BT-Drucksache 17/1796

Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik der G-8- und G-20-Gipfel durch die Bundesregierung

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1796
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Große Anfrage
der Abgeordneten Garrelt Duin, Carsten Schneider (Erfurt), Hubertus Heil (Peine),
Manfred Zöllmer, Ingrid Arndt-Brauer, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Doris
Barnett, Klaus Barthel, Lothar Binding (Heidelberg), Klaus Brandner, Bernhard
Brinkmann (Hildesheim), Dr. Peter Danckert, Martin Dörmann, Petra Ernstberger,
Peter Friedrich, Martin Gerster, Iris Gleicke, Bettina Hagedorn, Klaus Hagemann,
Rolf Hempelmann, Dr. Barbara Hendricks, Petra Hinz (Essen), Johannes Kahrs,
Nicolette Kressl, Ute Kumpf, Petra Merkel (Berlin), Manfred Nink, Thomas
Oppermann, Bernd Scheelen, Ewald Schurer, Rolf Schwanitz, Dr. Carsten Sieling,
Wolfgang Tiefensee, Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der
Fraktion der SPD

Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik
der G8- und G20-Gipfel durch die Bundesregierung

Der Jahreswirtschaftsbericht 2010 der Bundesregierung behandelt unter ande-
rem die Ergebnisse der G8- und G20-Gipfeltreffen aus dem Jahr 2009. Bei die-
sen Gipfeltreffen wurden konkrete Absprachen zur Umsetzung durch die Bun-
desregierung vereinbart.

Vor dem Hintergrund des nächsten G-8-Gipfels am 25./26. Juni 2010 und des
nächsten G20-Gipfels am 26./27. Juni 2010 in Kanada ist es für Deutschland
besonders wichtig, sich politisch optimal zu positionieren. Daher muss auf
Grundlage der Umsetzung bisheriger Gipfelbeschlüsse durch die Bundesregie-
rung eine neue Zielperspektive geschaffen werden.

Wie auch die Wirtschaftsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten einvernehmlich
festgestellt haben, ist die Wirtschaftskrise noch längst nicht bewältigt. Sowohl
Industrieländer als auch viele Schwellenländer werden die Auswirkungen der
Krise noch lange spüren. Es kommt deshalb darauf an, dass ein internationaler
Rahmen für ein robustes, nachhaltiges und ausgewogenes Wirtschaftswachstum
geschaffen wird. Außerdem müssen die bisher beschlossenen Reformen im Be-
reich der Finanzmarktregulierung entschlossen umgesetzt werden. Nur durch
die Beseitigung der deutlich gewordenen Schwächen bei Regulierung und Auf-
sicht kann der Bereitschaft im Finanzsektor zum Eingehen unverhältnismäßiger
Risiken effektiv entgegengewirkt werden und können Konsumenten, Sparer
und Investoren vor missbräuchlichen Marktpraktiken geschützt werden.
Finanzmärkte, Finanzprodukte und Finanzmarktakteure müssen durch Ent-
scheidungen der G8- und G20-Gipfel einer wirksamen Regulierung unter-
worfen werden. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass die Umsetzung der
internationalen Abstimmungen von Seiten der Bundesregierung nicht mit der
notwendigen Intensität verfolgt werden. Die deutsche Wirtschaft ist auf funk-
tionierende internationale Finanzmärkte ganz besonders angewiesen und die

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notwendige wirksame und stabilitätssichernde Regulierung dieser Märkte ist
für uns von ganz besonderem Interesse.

Die Bundesregierung muss sich deshalb im Rahmen der G8 und der G20 dafür
einsetzen, konsequent gegen Offshore-Finanzzentren und Steueroasen vorzu-
gehen, eine internationale Finanztransaktionssteuer einzuführen, ein internatio-
nal gültiges Aufsichts- und Regelwerk für systemisch relevante Kredit- und Ver-
sicherungsinstitute sowie für Hedgefonds, Private-Equity-Fonds und Rating-
agenturen zu schaffen. Ebenso müssen Maßnahmen ergriffen werden, um
unverhältnismäßige Bonuszahlungen zu begrenzen und sie an die (nachhaltige)
Unternehmensentwicklung zu binden sowie ein internationales Frühwarnsys-
tem für Fehlentwicklungen und mögliche krisenhafte Entwicklungen auf den
internationalen Finanz- und Kapitalmärkten zu etablieren, das die Notenbanken
mit einbezieht.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Zu den Ergebnissen des G8-Gpifels in L’Aquilia/Italien (8. bis 10. Juli
2009)

1. Zu welchen Ergebnissen hat der Austausch der Bundesregierung mit ande-
ren Ländern über mögliche Wege aus der weltweiten Finanz- und Wirt-
schaftskrise geführt, und welche konkreten Konsequenzen wurden daraus
gezogen?

