und folgender Satz angefügt:

„Bei Ausländern, die über einen Reiseausweis
nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli
1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
(BGBl. 1953 II S. 559) oder nach Artikel 28 des
Übereinkommens über die Rechtsstellung der
Staatenlosen vom 28. September 1954 (BGBl.
1976 II S. 473) verfügen, verkürzt sich die für die
Einbürgerung erforderliche Aufenthaltszeit um
zwei Jahre.“

d) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Von der Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:

oder Behinderung nicht erfüllen kann oder

2. das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3411

bb) Die folgenden Sätze 3 und 4 werden angefügt:

„Zur Vermeidung einer Härte kann von dieser
Voraussetzung ganz oder teilweise abgesehen
werden. Bei Ausländern, die sich mindestens
15 Jahre in Deutschland aufgehalten und das
54. Lebensjahr vollendet haben, reicht es aus,
wenn sie sich im Alltagsleben mündlich ver-
ständigen können.“

e) Die Absätze 5 bis 7 werden aufgehoben.

4. § 12 wird aufgehoben.

5. § 12a wird § 12.

6. § 12b wird § 12a und folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Zum gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt im
Sinne dieses Gesetzes zählen insbesondere alle Zeiten,
in denen der Ausländer im Besitz einer Aufenthalts-
erlaubnis, Aufenthaltsbewilligung, Aufenthaltsbefug-
nis, Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltsgestattung
oder Duldung war.“

7. § 17 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Die Nummern 2, 4 und 6 werden aufgehoben.

bb) Nummer 5 wird Nummer 3 und das Komma
wird durch das Wort „oder“ ersetzt.

b) In Absatz 2 wird die Angabe „7“ durch die Anga-
be „4“ ersetzt.

8. § 25 wird aufgehoben.

9. § 27 wird aufgehoben.

10. § 29 wird aufgehoben.

11. Die §§ 33 und 34 werden aufgehoben.

12. In § 35 Absatz 4 wird das Wort „Vergangenheit“ durch
das Wort „Zukunft“ ersetzt.

13. § 38 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Folgender Satz 3 wird eingefügt:

„Für Personen, die sich in der schulischen oder
beruflichen Ausbildung befinden, ist die Ein-
bürgerung gebührenfrei; für Personen, die sich
seit mindestens 15 Jahren in Deutschland auf-
gehalten und das 54. Lebensjahr vollendet ha-
ben, ermäßigt sich die Gebühr auf 100 Euro.“

bb) In Satz 4 werden die Wörter „nach § 29 Absatz 6
und“ gestrichen und die Wörter „sowie die Er-
teilung der Beibehaltungsgenehmigung nach
§ 29 Absatz 4 sind“ durch das Wort „ist“ er-
setzt.

b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

In Satz 2 werden nach dem Wort „Entlassung“ die

Artikel 2

Änderung des Asylverfahrensgesetzes

Das Asylverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch
Artikel 18 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I
S. 2586) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

In § 73 Absatz 2c werden die folgenden Sätze 1 und 2 vor-
angestellt:

„Auf Anfrage einer Einbürgerungsbehörde, ob mit einem
Wegfall der in Absatz 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen
zu rechnen ist, ist mitzuteilen, ob zum Zeitpunkt der Anfrage
ein Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren anhängig ist. Die
Anfrage soll nicht zum Anlass genommen werden, ein sol-
ches Verfahren einzuleiten.“

Artikel 3

Änderung des Passgesetzes

Das Passgesetz vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), das
zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 26. Februar 2008
(BGBl. I S. 215) geändert worden ist, wird wie folgt geän-
dert:

1. § 5 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 5 wird aufgehoben.

b) Absatz 6 wird Absatz 5.

2. In § 21 Absatz 2 wird am Ende der Nummer 15 das Kom-
ma durch einen Punkt ersetzt und Nummer 16 aufgeho-
ben.

Artikel 4

Änderung des Gesetzes über Personalausweise

Das Personalausweisgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 21. April 1986 (BGBl. I S. 548), das zuletzt
durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (BGBl. I
S. 1566) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 2 Absatz 1a wird aufgehoben.

