BT-Drucksache 17/207

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung)

Vom 15. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/207
17. Wahlperiode 15. 12. 2009

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf Scholz,
Siegmund Ehrmann, Gabriele Fograscher, Wolfgang Gunkel, Michael Hartmann
(Wackernheim), Frank Hofmann (Volkach), Daniela Kolbe (Leipzig), Thomas
Oppermann, Gerold Reichenbach, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion
der SPD

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung)

A. Problem

In der vergangen Legislaturperiode gab es zwei Altfallregelungen für langjährig
Geduldete. Am 17. November 2006 einigte sich die Innenministerkonferenz auf
einen Beschluss, auf dessen Grundlage 24 256 Personen aus der Duldung zu
einer Aufenthaltserlaubnis verholfen werden konnte. Es folgte die gesetzliche
Altfallregelung der §§ 104a und 104b, die mit dem Gesetz zur Umsetzung
aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union geschaffen
wurde (BGBl. I S. 1970). Bis zum 30. Juni 2009 erhielten insgesamt 35 128 Aus-
länder eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung.

Die Altfallregelungen konnten vielen bislang Geduldeten eine Perspektive für
die gesellschaftliche und ökonomische Integration in Deutschland eröffnen. Die
bisherigen Regelungen waren demnach ein erster wichtiger Schritt zur Ein-
dämmung der Praxis der Kettenduldungen. Allerdings haben 28 227 der von der
gesetzlichen Altfallregelung Begünstigten eine Aufenthaltserlaubnis nach
§ 104a Absatz 1 Satz 1 erhalten, die sogenannte Aufenthaltserlaubnis auf Probe.
Ihnen wurde die Aufenthaltserlaubnis erteilt, obwohl sie ihren Lebensunterhalt
noch nicht überwiegend selbst bestreiten konnten. Diese Aufenthaltserlaubnis
gilt bis zum 31. Dezember 2009. Die Betroffenen sollten sich in dieser Zeit eine
Arbeit suchen. Danach soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn sie
ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern können.

Das Bundesministerium des Innern hat am 25. September 2009 in der Antwort
auf eine Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 16/14009) die Ergebnisse einer
stichprobenartigen Erhebung aus verschiedenen Bundesländern vorgestellt (Bun-
destagsdrucksache 16/14088, S. 14 f.). Hiernach konnten rund 46 Prozent der
Betroffenen ihren Lebensunterhalt noch nicht überwiegend eigenständig sichern.
Das entspricht der Einschätzung zahlreicher Verbände, die eng mit Beratungs-

stellen vor Ort zusammenarbeiten und daher über zahlreiche Eindrücke aus der
Praxis verfügen. Sie gehen davon aus, dass ein erheblicher Anteil der Betroffe-
nen auch am Ende des Jahres 2009 zur überwiegend eigenständigen Lebens-
unterhaltssicherung noch nicht in der Lage sein wird. Das hat mehrere Gründe.
Zum einen gestaltet sich die Arbeitssuche angesichts der Wirtschaftskrise
schwieriger als erwartet. Zum anderen waren viele der Betroffenen durch ihren
Status als Geduldete über Jahre vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und benötigen

Drucksache 17/207 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zeit, um sich hier wieder zu integrieren. Hierbei können sie mit dem Bundespro-
gramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flücht-
linge mit Zugang zum Arbeitsmarkt unterstützt werden. Dies wurde aber erst im
Juni 2008 aufgelegt. Die einzelnen Projekte haben ihre Arbeit erst zwischen
Herbst 2008 und Frühjahr 2009 aufgenommen. Sie konnten bislang nicht ihre
volle Wirkung entfalten.

Das bedeutet, dass ein großer Teil der genannten Personen zurück in die Duldung
fallen oder ab dem 1. Januar 2010 abgeschoben werden könnte. Dann hätte die
Altfallregelung ihr Ziel für eine große Gruppe der Betroffenen, die erreicht wer-
den sollten, verfehlt. Um zu erreichen, dass die Altfallregelung umfassend wirkt,
ist sie deshalb in Bezug auf die Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung
anzupassen.

Neben der auch zeitlich dringend gebotenen Lösung des eben geschilderten Pro-
blems gilt es festzustellen, dass trotz der gesetzlichen Altfallregelung am 30. Juni
2009 nach wie vor 94 026 Ausländer als Geduldete in Deutschland lebten. Davon
lebten 59 285 mehr als sechs Jahre hier (Bundestagsdrucksache 16/13163, S. 8).
Diese Zahlen verdeutlichen ebenso wie alle bisherigen Erfahrungen, dass es nach
wie vor und auch künftig Ausländer geben wird, die über mehrere Jahre von der
Praxis der so genannten Kettenduldung betroffen sind.