II. Zu den Ergebnissen des G20-Gipfels in London (2. April 2009)

2. Konnte die Bundesregierung eine Verständigung auf massive Aufstockun-
gen der Mittel für internationale Finanzinstitutionen und zur Handelsfinan-
zierung, insbesondere des Internationalen Währungsfonds (IWF), erzielen,
und wenn ja, wie hoch ist diese Aufstockung?

3. War es der Bundesregierung möglich, eine Verlängerung des Moratoriums
gegen protektionistische Maßnahmen bis Ende 2010 zu erzielen?

4. Hat die Bundesregierung eine Einigung auf ein schärferes Vorgehen gegen-
über Steueroasen mit den G20-Ländern abschließen können?

5. Wie sieht die geplante Fortschreibung des Aktionsplans zur Reform der
Finanzmarktregulierung genau aus?

III. Zu den Ergebnissen des G20-Gipfels in Pittsburgh
(24./25. September 2009)

6. Konnte die Bundesregierung die G20 als entscheidendes Forum für die welt-
weite Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik ge-
winnen, und wenn ja, wie sehen die gemeinsamen Initiativen im Nachgang
des Gipfeltreffens in Pittsburgh aus?

7. Wie sieht die Verständigung auf eine gemeinsam abgestimmte Strategie zum
Ausstieg aus den getroffenen Maßnahmen zur Stützung von Konjunktur und
Finanzmärkten („Exitstrategie“) aus, und welche Länder haben diese bisher
implementiert?

8. Welche konkreten Maßnahmen im Rahmen einer „Exitstrategie“ hat die
Bundesregierung selbst für Deutschland eingeleitet?

9. Welche Erfolge konnten bei der Umsetzung des Aktionsplans zur Reform
der Finanzmarktregulierung in folgenden Bereichen erzielt werden:

a) Verbesserung der grenzüberschreitenden Abwicklung von Finanzinstitu-
tionen;

b) Verbesserung der Qualität und Quantität des von den Banken vorzu-

haltenden Kapitals;

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c) effektive Regulierung der Derivatemärkte;

d) Erweiterung der Regulierung und Aufsicht von Hedgefonds;

e) Einführung nachhaltiger und verantwortlicher Vergütungsprinzipien zur
Stärkung der Finanzmarktstabilität.

10. Welche Länder unterstützen diese Ansätze, und welche Länder haben ihre
Unterstützung bisher nicht zugesagt?

11. Welche konkreten Initiativen, insbesondere zur Einführung einer inter-
nationalen Finanztransaktionssteuer, hat die Bundesregierung selbst in die
G20 eingebracht, um die Ziele zu erreichen?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Chancen, dass auf dem G20-Gipfel
am 26./27. Juni 2010 in Kanada eine Einigung darüber erzielt werden kann,
wie die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte verbessert und systemrele-
vante Finanzinstitute effizienter reguliert werden können.

13. Welche Initiativen will die Bundesregierung auf dem G20-Gipfel am 26./
27. Juni 2010 in Kanada ergreifen, um den Finanzsektor an den Kosten der
Krise zu beteiligen?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vorschläge der Europäischen Kom-
mission für ein Europäisches System der Finanzaufsicht?

15. Können durch effizienter arbeitende Aufsichtsstrukturen im Euroraum
große Finanzkrisen künftig vermieden werden?

16. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass bei der fortschreitenden Integra-
tion der europäischen Finanzmärkte mit zunehmend länderübergreifend
agierenden Finanzinstitutionen die Durchsetzungskompetenzen einer euro-
päischen Aufsichtsbehörde gestärkt werden muss?

17. Wie sieht die Strategie für ein starkes, nachhaltiges und ausgewogenes
Wachstum („Framework for Strong, Sustainable and Balanced Growth“),
die durch die Mitgliedstaaten umgesetzt und den IWF beaufsichtigt und
evaluiert werden soll, aus?

18. Welche Länder unterstützen das „Framework for Strong, Sustainable and
Balanced Growth“ bisher, und welche Länder sollen nach Meinung der
Bundesregierung sich an dem Framework weiter beteiligen?

19. Konnte die Bundesregierung Fortschritte bei der Erarbeitung einer Charta
für nachhaltiges Wirtschaften erzielen und Kernprinzipien der Charta als
Grundlage festlegen, und wenn ja, wie sieht diese aus?

20. Ist es der Bundesregierung gelungen, eine Begrenzung exzessiver Ölpreis-
volatilität durch mehr Transparenz und bessere Aufsicht auf den Öltermin-
märkten zu erzielen, um die Energiesicherheit zu erhöhen, und wenn ja,
wie sieht diese aus?

Berlin, den 19. Mai 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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