BT-Drucksache 17/13967

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/12637, 17/13951 - Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13967
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Nicole Maisch, Volker Beck (Köln),
Cornelia Behm, Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn,
Dr. Anton Hofreiter, Memet Kilic, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan
Kühn, Undine Kurth (Quedlinburg), Jerzy Montag, Dr. Konstantin von Notz,
Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner, Markus Tressel,
Daniela Wagner, Wolfgang Wieland, Dr. Valerie Wilms, Josef Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/12637, 17/13951 –

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und
zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) erfol-
gende Vereinfachung der gesetzlichen Regelungen zu Fernabsatzgeschäften
und zu Vertragsschlüssen außerhalb von Geschäftsbereichen ist grundsätzlich zu
begrüßen. Bei der Richtlinie handelt es sich weitestgehend um maximalharmo-
nisierte Vorschriften. Dennoch lassen die europäischen Vorgaben in gewissem
Umfang zu, dass die Mitgliedstaaten eigene Regelungen zum Verbraucherschutz
beibehalten oder einführen. Diese Möglichkeit nimmt die Bundesregierung
nicht wahr. Im Gegenteil sollen durch den vorliegenden Gesetzentwurf sogar be-
stehende Verbraucherrechte zum Teil abgeschwächt werden. Die Bundesregie-
rung muss dafür Sorge tragen, dass im Rahmen der Umsetzung der Verbraucher-
rechterichtlinie das bisherige nationale Verbraucherschutzniveau nicht unnötig
unterschritten wird. Dies entspricht auch Artikel 1 der Richtlinie, der die Er-
reichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus vorsieht, um damit zum ord-
nungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen.

Insbesondere die Ausnahmeregelungen im Widerrufsrecht widersprechen dem
Ziel des Verbraucherschutzes, zudem sind sie rechtssystematisch nicht sinnvoll.
So ist es zum Beispiel nicht begründbar, warum das bislang geltende Wider-

spruchsrecht für Pauschalreisen, die außerhalb von Geschäftsräumen gebucht
wurden, durch den Gesetzentwurf verwehrt werden soll. Laut Verbraucherzen-
tralen liegen viele Verbraucherbeschwerden über Pauschalreisen vor, die bei
sog. Kaffeefahrten zunächst als Reisegewinne beworben werden, aber nur
durch Zuzahlung zu realisieren sind. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf
könnten solche Verträge in Zukunft nicht mehr widerrufen werden.

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Darüber hinaus sollen die Neuregelungen im Verbraucherschutzrecht zum An-
lass genommen werden, auch in anderen Bereichen wie dem Gewährleistungs-
recht die Durchsetzung der Verbraucherrechte zu stärken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den Anwendungsbereich der Verbraucherschutzbestimmungen im europa-
rechtlich zulässigen Umfang zu erweitern und dabei insbesondere

a) das Widerrufsrecht für Pauschalreisen, die außerhalb von Geschäftsräu-
men gebucht werden, zu erhalten,

b) das Widerrufsrecht für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene
Bauverträge und Verträge über erhebliche Umbaumaßnahmen nicht aus-
zuschließen,

c) ein Widerrufsrecht bei Verträgen über die Lieferung von Lebensmitteln,
Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs,
die außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen wer-
den, zu ermöglichen, wenn es sich um laufzeitgebundene Abonnements
handelt,

d) klarzustellen, dass auch Ware nach Kundenspezifikation widerrufbar ist,
wenn sie aus vorgefertigten Standardbauteilen zusammengefügt wird, die
mit verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung ihrer
Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder getrennt werden können,

e) die Informationspflichten bei Abschlüssen von Personenbeförderungs-
verträgen nicht generell auszunehmen,

f) die Informationspflichten bei Warenautomaten sowie automatisierten Ge-
schäftsräumen nicht generell auszunehmen, sondern nur für den Fall
eines unverhältnismäßigen technischen Aufwands die Möglichkeit für
Ausnahmen von der Informationspflichten zu schaffen,

g) den Anwendungsbereich nicht auf entgeltliche Verträge zu beschränken;

2. die Regelungen über die Bestätigung eines außerhalb von Geschäftsräumen
geschlossenen Vertrages so zu gestalten, dass Informationen, die nicht in
direktem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss überlassen wurden,
nicht zur Erfüllung der Informationspflichten ausreichen;

3. zu prüfen, wie Sanktionssysteme bei Verstößen gegen Informationspflichten
effektiver gestaltet werden können;