2. In § 2a wird das Komma am Ende der Nummer 4 durch
einen Punkt ersetzt und Nummer 5 aufgehoben.

Artikel 5

Änderung des Melderechtsrahmengesetzes

Das Melderechtsrahmengesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 19. April 2002 (BGBl. I S. 1342), das
zuletzt durch Artikel 26b des Gesetzes vom 20. Dezember
2007 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist, wird wie folgt
geändert:

§ 2 wird wie folgt geändert:
Wörter „51 Euro, für die Beibehaltungsgenehmi-
gung 255 Euro“ gestrichen.

a) In Absatz 2 wird die Nummer 4 aufgehoben.

b) Die Nummern 5 bis 8 werden die Nummern 4 bis 7.

Drucksache 17/3411 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Artikel 6

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 26. Oktober 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Gruppen (Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlings- Der Entwurf schlägt damit insgesamt an einer Reihe von

konvention, Staatenlose) – verankert. Im Bereich der
Staatenlosigkeit sieht der Entwurf darüber hinaus eine
Reihe von Regeln vor, die – entsprechend der internatio-

Stellen die notwendigen Problemlösungen im Staatsangehö-
rigkeitsrecht vor. Mit diesen Änderungen sind jedoch nicht
alle Probleme zu lösen. Es bedarf auch einer vernünftigen,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/3411

Begründung

A. Allgemeines

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes durch die
rot-grüne Koalition im Jahr 2000 war ein entscheidender ge-
sellschaftspolitischer Fortschritt, mit dem das Recht an die
elementaren Notwendigkeiten eines Einwanderungslandes
angepasst wurde. Diese Errungenschaften wurden durch das
Richtlinienumsetzungsgesetz vom 29. August 2007 teilwei-
se wieder zurück genommen und die Einbürgerung er-
schwert. Von den bundesweit etwa 6,7 Millionen Menschen
mit ausländischer Staatsangehörigkeit leben fast 5 Millionen
seit mehr als acht Jahren in Deutschland und erfüllen somit
eine der wesentlichen Einbürgerungsvoraussetzungen. Den-
noch erlangen pro Jahr nur rund 90 000 Personen die deut-
sche Staatsangehörigkeit. Seit 2004 sind die Einbürgerungs-
zahlen sogar um rund ein Fünftel zurückgegangen.

Der Rückgang der bereits niedrigen Zahl der Einbürgerun-
gen zeigt, dass die Hürden für die Einbürgerungen zu hoch
sind und das Einbürgerungsverfahren vereinfacht werden
muss. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein großer Teil der Ge-
sellschaft von der aktiven Partizipation durch Wahlen und
Abstimmungen ausgeschlossen ist sowie von elementaren
Bürgerrechten wie beispielsweise der Berufs- und Versamm-
lungsfreiheit. Ziel des Gesetzentwurfes ist daher eine wei-
testgehende Angleichung von Wohn- und Wahlbevölkerung.

Kernbestandteile des vorliegenden Reformvorschlages sind
folgende Punkte:

● Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im In-
land (Geburtsrecht) wird ausgebaut. Dabei wird auf das
sogenannte Optionsmodell verzichtet, das die Betroffe-
nen zwingt, sich mit der Volljährigkeit für eine Staatsan-
gehörigkeit zu entscheiden. Grund hierfür ist zum einen,
dass es integrationspolitisch kontraproduktiv ist, Men-
schen, die von ihrer Geburt an Teil dieser Gesellschaft
sind, dazu zu zwingen, mit ihrer Volljährigkeit eine ihre
Zugehörigkeit in Frage stellende Entscheidung zu treffen.
Zum anderen ist die Optionsregelung auch unter dem Ge-
sichtspunkt der Gleichbehandlung problematisch. Denn
bei anderen Staatsangehörigen, die sich in einer ver-
gleichbaren Situation befinden (z. B. Kinder, die aus bi-
nationalen Partnerschaften stammen sowie Kinder von
Staatsangehörigen aus der Europäischen Union), gibt es
eine derartig bedingte Staatsangehörigkeit faktisch nicht.
Begünstigt werden auch Kinder von staatenlosen Eltern,
die ansonsten staatenlos wären. Darüber hinaus sollen in
Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern be-
reits dann die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben,
wenn ein Elternteil seit sechs Jahren rechtmäßig seinen
gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

● Die Fristen für die Einbürgerung werden verkürzt. Dabei
werden auch neue Ansprüche – insbesondere für staats-
angehörigkeitsrechtlich besonders schutzbedürftige

● Der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit ist
– angesichts oft bürokratischer Entlassungsverfahren
und emotionaler Bindungen gerade älterer Ausländerin-
nen und Ausländer an das Herkunftsland – immer noch
ein wesentlicher Grund dafür, dass die Einbürgerungs-
quote niedrig ist. Eine nachvollziehbare Begründung, an
dem Verbot der Mehrstaatigkeit festzuhalten, gibt es
nicht. Der Grundsatz wird daher aufgehoben.

