BT-Drucksache 17/3273

Neue Fragen zur Hypo Real Estate Holding AG und zur Commerzbank AG

Vom 8. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3273
17. Wahlperiode 08. 10. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Alexander Bonde, Dr. Thomas Gambke,
Britta Haßelmann, Lisa Paus, Kerstin Andreae, Katrin Göring-Eckardt, Sven-
Christian Kindler, Stephan Kühn, Brigitte Pothmer, Christine Scheel, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Neue Fragen zur Hypo Real Estate Holding AG und zur Commerzbank AG

Vor dem Hintergrund des Bekanntwerdens von Bonizahlungen in Millionen-
höhe an Mitarbeiter der Hypo Real Estate Holding AG (HRE), des Überschrei-
tens der Gehaltsgrenze von 500 000 Euro von rd. 200 Mitarbeitern der Com-
merzbank AG sowie der Übertragung von HRE-Aktiva im Wert von rd. 190 Mrd.
Euro an die FMS Wertmanagement ergeben sich neue Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Bezüglich welcher früheren Vorstände, Aufsichtsräte oder Wirtschaftsprüfer
der HRE ist die Möglichkeit mit welchem Ergebnis geprüft worden, Scha-
denersatz zu fordern?

Wie ist jeweils der Stand der Prüfung bzw. der Klageerhebung?

Wer hat diese Prüfung vorgenommen – die Bundesregierung, die Bundes-
anstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA), der heutige Aufsichtsrat oder
der Vorstand der HRE oder externe Rechtsberater?

Wer hat diese Prüfung veranlasst?

Für diejenigen Personen, bei denen das nicht geprüft worden ist bzw. die Prü-
fung negativ ausgefallen ist: Warum ist das so, und worin bestehen Unter-
schiede zu der Klage der Apotheker- und Ärztebank gegen ihre ehemaligen
Vorstände?

2. Wer kann bezüglich der Wirtschaftsprüfer Schadenersatz einfordern, wenn es
sich um Prüfberichte im Auftrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht (BaFin) handelt?

Wenn das weder die Bundesregierung noch die BaFin noch das Unterneh-
men kann – wie bewertet die Bundesregierung diesen Zustand, und plant sie
eine Änderung?

Wenn nein, warum nicht?

3. Bezüglich welcher früheren Vorstände, Aufsichtsräte oder Wirtschaftsprüfer
der Commerzbank AG ist die Möglichkeit mit welchem Ergebnis geprüft

worden, Schadenersatz zu fordern?

Wie ist jeweils der Stand der Prüfung bzw. der Klageerhebung?

Wer hat diese Prüfung vorgenommen – die Bundesregierung, die FMSA, der
heutige Aufsichtsrat oder Vorstand der Commerzbank AG oder externe
Rechtsberater?

Wer hat diese Prüfung veranlasst?

Drucksache 17/3273 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Für diejenigen Personen, bei denen das nicht geprüft worden ist bzw. die
Prüfung negativ ausgefallen ist: Warum ist das so, und worin bestehen Un-
terschiede zu der Klage der Apotheker- und Ärztebank gegen ihre ehemali-
gen Vorstände?

4. Inwiefern plant die Bundesregierung nach der Erfahrung mit der Pensions-
regelung von ehemaligen oder derzeitigen Mitgliedern des HRE-Vorstands
sowie der Bonuszahlungen in diesem Institut die Bestimmungen in der
Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung (FMStFV) zu den Vergütun-
gen bei Instituten zu verändern, die Eigenkapitalhilfen des Sonderfonds Fi-
nanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch nehmen (vgl. § 5 Absatz 2
FMStFV)?

Inwiefern plant sie beispielsweise auch Änderungen bei den Regelungen für
die Versorgungszusagen von Vorständen, insbesondere hinsichtlich der so
genannten Unverfallbarkeit, oder für die Höhe der Vergütung von Mit-
arbeitern oder eine Ausweitung des Geltungsbereichs von § 5 Absatz 2
FMStFV auf Unternehmen, die keine Rekapitalisierungs- aber Garantiehil-
fen nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) erhalten?

5. Hat in dem Telefonat zwischen dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden
Dr. Michael Endres und dem SoFFin-Chef Dr. Hannes Rehm über die Vor-
standsverträge die Pensionsregelung eine Rolle gespielt (vgl. DIE WELT
vom 23. September 2010, „Bundesregierung stiehlt sich bei HRE-Pensionen
aus der Verantwortung“)?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Pensionsregelung in den Verträgen
von Dr. Axel Wieandt und seinen Vorstandskollegen?

Hält die Bundesregierung bei einem erneuten Vertragsabschluss mit einem
Vorstand der HRE eine solche Regelung für angemessen?

