BT-Drucksache 17/14215

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksache 17/13706 - Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten

Vom 26. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14215
17. Wahlperiode 26. 06. 2013

Bericht*
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/13706 –

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und
Überwachung von Prostitutionsstätten

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Dr. Eva Högl, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Jens Petermann und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/13706 in seiner 243. Sitzung am 6. Juni 2013 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
sowie an den Innenausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie, den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend und an den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/13706 in seiner 112. Sitzung am 26. Juni 2013 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/

26. Juni 2013 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der
Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die vorge-
schlagenen Änderungen entsprechen einem Änderungsan-
trag, den die Fraktionen der CDU/CSU und FDP im Rechts-
ausschuss eingebracht haben und dessen Annahme der Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der SPD
empfiehlt.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/13706 in seiner 102. Sit-
zung am 26. Juni 2013 beraten und empfiehlt mit den Stim-
* Die Beschlussempfehlung wurde gesondert auf Drucksache 17/14193 verteilt.

CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme
des Gesetzentwurfs.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage auf Drucksache 17/13706 in seiner 110. Sitzung am

men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus
der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die vor-
geschlagenen Änderungen entsprechen einem Änderungs-
antrag, den die Fraktionen der CDU/CSU und FDP im

Drucksache 17/14215 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Rechtsausschuss eingebracht haben und dessen Annahme
der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. empfiehlt.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat die Vorlage auf Drucksache 17/13706 in seiner 88. Sit-
zung am 26. Juni 2013 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3706 in seiner 139. Sitzung am 12. Juni 2013 anberaten
und beschlossen, eine öffentliche Anhörung dazu durchzu-
führen, die er in seiner 141. Sitzung am 24. Juni 2013
durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende
Sachverständige teilgenommen:

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das
Protokoll der 141. Sitzung am 24. Juni 2013 mit den anlie-
genden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/13706 in seiner 142. Sitzung am 26. Juni 2013 abschlie-
ßend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussemp-
fehlung ersichtlichen Fassung. Die vorgeschlagenen Ände-
rungen entsprechen einem Änderungsantrag, den die Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP im Rechtsausschuss einge-
bracht haben und den der Rechtsausschuss mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat folgenden
Änderungsantrag in den Rechtsausschuss eingebracht:

Der Bundestag wolle beschließen:
Nach Artikel 3 wird folgender Artikel 4 eingefügt:
Artikel 4
Änderung des Aufenthaltsgesetzes
In § 25 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätig-
keit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet
(Aufenthaltsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung
vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch
Artikel 2 Absatz 5 des Betreuungsgeldgesetzes vom 15. Fe-
bruar 2013 (BGBl. I S. 254) geändert worden ist, werden
die Absätze 4a und 4b wie folgt gefasst:

„(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den
§§ 232, 233 oder § 233a des Strafgesetzbuches wurde, ist
abweichend von § 11 Abs. 1, auch wenn er vollziehbar aus-
reisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
wenn

1. seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für
ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staats-
anwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht er-
achtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung
des Sachverhalts erschwert wäre und

2. er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt
werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen
hat.

Darüber hinaus ist dem Opfer einer in Satz 1 genannten
Straftat eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Auf-
enthalt im Bundesgebiet zur Vermeidung einer Härte erfor-
derlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die persön-
liche Situation des Opfers zu berücksichtigen. Absatz 1
Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10
Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeits-
bekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmer-
überlassungsgesetzes wurde, ist abweichend von § 11 Abs. 1,
auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vor-
übergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis zu ertei-
len, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundes-
gebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der
Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht
erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des
Sachverhalts erschwert wäre. Die Aufenthaltserlaubnis soll
auch erteilt oder verlängert werden, wenn der Ausländer
seine im Zusammenhang mit der Tat entstandenen zivil-
oder arbeitsrechtlichen Ansprüche noch nicht durchgesetzt
hat.“
Der bisherige Artikel 4 wird Artikel 5.

A. Begründung
Die Umsetzung der Europaratskonvention gegen Menschen-
handel erfordert gesetzliche Neuregelungen in den Bereichen
des Aufenthaltsgesetzes. Dabei ist sicherzustellen, das Op-
fern von Menschenhandel ein Aufenthaltsrecht zusteht, unab-
hängig von der möglichen Beteiligung in einem Strafverfah-
ren. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Koalitions-