● Die Pflicht, den Lebensunterhalt eigenständig zu sichern,
wird für bestimmte Personengruppen aufgehoben. So
werden unter 23-Jährige hiervon ausgenommen, die sich
in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befin-
den oder eine solche abgeschlossen haben. Ebenso unter-
bleibt eine Prüfung bei Rentnerinnen und Rentnern, die
Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen. Diese Personen
haben während ihres langjährigen Aufenthalts in
Deutschland über viele Jahre Beiträge in unsere Sozial-
versicherungssysteme eingezahlt und dürfen wegen ihrer
oft bescheidenen Rente nicht gegenüber den jüngeren
Migrantengenerationen benachteiligt werden.

● Die Ausnahmen zur Pflicht, ausreichende Deutschkennt-
nisse nachzuweisen, werden für bestimmte Personen-
gruppen ausgebaut. Der vorliegende Entwurf befreit un-
ter Vierzehnjährige von der Pflicht zur Sprachprüfung. Es
ist wenig sinnvoll, Kinder, die noch die deutsche Schule
besuchen, im Einbürgerungsverfahren gesonderten Prü-
fungen zu unterwerfen. Weiterhin wird eine Härtefall-
regelung vorgesehen, die es z. B. erlaubt, bei Analphabe-
ten von der Prüfung schriftlicher Sprachkenntnisse
abzusehen. Schließlich sieht der Entwurf eine Regelung
vor, die insbesondere die erste Migrantengeneration be-
günstigt. Gerade bei älteren Personen, die sich schon sehr
lange in Deutschland aufhalten, ist es nachvollziehbar,
wenn ein Test von ihnen als abschreckendes Hindernis
empfunden wird. Der Regelungsvorschlag sieht daher
vor, dass Personen, die das 54. Lebensjahr vollendet
haben und die sich 15 Jahre in Deutschland aufgehalten
haben, keine Sprachprüfung ablegen müssen.

● Der durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 einge-
führte sogenannte Einbürgerungstest wird aufgehoben.
Die Durchführung von Prüfungen in Staatsbürgerkunde
hat gerade auch für die erste Generation abschreckende
Wirkung. Das abgefragte Wissen ist kein Indikator für
den Grad an Integration. Getestet wird de facto nur, ob
eine Person intellektuell in der Lage ist, gelerntes Wissen
korrekt wiederzugeben. Die sozial selektierende Wir-
kung wird dabei noch dadurch verschärft, dass die Be-
troffenen die Kosten – neben den nicht unerheblichen
Gebühren für die Einbürgerung – zu tragen haben. Für
die Behörden bedeutet die Durchführung des Einbürge-
rungstests einen unnützen Verwaltungsaufwand.
nal anerkannten Zielrichtung – zu ihrer Beseitigung bei-
tragen und ihre Entstehung verhindern.

einheitlichen und den gesetzlichen Regelungen entsprechen-
den Verwaltungspraxis. Insoweit ist darauf hinzuweisen,

Drucksache 17/3411 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dass die Verwaltungspraxis nicht in allen Bundesländern die-
sen Grundsätzen entspricht.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Staatsangehörigkeits-
gesetzes – StAG –)

Zu Nummer 1 (§ 4 Absatz 3 Satz 1 StAG)

Die Regeln über den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch
Geburt im Inland werden modifiziert.

Bisher war vorgesehen, dass Kinder von Drittstaatsangehö-
rigen die deutsche Staatsangehörigkeit grundsätzlich nur
dann mit Geburt erwerben, wenn ein Elternteil ein unbefris-
tetes Aufenthaltsrecht besitzt und sich acht Jahre in Deutsch-
land aufgehalten hat. Nach dem neuen § 4 Absatz 3 Num-
mer 1 wird bei Personen, die ein unbefristetes Aufenthalts-
recht haben, auf eine Mindestaufenthaltsdauer verzichtet.
Hierfür spricht, dass es sich bei der Regelung oftmals um
Unionsbürger handelt. Angesichts des Zusammenwachsens
Europas, das auch staatsangehörigkeitsrechtliche Abgren-
zungsprobleme zunehmend minimiert, kann bei den in
Deutschland geborenen Kindern dieser Gruppe auf die Min-
destaufenthaltsdauer verzichtet werden. Ein weiterer Groß-
teil der Personen, die von der Regelung erfasst werden, sind
im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Bei ihnen liegt
ohnehin regelmäßig eine Aufenthaltszeit von acht Jahren
vor. Die Prüfung der Mindestaufenthaltsdauer bedeutet da-
her in der Mehrzahl der Fälle einen unnötigen Verwaltungs-
aufwand, so dass das kumulative Vorliegen der Vorausset-
zungen nicht sinnvoll ist.