Wenn nein, wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass sich Entspre-
chendes nicht wiederholt?

Welche sonstigen Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der bekannt
gewordenen Pensionsregelung für HRE-Vorstände?

7. Inwiefern hat die Bundesregierung, der HRE-Aufsichtsrat oder die FMSA
darauf hingewirkt, auszuschließen, dass eine Verrechnung der bei der HRE
erworbenen Pensionsansprüche von Dr. Axel Wieandt mit den zuvor und da-
nach bei der Deutschen Bank AG erworbenen Pensionsansprüchen erfolgt,
so dass in diesem Falle die Deutsche Bank AG einen Teil ihrer Pen-
sionsverpflichtungen gegenüber Dr. Axel Wieandt auf die HRE abwälzen
konnte?

Inwiefern hat die Bundesregierung oder der HRE-Aufsichtsrat oder die
FMSA in diesem Rahmen Kenntnis von einem Rückkehrrecht Dr. Axel
Wieandt in die Deutsche Bank AG oder einer ihrer Töchter (wie der BHF-
BANK Aktiengesellschaft, an deren Spitze Dr. Axel Wieandt derzeit steht)
erlangt?

8. Hält es die Bundesregierung auch nach den Erfahrungen mit den Pensions-
regelungen von ehemaligen oder derzeitigen Mitgliedern des HRE-Vor-
stands sowie der Bonuszahlungen in diesem Institut nach wie vor für ange-
zeigt, keine Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Vergütungsregelun-
gen vorzunehmen (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 28 auf die
Kleine Anfrage „Commerzbank – Ursache und Hintergründe staatlicher
Stützungen sowie Perspektiven“, auf Bundestagsdrucksache 17/2964)?

9. Wer trägt die politische Verantwortung für die Handlungen der Mitglieder
des Leitungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung
(FMSA) – der Bundesminister der Finanzen, der zuständige Staatssekretär,

die Mitglieder des Lenkungsausschusses oder die Mitglieder des Leitungs-
ausschusses?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3273

10. Hat sich das Bundesministerium der Finanzen vor der Beantwortung der
Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Hypo Real
Estate – Ursachen für Verluste und Stützungsmaßnahmen sowie Perspek-
tiven für die Zukunft“ (Bundestagsdrucksache 17/2970) bei der FMSA In-
formationen eingeholt, um die gestellten Fragen korrekt zu beantworten?

Gilt das auch für die Antwort auf Frage 13?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die unvollständigen bzw. un-
richtigen Informationen durch die FMSA, und welche Konsequenzen zieht
die Bundesregierung daraus?

Wenn nein, wie kam dann die Bundesregierung zu ihrer ersten, später kor-
rigierten Antwort?

11. Welcher Anteil der Bonuszahlungen der HRE oder ihrer Tochtergesell-
schaften in den Geschäftsjahren 2009 und 2010 betrifft jeweils Mitarbeiter
in Deutschland und im Ausland?

Falls es ausländische Mitarbeiter betrifft, an welchen Standorten sind diese
tätig?

Welcher Anteil der Bonuszahlungen in den Geschäftsjahren 2009 und 2010
geht auf vor dem 29. September 2008 verbindlich vereinbarte und nicht
vermeidbare Boni zurück, welcher Anteil auf nach dem 29. September
2008 verbindlich vereinbarte und nicht vermeidbare Boni, welcher Anteil
auf nach dem 20. März 2009 verbindlich vereinbarte und nicht vermeid-
bare Boni, und welcher Anteil auf Bonuszahlungen, die von der Bank
gewährt wurden, um Mitarbeitern, die für die Bank wichtig sind, einen An-
reiz zum Verbleib bei der HRE zu geben?

Gab oder gibt es Rechtsstreitigkeiten bezüglich Bonuszahlungen bei der
HRE oder ihrer Tochtergesellschaften?

Wenn ja, wie ist der derzeitige Sachstand hierzu (abgeschlossene Verfah-
ren: welcher Ausgang, Anzahl offener Verfahren)?

12. Wie bewertet die Bundesregierung (auch vor dem Hintergrund des „St.
Pancras“-Geschäfts zwischen HSH Nordbank AG und HRE) den Vor-
schlag der US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC), dass Banken künftig nicht
nur das Schuldenniveau am Ende eines Quartals, sondern auch den durch-
schnittlichen und maximalen Verschuldungsgrad während des Quartals pu-
blizieren müssen?

13. Hat Dr. Axel Wieandt im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden bei der
HRE Einmalzahlungen oder Ansprüche hierauf erhalten, z. B. in Form einer
Abfindung, eines Abschlags auf künftige Zahlungen, Bonizahlungen o. Ä.?