Dr. Lea Ackermann Vorsitzende von SOLWODI Deutsch-
land e. V., Boppard

Sabine Constabel Gesundheitsamt Stuttgart, Sozial-
dienste für Prostituierte

Dr. Margarete von
Galen

Rechtsanwältin, Berlin

Irmingard Schewe-
Gerigk

TERRE DES FEMMES, Menschen-
rechte für die Frau e. V., Vorstandsvor-
sitzende

Michael Heide KARO e. V., Plauen

Stephanie Klee Berlin

Carsten Moritz Bundeskriminalamt, Kriminaldirektor,
Leiter Referat SO 13 – Auswertung
Menschenhandel, Urkundenkrimina-
lität

Marc Schulte Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung
und Ordnungsangelegenheiten,
Bezirksamt Charlottenburg-Wilmers-
dorf von Berlin

Helmut Sporer Kriminalpolizeiinspektion Augsburg,
Leiter Kommissariat 1, Erster Krimi-
nalhauptkommissar.
Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen hat.

fraktionen haben sich in der Vergangenheit für die Erteilung
eines Aufenthaltstitels für Opfer von Menschenhandel aus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14215

gesprochen. So sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU/
CSU-Fraktion der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung im
Interview vom 3. Juni 2013, dass er „diesen Frauen ein Blei-
berecht“ zusichern wolle. Der innenpolitische Sprecher der
Fraktion, Hans-Peter Uhl, meinte bereits am 17. Oktober
2012 gegenüber der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“, diese
Forderung sei in seiner Fraktion Konsens. Trotz dieser An-
kündigungen fehlt dieser Aspekt zur Bekämpfung von Men-
schenhandel und zur Stärkung der Opfer im vorliegenden
Gesetzentwurf.

B. Einzelbegründung
Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach den Absät-
zen 4a und 4b wird als Anspruchsnorm ausgestaltet.

Zu Absatz 4a
Die Neuregelung dient der Umsetzung von Artikel 14 Ab-
satz 1 und 2 der Europaratskonvention gegen Menschen-
handel. Danach sind die Vertragsstaaten verpflichtet,
Opfern einen verlängerbaren Aufenthaltstitel zu erteilen,
wenn der Aufenthalt aufgrund der persönlichen Situation
des Opfers erforderlich ist oder das Kindeswohl dies erfor-
dert. Diesen Anforderungen wird der bisherige § 25 Ab-
satz 4a, der den Erhalt der Aufenthaltserlaubnis allein von
der Beteiligung im Strafverfahren abhängig macht, nicht
gerecht.
Mit der Änderung erhalten Opfer von Menschenhandel eine
Aufenthaltserlaubnis, wenn ihre Anwesenheit für ein Straf-
verfahren von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht
für sachgerecht erachtet wird und sie jede Verbindung zu
den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat began-
gen zu haben, abgebrochen haben. Hierbei ist zu beachten,
dass Nummer 2 nicht jeden Kontakt zwischen Opfer und Be-
schuldigten untersagt, sondern nur soweit er dem Opfer-
schutz oder dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse zuwi-
derläuft. Insbesondere ist die Geltendmachung eigener
Ansprüche des Opfers gegenüber dem Beschuldigten kein
Versagungsgrund. Nummer 3 wird gestrichen, weil die Be-
reitschaft als Zeuge auszusagen als Erteilungsvorausset-
zung nicht erforderlich ist. Denn nach den §§ 51, 70, 161a
StPO sind Zeugen zur Aussage verpflichtet; auf ihre Bereit-
schaft kommt es nicht an.
Darüber hinaus ist dem Opfer von Menschenhandel nach
Satz 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Auf-
enthalt in Deutschland zur Vermeidung einer Härte erfor-
derlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die persön-
liche Situation des Opfers zu berücksichtigen. Die Einfüh-
rung einer Härtefallregelung ist notwendig, weil es gegen
die Aussage im Strafverfahren nachvollziehbare Gründe ge-
ben kann, die Opfer aber schutzbedürftig bleiben. Zum Bei-
spiel können manche Opfer aus psychischen Gründen nicht
aussagen, andere wollen nicht aus Angst vor einer Gefähr-
dung ihrer Angehörigen oder ihrer selbst. Schließlich kön-
nen die Täter nicht immer ermittelt werden.
Bei der Beurteilung der persönlichen Situation des Opfers
sind insbesondere Art und Ausmaß der psychischen oder
physischen Belastung zu berücksichtigen sowie das Alter
und die persönlichen Umstände des Opfers.

– Keine ausreichende medizinische Versorgung, ein-
schließlich psychologischer oder psychotherapeutischer
Behandlung im Herkunftsland;

– Geltendmachung und Durchsetzung eigener Rechtsan-
sprüche bei Ausreise in das Herkunftsland erschwert
oder unmöglich;

– Stigmatisierung oder andere Formen der Belastung
nach Ausreise in das Herkunftsland wegen der Prostitu-
tionstätigkeit.