§ 4 Absatz 3 Nummer 2 StAG begünstigt Kinder, die ohne
den Geburtserwerb staatenlos blieben. Das Übereinkommen
zur Verminderung der Staatenlosigkeit gibt als Ziel vor,
Staatenlosigkeit gerade bei Kindern zu vermeiden. Insoweit
eröffnet es den Staaten die Option, dieses Ziel durch Regeln
über den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im
Inland oder durch besondere Einbürgerungsansprüche zu
verfolgen. Da das deutsche Recht seit der Reform des Staats-
angehörigkeitsrechtes auch Elemente des Geburtsrechtes
enthält, ist es mithin konsequent, das Geburtsrecht auch in
Deutschland geborenen Kindern zu verleihen, die ansonsten
staatenlos wären.

Nach § 4 Absatz 3 Nummer 3 StAG erhalten Kinder per
Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
seit mindestens sechs Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnli-
chen Aufenthalt im Inland hat. Damit soll vermieden wer-
den, dass Kinder von Personen benachteiligt werden, die
zwar seit vielen Jahren hier ihren Lebensmittelpunkt haben,
aber etwa wegen mangelnder eigenständiger Lebensunter-
haltssicherung eine Niederlassungserlaubnis nicht erhalten.
Kindern wegen der Erwerbsunfähigkeit ihrer Eltern die deut-
sche Staatsangehörigkeit vorzuenthalten, entspricht nicht
einer an Menschenrechten und dem Gleichheitsgedanken
orientierten Einbürgerungspolitik.

Zu Nummer 2 (§ 9 StAG)

Zu Buchstabe a (§ 9 Absatz 1, erster Halbsatz)

Zu den Doppelbuchstaben aa und bb (§ 9 Absatz 1
Nummer 1 und 2)

(§ 9 Absatz 1, zweiter Halbsatz)

Das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 hat den Regel-
anspruch auf Einbürgerung der Ehegatten Deutscher durch
die Forderung nach „ausreichenden“ Deutschkenntnissen zu
stark beschränkt. Es ist einhellige Meinung, dass das Zusam-
menleben mit deutschen Staatsangehörigen eine besondere
Integrationskraft entfaltet, so dass eine frühzeitige Einbür-
gerung erfolgen kann. In der Praxis werden Ehegatten regel-
mäßig bereits nach drei Jahren eingebürgert. Wenn eine so
frühzeitige Einbürgerung wünschenswert ist, sollte aber
auch das Maß der verlangten Sprachkenntnisse, das häufig
am Anfang noch geringer ist, reduziert bleiben. Deshalb
schlägt der Gesetzentwurf hier einen abgesenkten Maßstab
vor.

Zu Buchstabe b (§ 9 Absatz 2 StAG)

Zu Doppelbuchstabe aa

Um Lebenspartnerschaften Ehen gleichzustellen und um
Wertungswidersprüche zu Absatz 1 zu beheben, werden Le-
benspartner in die Regelung miteinbezogen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Eingetragene Lebenspartnerschaften werden der Ehe gleich-
gestellt.

Zu Nummer 3 (§ 10 StAG)

Es wird eine Reihe von Änderungen bei der Anspruchsein-
bürgerung vorgenommen.

Zu Buchstabe a (§ 10 Absatz 1 Satz 1StAG)

Zu Doppelbuchstabe aa

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Die generelle Frist für die Anspruchseinbürgerung wird um
zwei Jahre verkürzt.

