BT-Drucksache 17/13097

Informationsfreiheit weiter entwickeln

Vom 17. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13097
17. Wahlperiode 17. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger,
Memet Kilic, Jerzy Montag, Claudia Roth (Augsburg), Wolfgang Wieland, Josef
Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Informationsfreiheit weiter entwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen und
Verwaltungshandeln sind die Grundlagen einer modernen demokratischen
Gesellschaft. Transparenz ist kein Selbstzweck und kein Allheilmittel. Trans-
parenz ist Voraussetzung für die Verständlichkeit politischen Handelns, das Ver-
trauen in demokratische Strukturen und effektive Mitbestimmung durch mün-
dige Bürgerinnen und Bürger, sie beugt Korruption und Misswirtschaft mit
öffentlichen Mitteln vor. Und nicht zuletzt dient sie dem Schutz des Einzelnen
und der Allgemeinheit, etwa vor gesundheitsschädlichen Praktiken öffentlicher
oder privater Unternehmen oder vor der Missachtung der Menschenrechte. Es
versteht sich von selbst, dass dabei berechtigte private und öffentliche Interes-
sen wie der Daten- und Persönlichkeitsschutz, Geschäftsgeheimnisse und die
Sicherheit geschützt werden müssen. Angesichts der gewachsenen Komplexität
politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen und Zusammenhänge ist Trans-
parenz nötiger denn je. Denn ohne die Beleuchtung gesellschaftlicher Vorgänge
im offenen Diskurs sind ausgewogene Entscheidungen ebenso wenig möglich
wie öffentliche Kontrolle durch Politik und Zivilgesellschaft.

Bürgerinnen und Bürger fordern Transparenz zu Recht ein, sie wollen – auf
Augenhöhe informiert – mitbestimmen. Das ist eine Chance für die moderne
Demokratie. Eine Vielfalt ganz unterschiedlicher und auch innovativer Instru-
mente kann den Zielen von mehr Transparenz und Mitbestimmung dienen.

Das erste Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes, das 2006 in Kraft
getreten ist, war ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz in
Deutschland. Es schafft Auskunftsansprüche der Bürgerinnen und Bürger. Das
Gesetz hat sich bewährt und wird von den Bürgerinnen und Bürgern gut ange-
nommen. Die Zahl der Informationsersuchen an Bundesministerien und andere
nach dem IFG auskunftspflichtige Bundeseinrichtungen ist 2012 im Vergleich
zum Vorjahr um fast 100 Prozent auf 6 077 gestiegen.

Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass das Gesetz reformiert werden muss. Der

dritte Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit (Bundestagsdrucksache 17/9100) zeigt, ebenso wie Beiträge
aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft, Schwachstellen des Gesetzes und der
Praxis des Informationszugangs auf, insbesondere im Hinblick auf Ausnahme-
tatbestände des IFG und die Verfahrens- und Kostenregelungen. Ein weiterer in
der Praxis relevanter Problemkreis ist die Abgrenzung des IFG zum Umwelt-

Drucksache 17/13097 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
informationsgesetz und zum Verbraucherinformationsgesetz (S. 18 ff. des Tä-
tigkeitsberichts).

Der Deutsche Bundestag hat nach einer entsprechenden fraktionsübergreifenden
Einigung das Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation Speyer mit
der Erstellung eines Evaluierungsberichts zum IFG beauftragt. Der Evaluie-
rungsbericht umfasst 565 Seiten und wurde im Mai 2012 vorgelegt. Er wurde auf
der Homepage des Innenausschusses des Deutschen Bundestages veröffentlicht
(www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/Analysen_und_Gutachten/
Gutachten_IFG.pdf) und enthält eine Vielzahl von Empfehlungen für die Reform
des Informationsfreiheitsgesetzes.

Die Informationsfreiheit in Europa hat sich zudem seit 2006 aufgrund der neuen
Möglichkeiten, die das Internet bietet, weiter entwickelt. Das Hamburger Trans-
parenzgesetz markiert die Entwicklung hin zu einer Informationsfreiheits-
gesetzgebung der zweiten Generation, bei der Behörden verpflichtet werden,
amtliche Dokumente und aufbereitete Informationen – bereitgestellt im Rah-
men eines öffentlichen Registers mit Suchfunktionen – im Internet grundsätz-
lich online zugänglich zu machen. Solche Open-data-Verpflichtungen enthält
das IFG in der geltenden Fassung nicht.

Das neue Datenportal govdata.de der Bundesregierung ist zwar ein Schritt in
die Richtung, kann aber gesetzliche Open-data-Verpflichtungen der Behörden
nicht ersetzen. Denn ohne gesetzliche Verpflichtung ist eine umfassende Veröf-
fentlichung von Originaldokumenten offensichtlich ebenso wenig durchsetzbar
wie die Verwendung freier Lizenzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

als ersten Schritt hin zur nötigen Reform des IFG

auf der Grundlage des Evaluierungsberichts zum IFG einen Gesetzentwurf zur
Änderung des IFG vorzulegen, der

a) die Ausnahmetatbestände der §§ 3 bis 6 IFG, aufgrund derer Informationen
verweigert werden können, reformiert und dabei insbesondere den bisher ab-
soluten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch Einführung
einer Abwägungsklausel einschränkt,

b) die Behörden verpflichtet, amtliche Originaldokumente sowohl als auch auf-
bereitete Informationen im Internet zur Verfügung zu stellen (open data) und

c) nach dem Vorbild der EU die Behörden verpflichtet, ein Dokumentenregister
im Internet zu führen.

Berlin, den 16. April 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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