4. eine Regelung über den Vertragsschluss bei Telefonwerbung zu treffen, wo-
nach bei unzulässigen Werbeanrufen des Unternehmers beim Verbraucher
das Wirksamwerden eines telefonisch geschlossenen Vertrages von der
schriftlichen Vertragsbestätigung des Verbrauchers abhängt (Bestätigungs-
lösung);

5. eine Ausdehnung der erfolgreich eingeführten sogenannten Buttonlösung
zum Schutz vor Vertragsfallen im Internet auf den Bereich b2b zu prüfen;

6. im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht Regelungen vorzulegen, die

a) sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Inanspruch-
nahme einer Herstellergarantie keine Nachteile bezüglich der Geltendma-
chung ihrer gesetzlichen Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäu-
fer hinnehmen müssen,

b) die Beweislastumkehr bei Vorliegen eines Sachmangels von derzeit sechs
Monaten auf zwei Jahre ausdehnen und zu prüfen, um welche Zeitspanne

die Gewährleistungsfristen verlängert werden sollten,

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c) die Kostentragung beim Ausbau einer mangelhaften Sache und Einbau
einer mangelfreien Sache gesetzlich zu regeln, um die in der Rechtspre-
chung gespaltene Auslegung der kaufrechtlichen Nacherfüllung im Bür-
gerlichen Gesetzbuch zu vermeiden und die berechtigten Interessen von
kleinen und mittelständischen Unternehmen zu berücksichtigen.

Berlin, den 12. Juni 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Zu Nummer 1

Die Richtlinie lässt es ausdrücklich zu, dass Mitgliedstaaten im Einklang mit
dem Unionsrecht weiterhin nationale Rechtsvorschriften zu Themen einführen
oder beibehalten, die nicht in der Richtlinie behandelt werden.

Zu Buchstabe a

Die von der Richtlinie eröffnete Möglichkeit eines Widerrufsrechts bei Reise-
verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, sollte erhal-
ten werden. Nach dem Gesetzentwurf wäre ein Widerruf einer z. B. auf einer
sog. Kaffeefahrt gebuchten Reise nicht möglich (§ 312 Absatz 2 Nummer 4
BGB-E). Damit würde das nach geltendem Recht bestehende Verbraucher-
schutzniveau unterschritten. Die Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (90/
314/EWG) reicht hier nicht aus, da die dortigen Regelungen über den Rücktritt
vom Reisevertrag weder in den Voraussetzungen noch den Folgen einem Wider-
rufsrecht gleichstehen.

Zu Buchstabe b

Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, warum bei Bauverträgen und Verträ-
gen über erhebliche Umbaumaßnahmen kein Widerrufsrecht bestehen soll,
wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden und der Verbrau-
cher sich in einer Situation der „Überrumplung“ befindet (§ 312 Absatz 2
Nummer 3 BGB-E). Gerade bei Verträgen, die mit hohen Kosten verbunden
sind, ist ein Widerrufsrecht für den Verbraucher erheblich. Der Ausschluss die-
ses Bereichs ist verfehlt, angesichts dessen, dass der Verbraucher ansonsten
jeden Vertrag über kleinere Baumaßnahmen (über der Bagatellgrenze von
40 Euro), den er z. B. auf der Baustelle erteilt hat, widerrufen kann.

Zu Buchstabe c

Die Ausnahme für Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken
und sonstigen Waren des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthalts-
ort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rah-
men häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden (§ 312 Absatz 2
Nummer 8 BGB-E), bedeutet ebenfalls eine Absenkung des geltenden Verbrau-
cherschutzniveaus. Dies betrifft etwa den langfristigen Bezug sog. Biokisten,
aber auch die Versorgung mittels „Essen auf Rädern“. Diese Bereichsausnahme
sollte entweder ganz gestrichen werden oder zumindest eine Rückausnahme für
die Fälle vorsehen, in denen ein langfristiges, nicht jederzeit oder mit sehr kur-
zer Frist kündbares Abonnement abgeschlossen wird.

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Zu Buchstabe d

Bei der Ausnahme vom Widerrufsrecht für nach Verbraucherspezifikation ange-
fertigten Waren (§ 312g Absatz 2 Nummer 1 BGB-E) sollte klargestellt werden,
dass die „Build to order“-Konstellationen, in denen dem Verbraucher verschie-
dene Varianten eines Produktes in einem Baukastensystem angeboten werden,
weiterhin widerrufbar bleiben. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers darf nur
dann ausgeschlossen sein, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die
Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unter-
nehmer im Falle ihrer Rücknahme deshalb (wirtschaftlich) wertlos ist, weil er
sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig
nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen
absetzen kann (vgl. „Dell-Entscheidung“, BGH VIII ZR 295/01).