Zu Dreifachbuchstabe bbb (§ 10 Absatz 1 Satz 1
Nummer 2 StAG)

Der Ausschluss von Ausländerinnen und Ausländern mit hu-
manitärem Aufenthaltsrecht wird auf diejenigen Gruppen
beschränkt, bei denen hierfür sachliche Gründe bestehen.
Bisher waren z. B. von der Anspruchseinbürgerung Perso-
nen, die Schutz nach der Europäischen Menschenrechtskon-
vention genießen, ausgenommen. Dies war ebenso wenig
sinnvoll, wie die generelle Ausnahme für den Bereich der
§§ 22, 23 Absatz 1, §§ 23a, 25 Absatz 4 und 5 des Aufent-
haltsgesetzes (AufenthG), da sich diese Personengruppen
regelmäßig längerfristig in Deutschland aufhalten. Auch sie
müssen daher möglichst frühzeitig die Chance haben, sich
durch eine Einbürgerung zu integrieren. Nur für die Per-
sonengruppen des § 25 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 4a
AufenthG ist mithin eine Ausnahme angezeigt, da nur sie
sich „vorübergehend“ in Deutschland aufhalten.

Zu Dreifachbuchstabe ccc (§ 10 Absatz 1 Satz 1
Nummer 4 StAG)

Ein leitendes Prinzip im deutschen Staatsangehörigkeits-

Die Änderungen ergeben sich aus der Aufhebung des Grund-
satzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit.

recht war bislang, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Dieser
Grundsatz ist jedoch, angesichts oft bürokratischer Entlas-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/3411

sungsverfahren und emotionaler Bindungen gerade älterer
Ausländerinnen und Ausländer an das Herkunftsland, ein
wesentlicher Grund für die niedrige Einbürgerungsquote.
Zahlreiche Untersuchungen haben bestätigt, dass, wenn aus-
ländische Staatsangehörige ihre bisherige Staatsangehörig-
keit behalten dürfen, die Bereitschaft zur Einbürgerung um
ein Vielfaches steigt. Der Gesetzentwurf schreibt daher die
Hinnahme von Mehrstaatigkeit gesetzlich fest.

Bereits heute gibt es in § 12 StAG eine Vielzahl von Ausnah-
meregelungen, die dazu führen, dass in der Praxis bei mehr
als der Hälfte aller Einbürgerungen Mehrstaatigkeit hinge-
nommen wird (in 2008 bei 52,9 Prozent der Einbürgerun-
gen). In absehbarer Zeit wird die Mehrstaatigkeit in unserer
globalen Gesellschaft keine Ausnahme mehr, sondern die
Regel sein. Angesichts der umfangreichen Ausnahmerege-
lungen ist die Benachteiligung einzelner Personengruppen in
Bezug auf den Gleichheitssatz problematisch. Dies gilt erst
Recht seitdem Staatsangehörige von Mitgliedstaaten aus der
Europäischen Union einen Anspruch auf Beibehaltung ihrer
ausländischen Staatsangehörigkeit haben. Mit der vorge-
schlagenen Änderung würde das deutsche Recht sich an die
Rechtsordnungen der anderen europäischen Staaten anglei-
chen. Denn für die meisten europäischen Staaten stellt die
Mehrstaatigkeit kein Problem dar.

Eine nachvollziehbare Begründung, an dem Verbot der
Mehrstaatigkeit festzuhalten, gibt es nicht. Mehrstaatigkeit
verursacht keine rechtlichen Probleme. Rechtliche Schwie-
rigkeiten im Bereich der Wehrpflicht, des internationalen
Privatrechts, des diplomatischen Schutzes, des Steuerrechts
sowie des Minderheitenschutzes wurden durch gesetzliche
Regelungen bereits beseitigt. So ist etwa in Artikel 21 des
Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit
vom 6. November 1997 geregelt, dass ein Mehrstaater seine
Wehrpflicht nur gegenüber einem Staat erfüllen braucht, im
welchem Staat er dies tun kann und welche Auswirkungen
dies in Bezug auf den anderen Staat hat.

Zu Dreifachbuchstabe ddd (§ 10 Absatz 1 Satz 1
Nummer 7 StAG)

Der so genannte Einbürgerungstest wirkt abschreckend und
ist integrationspolitisch überflüssig. Die Durchführung von
Prüfungen in Staatsbürgerkunde dürfte gerade auch für die
erste Generation abschreckende Wirkungen haben. Durch
den Einbürgerungstest kann nicht festgestellt werden, in wie
weit die Betroffenen in Deutschland integriert sind. Getestet
wird de facto nur, ob sie intellektuell in der Lage sind, ge-
lerntes Wissen korrekt wiederzugeben. Die sozial selektie-
rende Wirkung wird dabei noch dadurch verschärft, dass die
Betroffenen die Kosten – neben den nicht unerheblichen Ge-
bühren für die Einbürgerung – zu tragen haben. Für die Be-
hörden bedeutet die Durchführung des Einbürgerungstests
einen unnützen Verwaltungsaufwand. Die durch das Richt-
linienumsetzungsgesetz 2007 eingeführte Anforderung wird
daher wieder aufgehoben.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 10 Absatz 1 Satz 2 StAG)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung wegen
des Wegfalls der Nummer 7.

