BT-Drucksache 17/11141

Praxisgebühr jetzt abschaffen

Vom 23. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11141
17. Wahlperiode 23. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Matthias
W. Birkwald, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin
Vogler, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Praxisgebühr jetzt abschaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Praxisgebühr bedeutet für Patientinnen und Patienten eine ungerechte
Zusatzbelastung und muss zurückgenommen werden. Sie wurde im Jahr
2004 von der damaligen Regierungskoalition aus SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gemeinsam mit der CDU/CSU eingeführt.

Die Praxisgebühr sollte Arzt-, Zahnarzt- und Psychotherapeutenbesuche redu-
zieren, indem sie Patientinnen und Patienten durch Beteiligung an den Kosten
anregt, auf die unnötige Inanspruchnahme dieser Leistungserbringerinnen und
- erbringer zu verzichten. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Die Zahl der Arzt-
besuche ist seit 2004 nicht zurückgegangen, sondern angestiegen. Trotz dieser
Zunahme hält die Praxisgebühr vor allem Geringverdienende von notwendigen
Arztbesuchen ab. Letzteres führt zur Verschleppung von Krankheiten und damit
zu negativen Folgen für die Gesundheit und letztlich zu höheren Gesundheits-
kosten.

Die Praxisgebühr sollte laut Gesetzesbegründung der „Konsolidierung der
Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung“ dienen. Die rot-grüne Bundes-
regierung verschob dafür Kosten von den Arbeitgebern und Gesunden zu den
Menschen, die einen Arzt aufsuchen müssen, den Kranken. Die Praxisgebühr
belastet Geringverdienende besonders, da sie unabhängig vom Einkommen er-
hoben wird. Sie erbringt derzeit ein Volumen von etwa 1,9 Mrd. Euro pro Jahr
und leistet so einen Finanzierungsbeitrag von ca. 1 Prozent vom Gesundheits-
fonds.

Die Praxisgebühr führt zu unnützer Bürokratie in den Arztpraxen. Die hierfür
verwendete Zeit fehlt für die Versorgung der Patientinnen und Patienten und ver-
ursacht nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Kosten von um-
gerechnet 360 Mio. Euro pro Jahr, also über 4 000 Euro pro Praxis. Auch für die
Patientinnen und Patienten bedeutet die Praxisgebühr, insbesondere zusätzliche

Befreiungsanträge, einen höheren Aufwand. Hinzu kommen gesellschaftliche
Kosten für verschleppte Krankheiten und Verwaltungskosten bei den Kassen für
die Bearbeitung von Befreiungsanträgen. Es ist fraglich, ob die Einnahmen der
Praxisgebühr die entstehenden Kosten übersteigen.

Aktuell bestehen hohe jährliche Überschüsse im Gesundheitsfonds, die eine so-
fortige Abschaffung der Praxisgebühr ohne Ersatzfinanzierung ermöglichen.
Eine Gegenfinanzierung im Gesundheitsfonds ist daher derzeit nicht notwendig.

Drucksache 17/11141 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Mindereinnahmen der Kassen müssen durch zusätzliche Zuweisungen
durch den Gesundheitsfonds kompensiert werden.

Die Praxisgebühr ist ein schlechtes Finanzierungsinstrument. Für die Zukunft
muss das Gesundheitssystem gerecht, ohne besondere gesundheitliche und
finanzielle Belastungen für Geringverdienende und mit geringerem büro-
kratischem Aufwand finanziert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

dem neuen Vorschlag des Bundesministers für Gesundheit und der seit Langem
vorgetragenen Forderung der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag zu
folgen und unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Praxis-
gebühr vorzulegen.

Berlin, den 23. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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