Ist eine Meldung der „BILD Zeitung“ korrekt, wonach Dr. Axel Wieandt
im Zuge seines Ausscheidens einen Anspruch auf Boni in Höhe von
375 000 Euro erhalten hat (vgl. BILD vom 25. September 2010, S. 3)?

Wenn ja, wie hoch waren diese Zahlungen oder Ansprüche auf solche Zah-
lungen, wie waren sie begründet, und wie sind sie mit § 5 Absatz 2
Nummer 4 FMStFV vereinbar?

Wer hatte seitens der Bundesregierung Kenntnis über diesen Vorgang?

14. Welches Volumen an Aktiva im Buchwert von insgesamt 191,1 Mrd. Euro,
die am 30. September 2010 an die FMS Wertmanagement ausgelagert wur-
den, entfällt auf Immobilienkredite, die in Deutschland vergeben wurden?

Wie lauten entsprechende Klassifizierungen dieser in Deutschland verge-
benen Immobilienkredite nach

a) Jahrgängen der ursprünglichen Kreditvergabe,
b) Bundesländern, in denen der Kredit vergeben wurde,

c) Wohnungs- und Gewerbeimmobilienkrediten,

Drucksache 17/3273 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) den originär kreditvergebenden Banken (vor dem Hintergrund diverser
Fusionen und Abspaltungen von Banken im Vorfeld der Entstehung der
HRE),

e) aktuellen Ratingbenotungen, soweit vorhanden?

15. Wie lassen sich die Aktiva im Buchwert von rd. 190 Mrd. Euro, die auf die
FMS Wertmanagement ausgelagert wurden, klassifizieren nach den Ban-
ken, die das jeweilige Aktivum originär erworben bzw. den jeweiligen
Kredit originär vergeben haben?

16. Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl von Aktiva, die zum
30. September 2010 auf die FMS Wertmanagement ausgelagert worden
sind?

17. Wie erklärt sich die Differenz zwischen dem Wert des „Value-Portfolio“
zum 30. Juni 2010 von 248,2 Mrd. Euro, in dem gemäß HRE-Halbjahres-
bericht 2010 nichtstrategische Aktiva zusammengefasst werden, und dem
Wert der zum 30. September 2010 auf die FMS Wertmanagement ausgela-
gerten Aktiva von 191 Mrd. Euro, deren Auslagerung ebenfalls nichtstrate-
gische Geschäftsteile umfasst (vgl. auch Bundestagsdrucksache 17/2970,
Antwort zu Frage 17)?

In welcher Höhe (Stichtag: 30. September 2010) und aus welchen Gründen
verbleiben damit noch immer so genannte nichtstrategische Aktiva in der
HRE-Kernbank?

18. Wie erklärt sich im HRE-Halbjahresbericht 2010 die Differenz von
rd. 20 Mrd. Euro in der Position „Verbriefte Verbindlichkeiten“ zum
30. Juni 2010, die auf S. 76 des Berichts mit 125,2 Mrd. Euro, auf S. 90
hingegen mit 145,2 Mrd. Euro angegeben wurden?

Welcher Wert war der richtige?

19. Welchen Zeitraum sieht der Abwicklungsplan der FMS Wertmanagement
für die wertschonende Verwertung der Aktiva vor?

Wann wird nach Abwicklungsplan gemäß § 5 des Statuts der FMS Wert-
management das letzte Aktivum abgewickelt sein?

20. Wie lautet die Fälligkeitsstruktur/die Restlaufzeit der auf die FMS Wert-
management übertragenen HRE-Aktiva auf Jahresbasis?

Wann ist auf Jahresbasis mit welchen Zahlungseingängen nach Plan zu
rechnen?

21. Inwiefern sieht der Abwicklungsplan oder der aktuelle Abwicklungsbericht
nach § 5 bzw. § 6 des Statuts der FMS Wertmanagement einen Restverlust
nach vollständiger Abwicklung der am 30. September 2010 übertragenen
Aktiva vor?

Wie hoch wird das Eigenkapital, das zum Zeitpunkt der Übertragung 3,87
Mrd. Euro umfasst (vgl. SoFFin-Pressenotiz vom 22. September 2010),
nach vollständiger Abwicklung bzw. Verwertung der übertragenen Aktiva
ausfallen?

Auf Basis welcher Kalkulation ergibt sich eine Kapitalausstattung der FMS
Wertmanagement mit 3,87 Mrd. Euro?

22. Inwiefern ist die Bundesregierung bereit, dem Haushaltsausschuss und
dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages den Abwicklungsplan,
die Abwicklungsberichte, den Jahresabschluss und die Quartalsberichte ge-
mäß den §§ 5, 6 und 12 des Statuts der FMS Wertmanagement zur Einsicht
zur Verfügung zu stellen?

Berlin, den 8. Oktober 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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