(§ 10 Absatz 1 StAG)

unterhaltssicherung zu Unrecht beseitigt. Die wirtschaft-
lichen Schwierigkeiten dieser jungen Menschen hat die
Gesellschaft mit zu verantworten und mit sozialpolitischen
und bildungspolitischen Mitteln zu lösen.

Darüber hinaus dürfen Personen, die während ihres langjäh-
rigen Aufenthalts über viele Jahre Beiträge in unsere Sozial-
versicherungssysteme eingezahlt haben, nicht wegen ihrer
oft bescheidenen Rente gegenüber den jüngeren Migranten-
generationen benachteiligt werden, so dass der Bezug von
Grundsicherung im Alter gemäß SGB XII für den Einbürge-
rungsanspruch unschädlich ist.

Die Prüfung des Merkmals Lebensunterhaltssicherung ist in
der Mehrzahl der Fälle bei beiden privilegierten Personen-
gruppen, die noch nicht oder nicht mehr beruflich tätig sind,
eine unnötige bürokratische Belastung. Es wird sich ohnehin
herausstellen, dass sie einen etwaigen Bezug von staatlichen
Sozialleistungen nicht zu vertreten haben.

Zu Buchstabe b (§ 10 Absatz 2 StAG)

Zu Doppelbuchstabe aa

Aus Gleichstellungsgründen werden Lebenspartner in die
Regelung einbezogen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Kindern und Ehegatten/Lebenspartnern wird ein Regelan-
spruch („sollen“) auf Miteinbürgerung eingeräumt, wie er
auch für Ehegatten/Lebenspartner von Deutschen besteht
(vgl. § 9 StAG). Nur in atypischen Fällen besteht der An-
spruch nicht. Dies wird etwa der Fall sein, wenn die Betrof-
fenen sich getrennt haben.

Zu Doppelbuchstabe cc

Es handelt sich um eine Folgeänderung wegen der Verkür-
zung der erforderlichen Aufenthaltszeit für die Anspruchs-
einbürgerung.

Wie in der praktischen Anwendung des § 9 StAG wird bei
Ehegatten/Lebenspartnern eine Mindestaufenthaltszeit von
drei Jahren verlangt.

Zu Buchstabe c (§ 10 Absatz 3 StAG)

Auch hier werden die Fristen für die Einbürgerung verkürzt.
Durch § 10 Absatz 3 Satz 3 werden dabei besonders schutz-
bedürftige Gruppen begünstigt. Das Abkommen über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge (Artikel 34) und das Über-
einkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen (Arti-
kel 32) sehen vor, dass die Einbürgerung der begünstigten
Gruppen „soweit wie möglich“ erleichtert wird. Deshalb er-
halten diese Gruppen einen Anspruch auf Einbürgerung be-
reits nach vier Jahren.

Zu Buchstabe d (§ 10 Absatz 4 StAG)

Der geänderte Absatz enthält Ausnahmen von den allgemein
geltenden Sprachanforderungen. Nur die hier in § 10 Absatz 4
Satz 2 Nummer 1 StAG vorgesehene Ausnahme ist dabei im
geltenden Recht enthalten (vgl. § 10 Absatz 6 StAG). Ergän-
zend befreit der vorliegende Entwurf auch Kinder von der
Pflicht zur Sprachprüfung. Es ist wenig sinnvoll, Kinder, die
Das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 hat die Privilegie-
rung junger Ausländerinnen und Ausländer bei der Lebens-

noch die deutsche Schule besuchen, im Einbürgerungsver-
fahren gesonderten Prüfungen zu unterwerfen. Deshalb wird

Drucksache 17/3411 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

auf eine Prüfung der Sprachkenntnisse bei unter Vierzehn-
jährigen verzichtet.

Weiterhin wird eine Härtefallregelung vorgesehen, die es
z. B. erlaubt, bei Analphabeten von der Prüfung schriftlicher
Sprachkenntnisse abzusehen.