Zu Buchstabe e

Die generelle Ausnahme von den Informationspflichten bei Personenbeförde-
rungsverträgen (§ 312 Absatz 2 Nummer 5 BGB-E) ist nicht nachvollziehbar
und angesichts zunehmender Liberalisierung des Transportwesens nicht sinn-
voll.

Zu Buchstabe f

Warenautomaten bzw. automatisierte Geschäftsräume verfügen zunehmend
über Displays oder interaktive Bedienelemente und sind in diesen Fällen ver-
gleichbar mit dem E-Commerce oder Mobile Commerce (Verwendung von
Smartphones). Statt einer vollständigen Ausnahme sollte daher eine Lockerung
der Informationspflichten bei Warenautomaten bzw. automatisierten Geschäfts-
räumen nur in solchen Fällen zugelassen werden, wenn weitergehende Infor-
mationen einen unverhältnismäßigen technischen Aufwand bedeuten.

Zu Buchstabe g

Der Anwendungsbereich (§ 312) ist derzeit beschränkt auf Verbraucherver-
träge, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben.
Diese Einschränkung verstößt gegen die Richtlinie und berücksichtigt nicht,
dass für digitale Güter wie Apps häufig kein Entgelt gezahlt wird, jedoch Daten
des Verbrauchers zur Verfügung gestellt werden. Auch diese Form des „Bezah-
lens“ durch Weitergabe von Daten sollte im Anwendungsbereich berücksichtigt
werden.

Zu Nummer 2

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge bedürfen der schrift-
lichen Bestätigung. In dieser Bestätigung muss der Unternehmer grundsätzlich
gesetzlichen Informationspflichten nachkommen. Davon ist allerdings eine
Ausnahme vorgesehen, wenn diese Informationen dem Verbraucher bereits vor
Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger überlassen wurden (§ 312f
Absatz 1 Satz 3 BGB-E). Damit besteht die Gefahr, dass Informationspflichten
faktisch umgangen werden, indem z. B. durch Einwurf eines Werbeprospekts
beim Verbraucher im Vorfeld des Vertragsabschlusses die Informationen bereits
zugänglich gemacht werden. Diese Art der Informationserteilung wird vom
Verbraucher nicht im erforderlichen Maße wahrgenommen und erfüllt so ihren
Zweck nicht. Einer solchen Umgehung von Pflichten muss vorgebeugt werden.

Zu Nummer 3

Die Umsetzung der Richtlinie hat den Wegfall bestimmter vertragsrechtlicher
„Sanktionen“ zur Folge. So entfallen das unbefristete Widerrufsrecht des Ver-

brauchers bei mangelhafter Widerrufsbelehrung und die Verlängerung der Wi-

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derrufsfrist, wenn erst nach Vertragsschluss über die Rechte belehrt wurde.
Diese vertragsrechtlichen Folgen dienten bisher als wirksames Instrument, um
die Einhaltung von Informationspflichten zu gewährleisten. Eine wirksame,
den Wegfall bisheriger vertragsrechtlicher Folgen ersetzende Sanktion im Falle
der Nichteinhaltung der Pflichten ist im Gesetz nicht vorgesehen. Kommt der
Unternehmer seinen Informationspflichten nicht nach, so kann dies theoretisch
mit einer Unterlassungsklage geahndet werden. Dieser Weg ist aber wenig er-
folgsversprechend und bietet keine wirksame Sanktion. Dem Verbraucher
bleibt nach Ablauf der Widerrufsfrist allenfalls die Möglichkeit, einen im Ein-
zelnen zweifelhaften Anspruch auf Schadensersatz geltend zu machen. Damit
ist das Erfordernis der Richtlinie, die Einhaltung der Verbraucherschutznormen
durch angemessene wirksame Mittel und abschreckende Sanktionen sicherzu-
stellen, nicht erfüllt. Ein wirksames Sanktionssystem könnte sowohl vertrags-
rechtliche als auch gewerberechtliche Folgen bei Pflichtverletzungen umfassen.
Beispielsweise sollte hierzu eine Verschärfung der Unrechtsgewinnabschöp-
fung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb dienen.

