BT-Drucksache 17/1148

Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen streichen

Vom 23. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1148
17. Wahlperiode 23. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Karin Binder, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Katrin Kunert,
Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Ingrid
Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten
Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen streichen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, den Stadtumbau in den neuen
Bundesländern nicht durch ungelöste Altschulden der Wohnungsunternehmen
– (nach dem Altschuldenhilfegesetz vom 23. Juni 1993, zuletzt geändert durch
Artikel 2 der Verordnung vom 31. Oktober 2006) – zu gefährden und die not-
wendigen Schritte zur Lösung der Altschuldenproblematik noch in diesem Jahr
einzuleiten. Die auf der Bundesebene bestehenden Hemmnisse für eine erfolg-
reiche Fortführung des Förderprogramms Stadtumbau Ost sind schnellstmög-
lich zu beseitigen.

Ziel ist die vollständige Entlastung aller von Altschulden betroffenen Woh-
nungsunternehmen unter der Bedingung, dass die Wohnungsunternehmen für
einen Zeitraum von fünf Jahren nach Entschuldung die Nettokaltmiete nicht
erhöhen und die darüber hinaus gewonnene Liquidität für die energetische
Sanierung ihrer Bestände einsetzen.

Die Altschuldenentlastung erfolgt unabhängig von der Leerstandsquote der
Wohnungsunternehmen.

Die zuständigen Fachministerien werden aufgefordert, das Altschuldenhilfe-
gesetz zu novellieren mit der Maßgabe, die Wohnungsunternehmen von Alt-
schulden vollständig zu entlasten und rechtzeitig vor Beginn der Beratungen
für die Bundeshaushaltspläne 2011 ff. die erforderlichen haushaltstechnischen
Vorkehrungen zu schaffen.

Der Bundestag teilt die Auffassung des Deutschen Städtetages, des Deutschen
Mieterbundes und des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immo-
bilienunternehmen e. V. in der gemeinsamen Erklärung vom 9. Februar 2010 und

schließt sich der Auffassung an, dass „ohne eine Altschuldenregelung die weitere
Beteiligung der Wohnungsunternehmen am Stadtumbau gefährdet wäre“.

Berlin, den 23. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/1148 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Altschulden nach dem Altschuldenhilfegesetz sind ein willkürliches politisches
Konstrukt infolge des Vereinigungsprozesses. Planwirtschaftliche Verrechnungs-
instrumente, welche die Übernahme von Produkten der DDR-Bauwirtschaft in
die Bestände der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnraumversorgung
regelten, wurden 1990 quasi über Nacht von DDR- in D-Mark-Schulden zu
einem Kurs von 2:1 umgewandelt.

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunterneh-
men e. V. stellt im Jahr 2009 zu der Altschuldenproblematik fest, dass Wohnun-
gen aus den Altverbindlichkeiten noch mit einer Restschuld von durchschnitt-
lich 4 000 Euro je Wohnung belastet sind, für die die Wohnungsunternehmen
bei Abriss ohne Altschuldenentlastung noch 25 bis 30 Jahre den Kapitaldienst
leisten müssten, ohne irgendwelche Einnahmen hierfür verzeichnen zu können.
Ohne Altschuldenentlastung können sich die Unternehmen nicht oder nur noch
in Ausnahmefällen am Stadtumbau beteiligen, auch weil die Banken aufgrund
fehlender Umschuldungsmöglichkeiten ihre Zustimmung zum Abriss verwei-
gern würden. Die Folge wäre, dass das neue Stadtumbauprogramm seine Wir-
kungen nicht entfalten könnte und ganze Wohnquartiere baulich und sozial
erodieren würden.

In den ostdeutschen Bundesländern geht der Bevölkerungsrückgang weiter. Die
Anzahl der Haushalte sinkt bis 2020 voraussichtlich um 430 000. Eine neue
Welle von Wohnungsleerständen steht bevor. Die Rahmenbedingungen für den
Stadtumbau, die dieser Entwicklung des Wohnungsmarktes entgegen wirken
sollen, werden zunehmend komplizierter und weniger kalkulierbar. Umso drin-
gender ist jetzt zu handeln.

Die bestehende Altschuldenproblematik ist das Haupthindernis des Stadt-
umbaus in den neuen Bundesländern.

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