Schließlich sieht der Entwurf eine Regelung vor, die insbe-
sondere die erste Migrantengeneration begünstigt. Gerade
bei älteren Personen, die sich schon sehr lange in Deutsch-
land aufhalten, ist es nachvollziehbar, wenn ein Test von
ihnen als abschreckendes Hindernis empfunden wird. Aus
diesem Grunde sehen auch andere Einwanderungsländer für
ältere Eingewanderte teilweise Begünstigungen vor. Der
Regelungsvorschlag sieht daher vor, dass Personen, die das
54. Lebensjahr vollendet haben und die sich 15 Jahre in
Deutschland aufgehalten haben, keine Sprachprüfung able-
gen müssen. Denn das nun von ihnen verlangte Maß an
Sprachkenntnissen kann im Gespräch über den Einbürge-
rungsantrag bei der Einbürgerungsbehörde festgestellt wer-
den.

Zu Buchstabe e (§ 10 Absatz 5, 6 und 7 StAG)

Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Aufhebung
der Nummer 7 des § 10 Absatz 1. Die Regelung des Absat-
zes 6 findet sich nunmehr in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1.

Zu Nummer 4 (§ 12 StAG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung wegen der Aufhe-
bung des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit
(§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StAG).

Zu Nummer 5 (§ 12a StAG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung wegen der Aufhe-
bung des § 12 StAG.

Zu Nummer 6 (§ 12b StAG)

Die neue Nummerierung ist eine Folgeänderung wegen der
Aufhebung des § 12a StAG.

Überdies stellt die Regelung in Absatz 4 klar, dass alle ge-
nannten Zeiten für eine Einbürgerung relevant sind, da sie
ausnahmslos zur Integration beitragen. Dies gilt ausdrück-
lich auch für Zeiten im Besitz einer Aufenthaltsgestattung.
Für Zeiten der Duldung handelt es sich dabei um eine Fiktion
des rechtmäßigen Aufenthaltes. Diese Fiktion ist unproble-
matisch möglich, da im Zeitpunkt der Einbürgerung ohnehin
ein spezifischer Aufenthaltsstatus vorliegen muss und aus-
länderrechtliche Wertungen daher nicht unterlaufen werden.
Die Aufzählung ist nicht abschließend („insbesondere“).

Zu Nummer 7 (§ 17 StAG)

Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Streichung
verschiedener Verlustgründe, die auf Änderungen der §§ 29,
27 und 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StAG beruhen.

Zu Nummer 8 (§ 25 StAG)

Zu Nummer 9 (§ 27 StAG)

Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Hinnahme
von Mehrstaatigkeit (§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StAG).

Zu Nummer 10 (§ 29 StAG)

Die Regelung über das Optionsmodell entfällt, weil sie inte-
grationspolitisch kontraproduktiv und im Hinblick auf den
Gleichheitssatz bedenklich ist (siehe oben B). Deutsche, die
von ihrer Geburt an Teil dieser Gesellschaft sind, dürfen
nicht dazu gezwungen werden, mit ihrer Volljährigkeit eine
Entscheidung zu treffen, die ihre Zugehörigkeit in Frage
stellt. Überdies belastet die Optionsregelung die Behörden
mit der Durchführung unsinniger und aufwändiger Verwal-
tungsverfahren. Schließlich wird die Streichung der Op-
tionsregelung Deutschland auf das europäische und interna-
tionale Niveau heben, was sich auch daran zeigt, dass damit
ein von Deutschland erklärter Vorbehalt zum Europäischen
Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit entfallen
könnte.

Zu Nummer 11 (§§ 33, 34 StAG)

Die Streichung des durch das Richtlinienumsetzungsgesetz
2007 eingefügten § 33 StAG hat folgende Gründe: Mit
dieser Regelung wurde die bis dahin rechtswidrig geführte
Datei, die insbesondere die Daten eingebürgerter Deutscher
erfasst, auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Damit soll in
dieser Datei die ausländische Herkunft von Menschen
gespeichert werden, die nunmehr eigentlich Deutsche mit
gleichen Rechten und Pflichten sind, ohne dass es auf ihre
ausländische Herkunft ankommt und ankommen darf. In der
Datei liegt daher ein erhebliches Missbrauchs- und Dis-
kriminierungspotential. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hat eine derartige Datei daher zu Zeiten ihrer
Regierungsbeteiligung immer abgelehnt und hält an dieser
Ablehnung fest.