Zu Nummer 4

Artikel 8 Absatz 6 der Verbraucherrechterichtlinie sieht ausdrücklich die Mög-
lichkeit einer nationalen Sonderregelung der Mitgliedstaaten für den Vertrags-
schluss bei Telefonwerbung vor und verweist zu Recht auf den Weg einer Be-
stätigungslösung. Danach ist die Wirksamkeit eines bei Werbeanrufen tele-
fonisch geschlossenen Vertrages von der schriftlichen Vertragsbestätigung des
Verbrauchers abhängig. In Deutschland besteht gesetzgeberischer Handlungsbe-
darf. Die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung
haben sich weitgehend als unwirksam erwiesen. Auch nach Inkrafttreten des
Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung
des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen im August 2009 haben
die Bundesnetzagentur und die Verbraucherzentralen tausende von Beschwer-
den wegen unerwünschter Telefonwerbung erfasst. Der vom Bundeskabinett
beschlossene Regierungsentwurf vom 13. März 2013 für ein Gesetz gegen
unseriöse Geschäftspraktiken, der das Problem untergeschobener Verträge und
unerlaubter belästigender Telefonwerbung für Gewinnspielverträge zu lösen
versucht, schützt Verbraucher nicht ausreichend vor untergeschobenen Verträ-
gen. Diese auf Gewinnspiele beschränkte Lösung ist viel zu eng gefasst. Die in
anderen Branchen geschlossenen Verträge bleiben trotz unlauteren Wett-
bewerbsverhaltens der Unternehmen wirksam. Die derzeitigen rechtlichen Re-
gelungen bürden den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf, sich erst durch
Widerruf von einem solchen unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu-
stande gekommenen Vertrag lösen zu können. Dies ist nicht sachgerecht. Eine
effiziente Durchsetzung des Verbots der Telefonwerbung ohne vorherige Ein-
willigung bedarf einer gesetzlichen Regelung, die bereits an die Rechtswirksam-
keit des Vertragsabschlusses ansetzt.

Zu Nummer 5

Die Regelungen zur Bekämpfung von Vertragsfallen (so genannte Button-
lösung) haben nach Erkenntnissen der Verbraucherberatung zu einem massiven
Rückgang des Problems der Internetkostenfallen geführt. Da die Regelungen
nur für Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern (b2c), nicht jedoch
auch für Verträge zwischen Unternehmen (b2b) gelten, lässt sich inzwischen
laut Experten bereits als neuer Trend beobachten, dass sich Internetseiten mit
Vertragsfallen nun vordergründig an (vermeintliche) Unternehmer richten und
demnach keine sog. Buttonlösung einsetzen müssen. Doch auch Verbraucher
haben Zugang zu diesen Seiten und können somit nach wie vor in Kostenfallen

gelockt werden. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Buttonlösung

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auf den Bereich der Verträge zwischen Unternehmen (b2b) sollte daher erwo-
gen werden, um auch diese Vertragsfallen wirkungsvoll zu verhindern.

Zu Nummer 6

Zu Buchstabe a

Zusätzlich vom Hersteller gegebene Garantien bleiben häufig hinter den ge-
setzlich vorgegebenen Gewährleistungspflichten der Verkäufer zurück. Zum
Beispiel werden Nebenkostenerstattungen für Lieferung oder Ein-/Ausbau
eines defekten Gerätes häufig nicht durch die Garantie abgedeckt, wohingegen
dies im Rahmen der Gewährleistung umfasst ist. Nimmt ein Käufer aus Unwis-
senheit oder aufgrund von Falschberatung durch Verkäufer oder Hersteller die
Garantie in Anspruch, verwirkt er damit seinen Anspruch auf Nacherfüllungs-
leistungen gegenüber dem Verkäufer. Da dies nicht im Sinne der Richtlinie ist,
sollte eine ausdrückliche Regelung aufgenommen werden, wonach die Rechte
des Käufers gegen den Verkäufer unbeschadet einer Abhilfe durch den Herstel-
ler gelten und der Käufer aus der Inanspruchnahme einer Herstellergarantie
keine Nachteile in Bezug auf diese Rechte erleidet.

