BT-Drucksache 17/11207

Nationale Stelle zur Verhütung von Folter stärken

Vom 24. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11207
17. Wahlperiode 24. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Marieluise
Beck (Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Kai Gehring, Thilo
Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Omid
Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof
Schmidt, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nationale Stelle zur Verhütung von Folter stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigen-
der Behandlung oder Strafe gehört zu den wichtigsten Menschenrechtsgarantien.
Das völkergewohnheitsrechtliche Folterverbot ist in Artikel 5 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte, in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bür-
gerliche und politische Rechte und in Artikel 3 der Europäischen Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergeschrieben.

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grau-
same, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (VN-Antifol-
terkonvention) verpflichtet die Staaten, jede Form von Folter zu unterbinden
und strafrechtlich zu verfolgen. Das Zusatzprotokoll zu der VN-Antifolterkon-
vention (OP-CAT) enthält einen präventiven Ansatz und sieht vor, den Schutz
vor Folter und Misshandlung durch regelmäßige Besuche von Gewahrsamsein-
richtungen zu verstärken. Dazu enthält Artikel 3 OP-CAT die Verpflichtung, na-
tionale Präventionsmechanismen zu errichten.

Mit der Einrichtung der Bundesstelle zur Verhütung von Folter am 20. Novem-
ber 2008 hat Deutschland seine Verpflichtungen nach Artikel 3 OP-CAT der
Form nach erfüllt. Die Bundesstelle zur Verhütung von Folter hat am 1. Mai
2009 ihre Arbeit in Wiesbaden aufgenommen. Seit der Arbeitsaufnahme der
Länderkommission am 24. September 2010 bilden beide Einrichtungen zusam-
men als Nationale Stelle den deutschen Präventionsmechanismus zur Verhütung
von Folter.

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter hat den gesetzlichen Auftrag, Orte
der Freiheitsentziehung aufzusuchen, auf Missstände aufmerksam zu machen
und den Behörden Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Bereits in ihrem

Jahresbericht 2009/2010 beschreibt die Bundesstelle, dass sie ihre Aufgaben „nur
ansatzweise“ erfüllen konnte, da die vorhandenen personellen und finanziellen
Ressourcen unzureichend seien. Trotz dieser Kritik wurde die personelle und
finanzielle Ausstattung der Nationalen Stelle nicht verbessert, sodass auch im
Jahresbericht 2010/2011 die fehlenden Ressourcen bemängelt werden.

Mit weniger als zehn Mitarbeitern, darunter lediglich fünf ehrenamtliche Mit-
glieder, können nicht mehrere tausend Gewahrsamseinrichtungen in Deutsch-

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land regelmäßig besucht und Missstände aufgedeckt werden. Für die ehrenamt-
liche Leitung der Bundesstelle ist lediglich eine Person und keine Stellvertre-
tung vorgesehen. Der Bundesstellenleiter ist somit als alleiniger Vertreter der
Bundesstelle für etwa 360 Gewahrsamseinrichtungen zuständig. Die Möglich-
keit regelmäßiger Besuche ist daher nicht gegeben, obwohl dies nach Artikel 19
OP-CAT vorgeschrieben ist.

Der VN-Ausschuss gegen Folter zeigt sich in seinen Abschließenden Bemer-
kungen vom 12. Dezember 2011 (CAT/C/DEU/C05) zum Fünften Staatenbe-
richt Deutschlands besorgt darüber, dass die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter „nicht hinreichend mit Personal sowie finanziellen und technischen Res-
sourcen ausgestattet ist“ und „an einer angemessenen Erfüllung ihres Überwa-
chungsauftrags gehindert wird.“

Das OP-CAT sieht zusätzlich vor, dass die nationalen Präventionsmechanismen
multidisziplinär ausgestattet werden. Insbesondere für Inspektionsbesuche ist es
wichtig, dass der Nationalen Stelle Mitglieder mit medizinischem und psychia-
trischem Sachverstand angehören. Dies ist bisher nicht der Fall, sodass auf ex-
terne Sachverständige zurückgegriffen werden muss.

Mit den vorhandenen Mitteln kann die Nationale Stelle ihrem gesetzlichen Auf-
trag nicht nachkommen. Die „Verwaltungsvereinbarung über die Nationale
Stelle zur Verhütung von Folter nach dem Fakultativprotokoll vom 18. Dezem-
ber 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und an-
dere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“
vom 24. Juni 2010 (Verwaltungsvereinbarung über die Nationale Stelle zur Ver-
hütung von Folter) sieht für die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter pro
Jahr nur ein Budget von maximal 300 000 Euro vor. Für die Bundesstelle wer-
den lediglich 100 000 Euro veranschlagt.

Die Präventionsmechanismen Deutschlands zur Verhütung von Folter dürfen
kein Feigenblatt sein. Im internationalen Vergleich steht Deutschland zurzeit als
negatives Beispiel da. Um einen wirksamen Beitrag zur Verhütung von Folter
und Misshandlung leisten zu können, ist eine erhebliche personelle und finan-
zielle Aufstockung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter notwendig.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

1. ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll zum
VN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe nachzukommen, indem sie die
Nationale Stelle zur Verhütung von Folter mit ausreichend personellen und
finanziellen Ressourcen ausstattet;

2. eine multidisziplinäre Ausgewogenheit innerhalb der Nationalen Stelle zur
Verhütung von Folter sicherzustellen und diese mit medizinischem und psy-
chiatrischem Personal auszustatten;

3. gemeinsam mit den Ländern die Verwaltungsvereinbarung über die Natio-
nale Stelle zur Verhütung von Folter dahingehend zu ändern, dass die finan-
ziellen Mittel für die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter erhöht wer-
den und diese somit ihren gesetzlichen Auftrag angemessen erfüllen kann.

Berlin, den 24. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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