BT-Drucksache 17/13110

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksachen 17/5521, 17/13066(neu) - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Anti-D-Hilfegesetzes

Vom 16. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13110
17. Wahlperiode 16. 04. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Heidrun
Dittrich, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Yvonne Ploetz, Kathrin
Senger-Schäfer, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Abgeordneten Dr. Martina Bunge,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksachen 17/5521, 17/13066(neu) –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Anti-D-Hilfegesetzes

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In der Anhörung und in den Stellungnahmen zum vorliegenden Gesetzentwurf
wurde deutlich, dass es sinnvoll ist, über die darin enthaltenen Regelungsvor-
schläge hinaus, Ergänzungen vorzunehmen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. Die Versorgungsmedizin-Verordnung wird an die neuesten wissenschaftli-
chen Kenntnisse angepasst. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
wird aufgefordert, die extrahepatischen Manifestationen nach § 1 des Bun-
desversorgungsgesetzes (BVG) entsprechend der S3-Leitlinie zur Hepatitis
C als Folge einer Schädigung anzuerkennen und in die Versorgungsmedizin-
Verordnung einzubringen.

2. Neben den Folgen der Erkrankung werden künftig auch die Nebenwirkun-
gen der Therapie bei der Festsetzung der Rentenhöhe berücksichtigt. Gege-
benenfalls ist die Versorgungsmedizin-Verordnung um diesen Aspekt der
Therapiefolgen zu erweitern.

3. Die Begutachtung der Betroffenen nach dem Anti-D-Hilfegesetz erfolgt
künftig allein durch spezialisierte Fachärztinnen und Fachärzte, wie Hepato-

loginnen und Hepatologen oder Internistinnen und Internisten mit entspre-
chendem Schwerpunkt.

4. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes führt bei den Betroffenen in
entsprechender Anwendung des § 62 Absatz 3 BVG künftig nicht mehr zu
Rentenkürzungen.

Drucksache 17/13110 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Bei der Ermittlung oder Anrechnung von Einkommen, sonstigen Einnahmen
und Vermögen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Zweiten, Dritten,
Fünften und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und dem Bürgerlichen Ge-
setzbuch, bleiben Leistungen nach dem Anti-D-Hilfegesetz außer Betracht.

Berlin, den 16. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Zwischen dem 2. August 1978 und dem 14. März 1979 wurden in der DDR
Frauen mit Hepatitis-C-Virus mit verseuchten Anti-D-Immunglobulinen behan-
delt. Dadurch erlitten fast 3 000 Personen eine chronische Hepatitis-C-Virus-
Infektion mit diversen Folgeerkrankungen. Die vorgeschriebene Maßnahme
diente nach Geburten bei Rhesusfaktor-Unverträglichkeit der Verhinderung von
Schädigungen bei nachgeborenen (späteren) Kindern.

Das am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Anti-D-Hilfegesetz (AntiDHG) um-
fasst für Betroffene neben Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung finan-
zielle Hilfen als Einmalzahlung und als monatliche Rente ab einem bestimmten
Ausmaß der Schädigung. Berechtigt sind auch die Kontaktpersonen, die von
den unmittelbar betroffenen Frauen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert wur-
den, sowie Hinterbliebene.

In der Versorgungsmedizin-Verordnung fehlen die häufig mit einer Hepatitis
einhergehenden extrahepatischen Manifestationen, obwohl diese in der S3-
Leitlinie zu Hepatitis-C-Infektionen schon Eingang gefunden haben. Das Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales hat die Möglichkeit extrahepatischen
Manifestationen nach § 1 BVG in die Versorgungsmedizin-Verordnung aufzu-
nehmen, wenn die Anerkennung nicht erfolgt, weil über die Ursache des festge-
stellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht.

Zudem fehlt es an einer Anerkennung der Leiden, die durch die Therapien auf-
treten, die teilweise mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen. Während
die Verbesserungen der Hepatitis C durch eine Therapie Anlass zur Verringe-
rungen der Rentenzahlungen bieten, werden die Verschlechterungen des Ge-
sundheitszustandes durch die Therapien, die sich gar nicht im Bereich der Sym-
ptome der Hepatitis C befinden müssen, nicht anerkannt. Aber auch diese Lei-
den sind letztlich ursächlich auf die damalige Infektion zurückzuführen.

Betroffene und Verbände berichteten über teilweise jahrzehntelange Auseinan-
dersetzungen mit den Versorgungsämtern, die unter anderem zu unbefriedigen-
den Ergebnissen führen, weil die Gutachter oftmals nicht die erforderlichen
Kenntnisse zur Beurteilung der Folgen einer Hepatitis-C-Infektion aufweisen.

Der Vorfall mit Anti-D, bei dem den Betroffenen großes Unrecht zugefügt
wurde, ist nun über 30 Jahre her. Immer wieder mussten und müssen die betrof-
fenen Frauen einerseits bei Verschlechterungen ihres Gesundheitszustandes
Verschlechterungsanträge stellen, aber auch nachweisen, dass bei ihnen keine
Verbesserungen eingetreten sind. Die Aussagen der Betroffenen in der Anhö-
rung haben sehr deutlich gemacht, dass sie sich drangsaliert fühlen und sehr
unter den langen Gerichtsverfahren leiden. Es wird Zeit, ihnen zumindest zu er-
sparen, immer wieder nachzuweisen, dass keine Verbesserungen stattgefunden
haben und in der Angst leben zu müssen, dass die vorher erstrittene Rente

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13110

wieder gekürzt werden kann und sich alle paar Jahre wieder einer Begutach-
tung unterziehen zu müssen.

Die hälftige Anrechnung der monatlichen Renten nach dem Anti-D-Hilfegesetz
auf die Sozialleistungen führt dazu, dass Menschen mit Bezug von Sozialleis-
tungen weniger entschädigt werden als solche ohne Sozialleistungsbezug. Die
Entschädigungsleistungen stellen auch und vor allem eine Wiedergutmachung
dar, die dadurch in Frage gestellt wird. Zudem findet eine Ungleichbehandlung
gegenüber anderen Geschädigten, die Leistungen etwa nach dem Contergan-
stiftungsgesetz oder dem HIV-Hilfegesetz erhalten, statt.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.