Die o. g. Prüfungskriterien werden in die Allgemeine Ver-
waltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz aufgenommen.
Mit dem Verweis auf Absatz 1 Satz 4 erhalten Opfer von
Menschenhandel die gesetzliche Berechtigung zur Aus-
übung einer Erwerbstätigkeit.

Zu Absatz 4b
Das Erfordernis der „besonderen Härte“ wird gestrichen.
Die geltende Vorschrift bestimmt den Vorrang der Durchset-
zung von Ansprüchen nach der Rückkehr ins Herkunftsland
vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in Deutsch-
land und verunmöglicht damit die Rechtsdurchsetzung für
einen Großteil der Betroffenen von schwerer Arbeitsausbeu-
tung. Es ist für Betroffene in der Regel mit besonderen
Schwierigkeiten verbunden, ihre Ansprüche aus dem Her-
kunftsland außerhalb der EU durchzusetzen. Die besondere
Härte wird somit eher der Regelfall als die Ausnahme sein.
Menschen, die ohne Papiere in Deutschland arbeiten, verfü-
gen überwiegend nicht über ausreichende Ressourcen und
Wissen für gerichtliche Auseinandersetzungen. Mangelnde
Erfahrung mit dem deutschen Rechtssystem sowie die Ent-
fernung des Herkunftslandes erschweren es, notwendige
Unterlagen und Dokumente für ein gerichtliches Verfahren
beizubringen.
Durch die Formulierung „seine im Zusammenhang mit der
Tat entstandenen zivil- und arbeitsrechtlichen Ansprüche“
wird klargestellt, dass nicht nur zur Durchsetzung eines
Lohnanspruchs, sondern auch zur Durchsetzung weiterge-
hender Ansprüche z. B. aufgrund eines Arbeitsunfalls, ge-
sundheitsschädigender Arbeitsbedingungen oder auch psy-
chischer Beeinträchtigungen, die Aufenthaltserlaubnis in
der Regel erteilt oder verlängert werden soll.

Diesen Änderungsantrag hat der Rechtsausschuss mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
abgelehnt.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, der Gesetzentwurf
diene der Umsetzung der EU-Menschenhandelsrichtlinie.
Die Erweiterung des Tatbestandes und die Herabsetzung des
Alters in § 233 Strafgesetzbuch (StGB) sowie die Auf-
nahme von Prostitutionsstätten in die Gewerbeordnung
(GewO) seien ein erster Schritt. Letzteres ermögliche insbe-
sondere die gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprüfung.
Weiterer Handlungsbedarf bestehe hinsichtlich der weiteren
Regulierung der Prostitution, was sowohl in der Gewerbe-
ordnung als auch in einem eigenständigen Prostitutions-
regulierungsgesetz möglich sei. Der neue Rechtsbegriff der
Eine Härte, die den Aufenthalt erfordert, liegt insbesondere
bei Gefahr folgender Situationen vor:

Prostitutionsstätten müsse definiert werden. Der Ände-
rungsantrag der Koalitionsfraktionen enthalte noch eine

Zwangsverhältnis der Prostituierten wüssten, sei eine be-
reits lange erhobene Forderung der Fraktion der CDU/CSU,
für die bereits ein Gesetzentwurf vorliege. Sie begrüße da-
her die jetzige Initiative. Diese Fragen müssten in der
nächsten Wahlperiode aufgegriffen werden. Im Übrigen
zeige auch die in Deutschland teilweise dramatisch ange-
stiegene Prostitutionsausübung, die großenteils Zwangspro-
stitution und auf die Einführung des Prostitutionsgesetzes
(ProstG) zurückzuführen sei, dass dieses Gesetz nachbesse-
rungsbedürftig sei.

