BT-Drucksache 17/11027

Erleichterungen für Klein- und Kleinstkapitalgesellschaften bei der Offenlegung der Jahresabschlüsse

Vom 17. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11027
17. Wahlperiode 17. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Dr. Thomas Gambke,
Ingrid Hönlinger, Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Priska Hinz (Herborn),
Oliver Krischer, Jerzy Montag, Brigitte Pothmer, Dr. Gerhard Schick,
Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erleichterungen für Klein- und Kleinstkapitalgesellschaften bei der
Offenlegung der Jahresabschlüsse

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am 31. Juli 2012 den Referen-
tenentwurf zum „Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz –
MicroBilG“ vorgelegt. Damit sollen für Kleinstkapitalgesellschaften Erleichte-
rungen bei der Rechnungslegung erreicht werden. Ein Teil des neuen Gesetzes
soll auch die Offenlegungspflichten für Bilanzen von Kapitalgesellschaften re-
gulieren. Zur Offenlegung müssen Kleinstkapitalgesellschaften zwar auch
künftig ihren Jahresabschluss elektronisch beim Bundesanzeiger einreichen.
Sie können aber wählen, ob sie ihn im Bundesanzeiger bekanntmachen lassen
oder ob sie ihn lediglich zur dauerhaften Hinterlegung beim Unternehmensre-
gister einreichen.

Problematisch bleiben jedoch auch unter Berücksichtigung des vorliegenden
Referentenentwurfs die hohen Ordnungsgelder von mindestens 2 500 Euro.
Übermittelt eine Kapitalgesellschaft den Jahresabschluss nicht spätestens zwölf
Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres dem Bundesanzeiger, leitet das
Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren ein. Wird innerhalb von sechs
Wochen der Jahresabschluss nicht eingereicht, wird das Ordnungsgeld festge-
setzt. Außerdem gibt es auch mit den geplanten Gesetzesänderungen keine
Möglichkeit für das Bundesjustizamt, im Einzelfall Ermessen auszuüben und
außergewöhnliche Umstände zu berücksichtigen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Mindesthöhe des Ordnungsgeldes von 2 500 Euro für Kleinstunterneh-
men (§ 267a des Handelsgesetzbuchs – HGB) auf 250 Euro zu senken;

2. die Mindesthöhe des Ordnungsgeldes von 2 500 Euro für Kleinunternehmen
(§ 267 HGB) auf 500 Euro zu senken;
3. die Höhe des Ordnungsgeldes progressiv zu gestalten;

4. dem Bundesamt für Justiz ein Ermessen einzuräumen, eine Fristverlänge-
rung zur Einreichung der Bilanz zu erteilen;

5. dem Bundesamt für Justiz ein Ermessen einzuräumen von der Verhängung
von Ordnungsgeldern im Härtefall, insbesondere in Fällen höherer Gewalt

Drucksache 17/11027 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und ohne unmittelbares Verschulden bei Klein- und Kleinstunternehmen,
abzusehen.

Berlin, den 17. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Danach gefragt, was mittelständischen Unternehmen derzeit am ehesten helfen
würde, nannten 41 Prozent den Abbau von Bürokratie (Bankenverband, 2012).
Auch vor diesem Hintergrund ist es von hoher Bedeutung, den Bürokratieabbau
nicht nur durch Marginalitäten, sondern durch praxisrelevante Änderungen ef-
fektiv voranzutreiben.

