BT-Drucksache 17/1230

zu der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksachen 17/257, 17/1135 - Menschenrechte weltweit schützen

Vom 24. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1230
17. Wahlperiode 24. 03. 2010

Änderungsantrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Marieluise Beck (Bremen),
Viola von Cramon-Taubadel, Kai Gehring, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Uwe
Kekeritz, Katja Keul, Memet Kilic, Ute Koczy, Agnes Malczak, Jerzy Montag,
Kerstin Müller (Köln), Dr. Konstantin von Notz, Omid Nouripour, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/257, 17/1135 –

Menschenrechte weltweit schützen

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:

1. In Abschnitt I wird nach der Überschrift „Menschenrechtsschutzsysteme
stärken“ der dritte Absatz wie folgt gefasst:

„Basis des europäischen Menschenrechtsschutzes war die Einrichtung des
Europarates, der 47 Mitgliedsländer, darunter auch Russland umfasst, und die
Formulierung der „Europäischen Menschenrechtskonvention“ (EMRK). Als
weltweit einzigartig in seinen Befugnissen gilt neben der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates der Europäische Gerichtshof für Menschen-
rechte (EGMR). Sein Rechtsraum umfasst 47 Mitgliedstaaten mit über 800
Millionen Menschen. Er ist der Wächter der EMRK und Bewahrer grund-
legender Rechte eines jeden Einzelnen. Die Akzeptanz des EGMR kann man
an der regelrechten Klageflut ersehen. Gleichzeitig stellt diese Tatsache eine
ernsthafte Bedrohung der Arbeitsfähigkeit des Gerichthofes in seiner heu-
tigen Gestalt dar. Mit seiner geringen Anzahl an Richtern und ca. 600 Mit-
arbeitern ist der EGMR der immensen Arbeitsbelastung nicht gewachsen. Er-
freulich ist zwar, dass Russland mittlerweile das 14. Zusatzprotokoll zur
EMRK ratifiziert hat und der Gerichtshof hierdurch nun endlich die Chance
besitzt, effektiver arbeiten zu können. Dies wird jedoch nicht reichen. Der
Zuwachs an Fallzahlen wird sich verlangsamen, ein Abbau ist aber nur durch
weitergehende Maßnahmen zu erreichen. Die Konferenz über die Zukunft
des EGMR in Interlaken am 18. und 19. Februar 2010 hat zu diesem Zweck
Vorschläge zu dessen Effizienzsteigerung erarbeitet. Es ist zu bedauern, dass
Russland als einziger Mitgliedstaat des Europarates noch nicht das 6. Zusatz-
protokoll zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe ratifiziert hat.
Nach dem Vorbild des EGMR wurden auch andere Menschenrechtsgerichts-
höfe wie der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte und der
Afrikanische Gerichtshof für Menschenrechte gegründet. Einen Beitrag zur
Stärkung der Menschenrechte in der Europäischen Union stellt die Charta der
Drucksache 17/1230 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Grundrechte der Europäischen Union dar. Mit Inkrafttreten des Vertrages von
Lissabon am 1. Dezember 2009 erlangte sie Rechtsverbindlichkeit. Bedauer-
lich und gleichzeitig bedenklich ist die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten
Großbritannien, Polen und Tschechien von ihrem Austrittsrecht Gebrauch
gemacht haben. Die EU-Grundrechtecharta bleibt trotz allem von überragen-
der Bedeutung für die Menschenrechte in Europa.“

2. In Abschnitt II wird in der Nummer 17 der Punkt nach dem Wort „aufzuneh-
men“ durch ein Semikolon ersetzt und folgende Nummern 18 und 19 werden
angefügt:

„18. die auf der Interlaken-Konferenz über die Zukunft des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte erarbeiteten Reformvorschläge aktiv
zu unterstützen und den EGMR entsprechend seiner gewachsenen Be-
deutung stärker als bislang finanziell zu unterstützen;

19. gegenüber Russland auf die Ratifizierung des 6. Zusatzprotokolls zur
EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe zu dringen;“

Berlin, den 23. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Zur Effizienzsteigerung des EGMR fand am 18. und 19. Februar 2010 in Inter-
laken eine Konferenz statt, die darüber hinausgehende Maßnahmen erarbeitet
hat. Die Bundesregierung war hierbei durch die Bundesministerin der Justiz ver-
treten. Sie schlug vor, „dem Gerichtshof die Hand zur Hilfe zu reichen“, aber
auch die Strukturen auf der europäischen Ebene zu verbessern. Der EGMR solle
einen weiteren Filtermechanismus bekommen, zudem solle eine neue Kategorie
von zusätzlichen Richtern geschaffen werden.

Nicht ratifiziert hat Russland weiterhin das 6. Zusatzprotokoll zur EMRK über
die Abschaffung der Todesstrafe. Dies vor dem Hintergrund, dass das russische
Verfassungsgericht am 25. November 2009 die Abschaffung der Todesstrafe
empfohlen hat. Nunmehr ist der russische Gesetzgeber in der menschenrecht-
lichen Pflicht, der Empfehlung seines höchsten Gerichts zu folgen. Hierzu ist die
Ratifizierung des 6. Zusatzprotokolls der erste wichtige Schritt.

Trotz der Regelung, dass jeder der 47 Mitgliedstaaten des Europarates je eine
Richterin oder einen Richter benennen soll, hat der EGMR derzeit nur 26 Rich-
terinnen und Richter, da die ukrainische Richterstelle momentan vakant ist. Es
ist daher von Vorteil, die Zahl der Richterinnen und Richter am EGMR im An-
tragstext nicht genau zu benennen.

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