B. Lösung

In Bezug auf die Vermeidung künftiger Kettenduldungen wird eine Regelung ge-
schaffen, die auf einen festen Stichtag verzichtet und die Anforderungen an die
Lebensunterhaltssicherung dahingehend absenkt, dass auch das ernsthafte Be-
mühen um Arbeit als ausreichend erachtet wird. Außerdem wird eine eigenstän-
dige Regelung für Minderjährige geschaffen, die bei günstiger Integrationsprog-
nose bereits nach vier Jahren eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Weiter wird
eine eigenständige Regelung für Personen geschaffen, die in Deutschland einen
Schulabschluss machen. Zuletzt wird für Altfälle von einem Jahrzehnt und mehr
eine noch weitreichendere Ausnahme von den allgemeinen Voraussetzungen ge-
schaffen.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen und Bürokratiekosten

Finanzielle Auswirkungen ergeben sich zunächst für die Träger der kommunalen
Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und
SGB XII), sofern sie den Betroffenen, die eine Aufenthaltserlaubnis erhalten,
Leistungen gewähren müssen. Das wird jedoch zumindest teilweise dadurch aus-
geglichen, dass die Betroffenen auch bei weiterer Duldung ohnehin Leistungen
zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem SGB II, dem SGB XII oder dem
Asylbewerberleistungsgesetz erhalten würden. Zudem verbessert die Aufent-
haltserlaubnis langfristig die Aussicht auf eine existenzsichernde Arbeit. Des-
halb könnte es auf lange Sicht dazu kommen, dass insgesamt weniger Leistungen
bezogen werden und damit sogar eine Entlastung der öffentlichen Haushalte zu
erwarten ist.

b) der Ausländer wegen seines Alters, einer körperli-

chen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Be-
hinderung oder weil er mit mehreren minderjähri-
gen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in
Kraft.
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Altfallregelung)

Vom …

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geän-
dert durch Artikel 4 Absatz 5 des Gesetzes vom 30. Juli 2009
(BGBl. I S. 2437), wird wie folgt geändert:

1. Nach § 25 wird der folgende § 25a eingefügt:

„(1) Einem geduldeten Ausländer ist abweichend von
§ 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltser-
laubnis zu erteilen, wenn er sich seit mindestens acht
Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren
minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemein-
schaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen
geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten
hat und er

1. über ausreichenden Wohnraum verfügt,

2. über einfache mündliche Deutschkenntnisse im Sinne
der Stufe A1 des Gemeinsamen Europäischen Refe-
renzrahmens für Sprachen verfügt,

3. bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächli-
chen Schulbesuch nachweist,

4. die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufent-
haltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder be-
hördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung
nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,

5. keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen
Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt,

6. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vor-
sätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen
von insgesamt bis zu 90 Tagessätzen oder bis zu 120
Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufent-
haltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von
Ausländern begangen werden können, grundsätzlich
außer Betracht bleiben und

7. a) der Lebensunterhalt des Ausländers im letzten Jahr
überwiegend gesichert war oder wenn der Auslän-
der mindestens seit sechs Monaten seinen Lebens-
unterhalt nicht nur vorübergehend sichert oder
wenn der Ausländer sich ernsthaft bemüht hat, sei-
nen Lebensunterhalt überwiegend zu sichern oder

lebt und wegen der Kinderbetreuung von ernsthaf-
ten Bemühungen, seinen Lebensunterhalt überwie-
gend zu sichern, abgehalten war.

(2) Einem minderjährigen geduldeten Ausländer ist ab-
weichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er sich seit min-
destens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet
oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären
Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1. die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2, 4, 5
und 6 erfüllt und

2. gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner
bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die
Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland
einfügen kann.

(3) Einem geduldeten Ausländer, der mindestens einen
Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Ab-
schluss in Deutschland erworben hat, ist abweichend von
§ 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltser-
laubnis zu erteilen, wenn er die Voraussetzungen des Ab-
satzes 1 Nummer 4, 5 und 6 erfüllt.