Dies gilt insbesondere auch, weil es kaum nachvollziehbare
Gründe für die zentrale Sammlung dieser extrem sensiblen
Daten gibt. Weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung
nennen den Zweck der Speicherung. Es steht daher zu ver-
muten, dass Hauptgrund für diese Datensammlung ein si-
cherheitspolitischer ist: Die Daten sollen z. B. als Vorrat für
künftige Rasterfahndungen dienen. Das Projekt kollidiert
daher mit einer menschenrechtsorientierten Politik, nach der
auch im Rahmen der Terrorismusbekämpfung jeder Ansatz
für eine ethnische, religiöse oder rassische Diskriminierung
vermieden werden muss.

Die Aufhebung des § 34 StAG folgt aus der Beseitigung des
Optionsverfahrens.

Zu Nummer 12 (§ 35 StAG)

Angesichts der grundlegenden Statusfunktion der Staatsan-
gehörigkeit kann eine rechtswidrige Einbürgerung nur unter
bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden.
Der Entwurf sieht vor, dass die rechtswidrige Einbürgerung
nur mit Wirkung für die Zukunft zurück genommen werden
kann. Der rückwirkende Eingriff in die Staatsangehörigkeit
ist insbesondere bei Kindern, die diese durch Abstammung
oder Einbürgerung erworben haben können, äußerst proble-
Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Änderungen
der §§ 29 und 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4.

matisch. Überdies wird es vielfach so sein, dass Betroffene
bereits – z. B. in Wahlen – von den staatsbürgerlichen Rech-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/3411

ten Gebrauch gemacht haben. Durch eine rückwirkende
Rücknahme würden mithin Wahlfehler künstlich produziert.
Rechtspolitisch ist es daher erforderlich, dass die Rücknah-
me nur mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen werden
kann.

Zu Nummer 13 (§ 38 StAG)

Die Einbürgerungsgebühren werden für bestimmte Perso-
nengruppen ermäßigt, für die die hohe Einbürgerungsgebühr
aufgrund ihrer finanziellen Lage oft eine große Hürde dar-
stellt. Privilegiert werden zum einen junge Menschen, die
sich in der schulischen oder beruflichen Ausbildung befin-
den. Für sie ist nach dem Entwurf die Einbürgerung gebüh-
renfrei. Zum anderen werden Personen privilegiert, die sich
seit mindestens 15 Jahren in Deutschland aufgehalten und
das 54. Lebensjahr vollendet haben. Bei ihnen ermäßigt sich
die Gebühr auf 100 Euro. Gerade Einwanderer aus der ersten
Generation, die ihre Jugend in den Aufbau unseres Landes
investiert haben, dürfen nicht durch hohe Gebühren von der
Einbürgerung abgeschreckt werden, denn diese Personen le-
ben heute oft in schwachen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Zu Artikel 2 (§ 73 des Asylverfahrensgesetzes)

Gegenwärtig werden Einbürgerungsanträge von Flüchtlin-
gen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention regelmäßig
vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

zum Anlass genommen, um bei einer entsprechenden Anfra-
ge der Einbürgerungsbehörde die Flüchtlingsanerkennung
zu überprüfen. Dies hat eine abschreckende Wirkung auf die
Antragstellung von einbürgerungswilligen Flüchtlingen. Ein
derartiger Umgang mit Einbürgerungsanträgen von Flücht-
lingen ist weltweit beispiellos. Die Praxis des BAMF steht in
offenem Widerspruch zu den Zielen der Genfer Flüchtlings-
konvention. Denn nach Artikel 34 der Konvention ist die
Einbürgerung von anerkannten Flüchtlingen möglichst weit-
gehend zu erleichtern. Damit steht es nicht in Einklang,
wenn Flüchtlinge mittelbar mit der Drohung, ihr Status wer-
de bei Stellung eines Einbürgerungsantrages überprüft, von
einer Antragstellung abgehalten werden. Die vorgeschlage-
ne Regelung macht die beschriebene Praxis deshalb unmög-
lich.

Zu den Artikeln 3, 4 und 5

Es handelt sich um Folgeänderungen wegen der Aufhebung
des § 29 StAG. Die Streichungen belegen auch, welcher
Aufwand gegenwärtig von den Behörden wegen des Options-
zwangs betrieben wird.

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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