Die Fraktion der SPD äußerte ihr Befremden über den
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der die EU-Men-
schenhandelsrichtlinie nicht vollständig umsetze. Es fehlten
vor allem Regelungen zu Hilfsangeboten, wie sie die Richt-
linie vorsehe. Der Handlungsbedarf sei seit langem bekannt.
Es müsse vor allem um die Verbesserung des Opferschutzes
und eine effektivere Bestrafung der Täter gehen. In straf-
rechtlicher Hinsicht löse der Gesetzentwurf das in der öf-
fentlichen Anhörung beschriebene Problem der schwierigen
Nachweisbarkeit der subjektiven Tatbestandsmerkmale des
Menschenhandels nicht. Im Gegenteil verkompliziere der
Gesetzentwurf die Rechtsanwendung durch die Einfügung
neuer Tatbestände zusätzlich. Die Eröffnung des Anwen-
dungsbereichs der Gewerbeordnung sei begrüßenswert,
weil damit der Weg fortgesetzt werde, die Legitimität der
Ausübung von Prostitution zu stärken und zugleich eine
Überwachung der Arbeitsbedingungen von Prostituierten
geschaffen werde. Im Ergebnis schade der Gesetzentwurf
aber mehr als er nutze. Im Übrigen erschwere das Prostitu-
tionsgesetz die Bekämpfung von Menschenhandel keines-
wegs.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machte darauf
aufmerksam, dass die unbefriedigende Lösung, die mit dem
Gesetzentwurf vorgelegt worden sei, Ergebnis des Wider-
standes von Wirtschafts- und Innenpolitikern sei. Bei Be-
weisschwierigkeiten in der Praxis warne sie vor vorschnel-
len Änderungen des materiellen Strafrechts. Es sei evident,
dass die Ausbeutungssituation des Menschenhandelstatbe-
standes nur durch die Aussage von Opfern nachweisbar sei.
Die Schaffung des Prostitutionsgesetzes sei der erste Schritt

chend gewesen sei. Dieser Weiterentwicklung diene der
vorliegende Gesetzentwurf. In einem weiteren Schritt könn-
ten die Fragen der Fortentwicklung des Gewerberechts und
des Aufenthaltsrechts angegangen werden. Eine Ablehnung
des vorliegenden Gesetzentwurfs müsse als klare Absage an
die von allen Fraktionen als vernünftig angesehenen ersten
Schritte verstanden werden.

IV. Zur Begründung des Beschlussempfehlung

Im Folgenden wird lediglich die vom Rechtsausschuss emp-
fohlene Änderung gegenüber der ursprünglichen Fassung
des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die un-
veränderte Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird
auf die Begründung in Drucksache 17/13706 verwiesen.

Mit der vom Rechtsausschuss empfohlenen Ergänzung der
Neufassung von § 233 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuchs
(StGB) soll eine Anregung aus der öffentlichen Anhörung
des Rechtsausschusses am 24. Juni 2013 aufgegriffen wer-
den. Es soll ausdrücklich klargestellt werden, dass (auch)
das Bringen einer Person unter einundzwanzig Jahren zur
Aufnahme oder Fortsetzung von Betteltätigkeiten, zur Be-
gehung mit Strafe bedrohter Handlungen oder dazu, sich ein
Organ entnehmen zu lassen, nur dann unter den Tatbestand
des § 233 Absatz 1 Satz 2 StGB fällt, wenn es zum Zwecke
der Ausbeutung geschieht. In der öffentlichen Anhörung
waren nämlich Befürchtungen im Hinblick auf eine zu weit-
gehende Strafbarkeit geäußert worden. Diesen Bedenken
soll durch die vorgeschlagene Klarstellung, die den Wort-
laut von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2011/36/EU auf-
greift, Rechnung getragen werden. § 232 Absatz 1 StGB
enthält bereits im Hinblick auf die dort genannten sexuellen
Handlungen eine vergleichbare Regelung, den bisher in
§ 233 Absatz 1 StGB genannten Verhältnissen (Sklaverei,
Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder Beschäftigung zu
Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhält-
nis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen
oder Arbeitnehmer steht, die die gleiche oder eine ver-
gleichbare Tätigkeit ausüben) ist das Ausbeutungsmoment
immanent.

Berlin, den 26. Juni 2013

Ute Granold
Berichterstatterin

Dr. Eva Högl
Berichterstatterin

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Jens Petermann
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter
Drucksache 17/14215 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wichtige Klarstellungen. Das mit dem Änderungsantrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderte Bleibe-
recht sei vor allem im Hinblick auf Drittstaatsangehörige,
die keinen Aufenthaltstitel als EU-Bürger in Anspruch neh-
men könnten zu prüfen und stehe in engem Zusammenhang
mit der Verbesserung der Aufklärungsmöglichkeiten bei
Menschenhandel durch Sicherung des Aufenthalts von
Opferzeugen. Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN geforderte Bestrafung von Freiern, die um das

gewesen, an den nunmehr mit der Eröffnung des Anwen-
dungsbereichs der Gewerbeordnung angeknüpft werden
könne. Weil aber der Begriff der Prostitutionsstätte nicht de-
finiert werde, drohten die Aufsichtsinstrumente wirkungslos
zu bleiben. Zur effektiven Bekämpfung des Menschenhan-
dels gehöre ferner die Einführung der Freierstrafbarkeit.

Die Fraktion der FDP entgegnete, das Prostitutionsgesetz
bedürfe der dringenden Weiterentwicklung, weil es bereits
zum Zeitpunkt seines ursprünglichen Beschlusses unzurei-

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