(4) Einem geduldeten Ausländer ist abweichend von
§ 5 Absatz 1 und 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
wenn er sich am 1. Januar 2010 seit mindestens zwölf Jah-
ren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren
minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemein-
schaft lebt, seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen
geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten
hat und die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 5
erfüllt und kein Ausweisungsgrund gemäß § 53 vorliegt.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung
erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrations-
gespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung
abgeschlossen wird. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt
zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.“

2. In § 101 wird nach Absatz 3 folgender Absatz 4 einge-
fügt:

„(4) Eine Aufenthaltserlaubnis, die vor dem 1. Januar
2010 auf Grund des § 104a oder auf Grund des § 104b er-
teilt wurde, gilt als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Ab-
satz 1 fort.“

3. Die §§ 104a und 104b werden aufgehoben.

Artikel 2
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/207
Berlin, den 15. Dezember 2009

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

ändert, dass die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung
Zu Absatz 3
nicht nur weiterhin nach einem Jahr erteilt werden kann, son-
dern zusätzlich bereits vorher, nach sechs Monaten, erteilt
werden kann, sofern der Ausländer ein konkretes Arbeits-

Wer mindestens einen Hauptschulabschluss oder einen
gleichwertigen Abschluss in Deutschland erwirbt, hat sich
aus eigener Leistung die Berechtigung erarbeitet, eine Lehre
Drucksache 17/207 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Eine Novelle der Altfallregelung ist aus zwei Gründen gebo-
ten. Zum einen gilt es, den Ausländern, die bisher lediglich
eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Absatz 1
Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes erhalten haben, eine gesicher-
te Perspektive zu bieten. Zum anderen muss die Praxis der
Kettenduldungen für langjährig Geduldete auch künftig
wirksamer eingedämmt werden, als es bislang der Fall ist. Zu
den Änderungen im Einzelnen:

Artikel 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes)

Zu Nummer 1

Zu Absatz 1

Ziel der gesetzlichen Altfallregelung war es, dem Bedürfnis
der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier inte-
grierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in
Deutschland Rechnung zu tragen, bei denen die Abschiebung
aller Voraussicht nach auch in nächster Zeit nicht möglich
sein wird (Bundestagsdrucksache 16/5065, S. 201).

Bezüglich der unter Buchstabe a genannten Gruppen ist dar-
auf zu verweisen, dass zur Integration auch die ökonomische
Integration am Arbeitsmarkt gehört, die von den ersten bei-
den Alternativen des Absatzes 1 Nummer 7 Buchstabe a er-
fasst wird. Die dritte Alternative des Absatzes 1 Nummer 7
Buchstabe a trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits
ernsthafte Bemühungen um einen Arbeitsplatz, der den
Lebensunterhalt überwiegend sichert, ausreichend sind. Da-
für spricht nicht nur, dass die Betroffenen vielfach im Nied-
riglohnsektor arbeiten und gerade dann, wenn sie größere
Familien haben, in erheblichem Umfang auf ergänzende So-
zialleistungen angewiesen sein können. Vielmehr ist auch in
Rechnung zu stellen, dass nach mehrjährigem Aufenthalt mit
einer Abschiebung nicht mehr zu rechnen ist. Blieben die
Betroffenen dennoch in der Duldung, würden sich ihre Chan-
cen am Arbeitsmarkt verschlechtern, da Arbeitgeber sie
wegen des unsicheren Duldungsstatus oftmals nicht einstel-
len oder weiter beschäftigen. Dann wären sie darauf ange-
wiesen, dass ihr Lebensunterhalt allein aus Sozialleistungen
bestritten wird. Das stellt eine finanzielle Belastung für die
öffentlichen Haushalte der kommunalen Leistungsträger so-
wie eine psychische Belastung der betroffenen Ausländer
dar, denen die Möglichkeit genommen wird, sich langfristig
am Arbeitsmarkt behaupten zu können.

Begleitend zu diesem Gesetz muss die Beschäftigungsver-
fahrensverordnung durch eigenständige Verordnungsände-
rung des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales geändert werden. Der Zugang zum Arbeitsmarkt
wird früher erleichtert. Frühzeitige Integrationsbemühungen
kann der Ausländer nur dann unternehmen, wenn ihm die
Möglichkeit dazu gegeben wird. Deshalb wird § 10 Absatz 1
der Beschäftigungsverfahrensverordnung dahingehend ge-

auf vier Jahre abstellenden Regelung bereits nach zwei-
jährigem Aufenthalt zu erteilen.

Bezüglich der unter Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b ge-
nannten Gruppe ist zu bemerken, dass Ausländer, die aus
einem der dort genannten, von ihnen kaum zu überwinden-
den Gründe von ernsthaften Bemühungen, ihren Lebens-
unterhalt überwiegend zu sichern, abgehalten waren, nicht
schlechter gestellt werden sollen als die unter Absatz 1 Num-
mer 7 Buchstabe a genannten Ausländer.