Zu Buchstabe b

Während früher Ansprüche aus Gewährleistungsrechten innerhalb von sechs
Monaten verjährten, wurde die Gewährleistungsfrist im Rahmen der Schuld-
rechtsmodernisierung auf zwei Jahre angehoben. In dem Zeitraum von zwei Jah-
ren soll der Verbraucher gegenüber seinem Verkäufer geltend machen können,
dass die gekaufte Sache mangelhaft ist und Nacherfüllung verlangen können.
Das Gewährleistungsrecht ist jedoch nur innerhalb der ersten sechs Monate nach
Übergabe der Sache an den Verbraucher effektiv, da nur für diesen Zeitraum eine
Beweislastumkehr gilt. Nach diesen sechs Monaten muss der Verbraucher be-
weisen, dass die Sache bereits bei Übergabe einen Mangel hatte. Den Verbrau-
chern ist dies in der Regel nicht möglich, sodass die Gewährleistungsfrist in den
letzten anderthalb Jahren, in denen der Verbraucher eigentlich seine Mängel-
rechte geltend machen könnte, faktisch ins Leere läuft. Daher sollte zur tatsäch-
lichen Ausschöpfung der vorgesehenen Gewährleistungsfrist die Beweislastum-
kehr entsprechend verlängert werden. Die Länge der Gewährleistungsfrist ist
europarechtlich nicht zwingend vorgeschrieben. In den Mitgliedsländern der
Europäischen Union variiert daher die Länge der Gewährleistungsfrist von zwei
Jahren bis zu sechs Jahren. Ebenso ist der Beginn der Gewährleistungsfrist nicht
einheitlich geregelt, sodass teilweise nicht auf den Zeitpunkt der Ablieferung der
Ware abgestellt wird, sondern erst auf den Tag der Mängelanzeige. Hier sollte
geprüft werden, welche Verlängerungen der Gewährleistungsfrist als sinnvoll
und welche Zeitspannen als angemessen zu beurteilen sind. Im Rahmen der Er-
arbeitung der EU-Verbraucherrechterichtlinie wurde von einigen EU-Staaten
eine Verlängerung auf vier Jahre angeregt. Ebenso sollte geprüft werden, ob eine
Angleichung der Gewährleistungsfristen an bereits bestehende nationale Vor-
schriften zweckmäßig sein könnte; beispielsweise sollte in Betracht gezogen
werden, statt der gesonderten Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche
die Geltung der allgemeinen Verjährungsfristen anzuwenden.

Zu Buchstabe c

Nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, dass die Nacherfül-
lungspflicht eines Unternehmers gegenüber einem Verbraucher den Ein- und
Ausbau der mangelhaften Ware umfasst, hat der Bundesgerichtshof § 439
Absatz 1 BGB richtlinienkonform dahingehend ausgelegt, dass die dort
genannte Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ auch

den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache erfasst
(VIII ZR 70/08). Dabei handelt es sich um eine Entscheidung, die zunächst nur

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13967

auf Verbrauchsgüterkäufe beschränkt ist, da sie auf der Entscheidung des Euro-
päischen Gerichtshofs beruht, welche nur die Auslegung der Richtlinie zum
Verbraucherschutz betrifft. Aus einem weiteren Urteil des Bundesgerichtshofs
(VIII ZR 226/11) wird deutlich, dass die richtlinienkonforme Auslegung der
Norm sich auf Verbraucherverträge im Sinne des § 474 BGB beschränkt. Das
hat zur Folge, dass § 439 Absatz 1 BGB, der grundsätzlich für alle Kaufver-
träge gilt, gespalten ausgelegt werden muss: einerseits für den Verbrauchsgüter-
kauf, andererseits für Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen
Verbrauchern. Die gespaltene Auslegung einer Norm ist keine befriedigende
Lösung. Es bedarf daher einer Neuregelung zur Kostentragung beim Ein- und
Ausbau. Diese Regelung muss das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in sei-
ner Gesamtheit berücksichtigen. So heißt es im Urteil des Europäischen Ge-
richtshofs: „Im Übrigen werden die finanziellen Interessen des Verkäufers […]
auch durch das in Artikel 4 der Richtlinie bestätigte Recht [geschützt], Rück-
griff gegen die Haftenden innerhalb derselben Vertragskette zu nehmen. Der
Umstand, dass nach der Richtlinie der Verkäufer dem Verbraucher für jede Ver-
tragswidrigkeit haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts be-
steht, wird folglich dadurch kompensiert, dass der Verkäufer nach den anwend-
baren Bestimmungen des nationalen Rechts den Hersteller, einen früheren Ver-
käufer innerhalb derselben Vertragskette oder eine andere Zwischenperson in
Regress nehmen kann“ (C-65/09, C-87/09; Rn. 58). Kann der Verkäufer bei
Ein- und Ausbaukosten nicht auf Regressregelungen zurückgreifen, werden na-
tional andere Maßstäbe angelegt als vom Europäischen Gerichtshof angenom-
men. Eine neue Norm muss zumindest den Regress innerhalb der Vertragskette
ermöglichen, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits
beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer bestand. Eine Regelung, die
sich nur auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt, würde sich zu Lasten kleiner
und mittelständischer Unternehmen auswirken, da diese ihre Ein- und Ausbau-
kosten nicht gegenüber dem Hersteller geltend machen könnten.

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