BT-Drucksache 17/10996

Angleichung der Renten in Ostdeutschland auf das Westniveau bis 2016 umsetzen

Vom 16. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10996
17. Wahlperiode 16. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Diana Golze, Dr. Martina Bunge, Heidrun
Dittrich, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Yvonne
Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Angleichung der Renten in Ostdeutschland auf das Westniveau bis 2016 umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Auch 22 Jahre nach der deutschen Einheit gilt in Ost und West ein unterschied-
liches Rentenrecht, wird die gleiche Lebensleistung nicht in gleicher Weise in
der Rente anerkannt. Dieser Zustand muss auf schnellem Wege und in gerechter
Weise beendet werden.

CDU, CSU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag „WACHSTUM. BIL-
DUNG. ZUSAMMENHALT.“ versprochen, noch in dieser Legislaturperiode
ein einheitliches Rentensystem in Ost und West einzuführen. Dieses Verspre-
chen wird die schwarz-gelbe Koalition nicht einhalten. Das hat die Bundesregie-
rung der Fraktion DIE LINKE. auf Anfrage unmissverständlich zur Kenntnis
gegeben. Das ist ein klarer Wortbruch.

Eine gerechte Angleichung muss kommen und 1. eine deutliche Verbesserung
für alle heutigen Rentnerinnen und Rentner bringen. 2. Die Arbeitsentgelte Ost-
deutscher müssen weiterhin hochgerechnet werden, um damit die ungleichen
Durchschnittseinkommen in Ost und West auszugleichen. 3. Die Angleichung
muss bis zum Ende 2016 abgeschlossen sein. 4. Die Angleichung darf nicht ge-
gen eine vernünftige Wirtschafts- und Lohnpolitik ausgespielt werden. Es muss
das eine getan werden, ohne das andere zu lassen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem beginnend ab dem 1. Januar 2013 ein
steuerfinanzierter, stufenweise steigender Zuschlag eingeführt wird, mit dem für
bis zu diesem Zeitpunkt im Osten erworbene Rentenanwartschaften der Wert-
unterschied zwischen den Rentenwerten in Ost und West bis zum Jahresende
2016 sukzessive ausgeglichen wird. Der Zuschlag wird solange gezahlt, bis der
Unterschied zwischen dem jeweiligen aktuellen Rentenwert (Ost) und dem je-
weiligen aktuellen Rentenwert (West) im Zuge der Angleichung der Löhne und
Gehälter überwunden ist. Bis dahin bleibt die Hochwertung der Entgelte im
Osten bestehen.

Berlin, den 16. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/10996 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Zum 1. Juli 2012 sind die Renten im Osten um 2,26 Prozent und im Westen um
2,18 Prozent gestiegen. Der aktuelle Rentenwert ist damit für Ostdeutsche mit
24,92 Euro dennoch weiterhin um 11 Prozent geringer als der Rentenwert für
Westdeutsche (28,07 Euro). Das hat die bekannten bitteren Folgen: Nach 45 Jah-
ren durchschnittlichen Verdienstes erhalten Ostdeutsche 142 Euro weniger
Rente als Westdeutsche. Damit wird die wirtschaftliche Lebensleistung der Ost-
deutschen in der Rentenversicherung schlechter bewertet als die der West-
deutschen. Während dieser Abstand bisher immer geringer geworden ist, steigt
er seit 2010 wieder an, von 138 Euro im Jahr 2010 über 140 Euro im Jahr 2011
auf jetzt 142 Euro im Jahr 2012.

Bei der Angleichung der ostdeutschen Renten an das Westniveau geht es um Ge-
rechtigkeit – und nicht um Almosen für den Osten. Ein weiterer Aufschub be-
deutet, den ostdeutschen Rentnerinnen und Rentnern weiterhin eine gerechte
Rente vorzuenthalten. Er bedeutet zugleich einen unverzeihlichen Wortbruch
der schwarz-gelben Koalition.

Die Alterseinkünfte sind im Osten um 18 Prozent geringer als im Westen (vgl.
Rentenversicherungsbericht 2008, Bundestagsdrucksache 16/11060). Das liegt
vor allem daran, dass die gesetzliche Rente bei den Ostdeutschen mehr als
90 Prozent ihres gesamten Alterseinkommens ausmacht.

Auch die Unterschiede zwischen den Löhnen und Gehältern in Ost und West
sind nach wie vor eklatant. Deshalb ist die rechnerische Angleichung der ost-
deutschen Arbeitsentgelte nach wie vor dringend notwendig und muss so lange
bestehen bleiben, wie die starken regionalen Lohnunterschiede zwischen Ost
und West weiter existieren. Die Löhne und Gehälter liegen nach wie vor um ein
Viertel unter denen im Westen. Zudem müssen Ostdeutsche für einen annähernd
gleichen Lohn oft länger arbeiten und auf im Westen übliche Sonderzahlungen
verzichten (vgl. WSI-Verteilungsbericht 2011 – WSI = Wirtschafts- und Sozial-
wissenschaftliches Institut).

Die Aussage, die Tariflöhne hätten sich angeglichen, ist keine ausreichende Be-
gründung, um die Hochwertung wegfallen zu lassen. Nach wie vor gibt es un-
terschiedliche Tarifabschlüsse zwischen Ost und West, zum Beispiel in der
Pflege. Außerdem arbeitet mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Beschäftigten in
Ostdeutschland ohne Tarifvertrag (vgl. Betriebspanel des Instituts für Arbeits-
markt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit).

Die Angleichung muss um der Gerechtigkeit willen bis zum Jahresende 2016
abgeschlossen sein. Ein nunmehr zügiges Vorgehen soll auch verhindern, dass
eine mögliche Ignoranz folgender Bundesregierungen zu einer weiteren Verzö-
gerung führt.

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