Dabei wird gegenüber vorherigen Altfallregelungen nicht
mehr eine einmalige Stichtagsregelung gewählt. Wer lange
hier ist und sich integriert hat, muss eine Aussicht auf gesell-
schaftliche Teilhabe bekommen. Der in der letzten Altfall-
regelung vorgesehene einmalige Stichtag 1. Juli 2007 hat nur
die Fälle derer gelöst, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits
seit der geforderten Zeit in Deutschland aufgehalten hatten.
Doch zeigt die Erfahrung, dass es immer wieder zu soge-
nannten Kettenduldungen, also stetig neu erteilten Duldun-
gen über mehrere Jahre, kommt. Das Aufenthaltsgesetz muss
auch auf künftige Fälle reagieren können. Deshalb wird
durch die Streichung des Stichtages eine fortlaufende Rege-
lung eingeführt.

In Bezug auf die Strafbarkeit erfolgt bei nicht ausländer-
spezifischen Delikten eine Anpassung an § 12a Absatz 1
Nummer 2 des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Es wäre ein
Wertungswiderspruch, bei einer Aufenthaltserlaubnis stren-
gere Anforderungen an den Ausschluss wegen strafrecht-
licher Verurteilungen zu stellen als bei einer Einbürgerung.
Deshalb ist hier eine Anpassung geboten. Die gleichfalls er-
folgende Änderung bei den ausländerspezifischen Straftaten
folgt der bereits jetzt in § 104a Absatz 1 Satz 2 Nummer 6
enthaltenen Wertung, bei diesen eine höhere Schwelle zuzu-
lassen.

Zu Absatz 2

Der Absatz 2 stellt auf eine günstige Integrationsprognose ab.
Dabei steht die Aussicht auf eine spätere berufliche Integra-
tion im Vordergrund. Hier ist insbesondere auf bisherige
schulische Leistungen, berufsorientierte Praktika oder sons-
tige berufsspezifische Leistungen abzustellen.

Von der Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 1 wird abge-
sehen, um die Fälle zu erfassen, in denen der Ausländer als
unbegleiteter Minderjähriger auf Grundlage des Sozialge-
setzbuches VIII untergebracht ist und deshalb keinen eigenen
Wohnraum vorweisen kann. Von der Voraussetzung des Ab-
satzes 1 Nummer 3 wird abgesehen, weil die hier Betroffenen
selbst minderjährig sind, mithin kaum minderjährige schul-
pflichtige Kinder haben können. Im Übrigen gilt das zu Ab-
satz 1 Gesagte.
angebot nachweisen kann. Weiter ist die Zustimmung der
Bundesagentur für Arbeit abweichend von der derzeitigen,

zu beginnen und sich damit dauerhaft im Arbeitsmarkt zu
integrieren.

Deutscher Bundestag – 17. Drucksache 17/207
Wahlperiode – 5 –

Zu Absatz 4

Wenn sich ein Ausländer seit zehn (mit Familie) beziehungs-
weise zwölf Jahren (alleinstehend) geduldet, gestattet oder
mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhält und
sich über diesem erheblichen Zeitraum keine Möglichkeit er-
geben hat, ihn abzuschieben, steht zu erwarten, dass die Ab-
schiebung auch künftig nicht möglich sein wird. Es ergibt
keinen Sinn, ihm die gesellschaftliche Teilhabe weiterhin zu
verweigern. Diesem umfassenden Abweichen von allgemei-
nen Voraussetzungen liegt der Gedanke zugrunde, dass auch
bei unklarer Identität, fehlendem Pass oder ungeklärter
Staatsangehörigkeit ein Zeitpunkt kommt, ab dem, ähnlich
einer Amnestieregelung, aufenthaltsrechtliche Klarheit für
die Betroffenen und die Behörden geschaffen werden muss
statt ein Provisorium fortlaufend zu vertagen. Eine Ausnah-
me gilt dann, wenn der Ausländer aus den in Absatz 5 ge-
nannten Gründen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche
Sicherheit darstellt.

Zu Nummer 2

Die Neuregelung dient der Fortgeltung der bislang auf
Grundlage der §§ 104a und 104b erteilten Aufenthaltserlaub-
nisse.

Zu Nummer 3

Nach dem bislang geltenden § 104a Absatz 5 Satz 4 findet die
Fiktionswirkung des § 81 Absatz 4 keine Anwendung. Um
Zwischenaufenthaltszeiten zu vermeiden, in denen die Be-
troffenen sich illegal aufhalten, ist das rückwirkende Inkraft-
treten zum 1. Januar 2010 geboten. Die Rückwirkung ist zu-
lässig, da es sich weder um ein strafbegründendes oder straf-
verschärfendes Gesetz handelt noch eine rückwirkende Be-
lastung geschaffen wird, Grundsätze des Vertrauensschutzes
also nicht berührt sind.

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