Am 31. Juli 2012 hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenent-
wurf für das sog. MicroBilG-E vorgelegt. Zielsetzung des Entwurfs ist es, die
auf EU-Ebene vereinbarten Bilanzierungs- und Offenlegungserleichterungen
für Kleinstunternehmen umzusetzen. Von Seiten der Unternehmerinnen und
Unternehmer, insbesondere von Seiten des Zentralverbands des Deutschen Hand-
werks e. V. (ZDH) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags e. V.
(DIHK) wird aber bereits jetzt kritisiert, dass die geplanten Änderungen in der
Praxis kaum eine spürbare Entlastung bringen werden. Besonders umstritten ist
die nach wie vor verpflichtende, elektronische Einreichung der Bilanz beim
Bundesanzeiger – unabhängig davon, ob diese dann veröffentlicht oder nur hin-
terlegt wird. In der Kritik steht dabei jedoch nicht nur der bürokratische Auf-
wand, sondern stehen vor allem die unangemessen hohen Ordnungsgelder, die
zu entrichten sind, wenn die Rechnungsunterlagen nicht spätestens zwölf Mo-
nate nach Abschluss des Geschäftsjahres beim Bundesanzeiger elektronisch
eingereicht wurden und die sechswöchige Androhungsfrist im Ordnungsgeld-
verfahren abgelaufen ist. Hier zeigt sich eine Benachteiligung von kleinen Un-
ternehmen, für die der buchhalterische Aufwand und die Erstellung des Jahres-
abschlusses schwerer zu erfüllen sind. Das Bundesamt für Justiz prüft die
gesetzlich vorgeschriebene Offenlegung der Bilanzen und leitet bei Verstoß
ein Verfahren ein. In den Ordnungsverfahren der Jahre 2009 und 2010 wurden
laut Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 17/5028) 97 Prozent der
Ordnungsgeldverfahren gegen kleine Unternehmen eingeleitet. Diese sind von
den mindestens 2 500 Euro Ordnungsgeld verhältnismäßig härter getroffen.
Hier zeigt sich der Bedarf nach tatsächlichen Erleichterungen für Klein- und
Kleinstkapitalgesellschaften. Das BMJ könnte am Ordnungsgeldverfahren (die
EU-Richtlinie gibt hier keine Details vor) Änderungen vornehmen und damit
Erleichterungen gerade für kleine Unternehmen schaffen. Da das Ziel, kleine
Firmen vollständig von der Pflicht zur Aufstellung einer Handelsbilanz zu be-
freien, im Rat der EU von der Bundesregierung nicht durchgesetzt werden
konnte, muss nun zumindest eine spürbare Entlastung bei der Höhe der Ord-
nungsgelder durchgeführt werden.

Auch ein geringeres Ordnungsgeld kann bei kleinen Unternehmen präventiv
wirken. Dies ist auch EU-rechtlich möglich, da die EU-Richtlinie keine Min-
destvorgaben für die Sanktionierung enthält. Denkbar wäre im Rahmen dessen
die Einführung einer Progression. Die erstmalige Ordnungsgeldandrohung

könnte für Kleinstunternehmen beispielsweise bei 250 Euro liegen. Wenn in-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11027

nerhalb von sechs Wochen der Jahresabschluss nicht eingereicht wird, werden
die 250 Euro fällig. Danach kann gegebenenfalls das nächste Ordnungsgeldver-
fahren eingeleitet werden (bezogen auf denselben Jahresabschluss) und könnte
entsprechend 500 oder 750 Euro betragen.

Darüber hinaus muss das Bundesamt für Justiz in Härtefällen auch nach Ermes-
sen ganz von der Zahlung des Ordnungsgeldes absehen können. Gerade in klei-
nen Unternehmen kann es beispielsweise vorkommen, dass nur eine Person für
die Rechnungslegung und Buchhaltung verantwortlich ist, eine Vertretung nicht
besteht. Im Krankheitsfall des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführerin
kann sich die Einreichung der Bilanz drastisch verzögern. Es wurde auch von
Fällen berichtet, in denen durch Brände sämtliche Unterlagen zerstört wurden,
so dass der Jahresabschluss faktisch nicht erstellt werden konnte. Für solche
und ähnliche Fälle muss das BMJ mehr Flexibilität beweisen und die Besonder-
heiten von Klein- und Kleinstkapitalgesellschaften entsprechend berücksich-
tigen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.