BT-Drucksache 17/10993

Rentenbeiträge für Langzeiterwerbslose wieder einführen

Vom 16. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10993
17. Wahlperiode 16. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Diana Golze, Dr. Martina Bunge,
Heidrun Dittrich, Werner Dreibus, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und
der Fraktion DIE LINKE.

Rentenbeiträge für Langzeiterwerbslose wieder einführen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Langzeiterwerbslosigkeit ist neben Erwerbsminderung eines der zentralen Risi-
ken für Altersarmut.

In den vergangenen 15 Jahren ist die soziale Absicherung scheibchenweise re-
duziert und unter der schwarz-gelben Bundesregierung vollständig abgeschafft
worden. In der Mitte der 90er-Jahre betrug der durchschnittliche Pro-Kopf-Satz,
den die damalige Bundesanstalt für Arbeit für Langzeiterwerbslose als Beitrag
in die Rentenkasse zahlte, noch deutlich mehr als 200 Euro. Bis zum Jahr vor
der Einführung von Hartz IV sank er um die Hälfte auf 100 Euro. Mit der Ein-
führung von Hartz IV vor sieben Jahren wurde der Rentenbeitrag für Langzeit-
erwerbslose auf 78 Euro reduziert. Um weitere 2 Mrd. Euro zu Lasten der Lang-
zeiterwerbslosen einzusparen, hat die große Koalition von CDU, CSU und SPD
den Beitrag zur Rentenversicherung nochmals fast halbiert: von 78 Euro auf nur
noch 40 Euro pro Monat. Seit Mitte der 90er-Jahre sind die Beiträge für Lang-
zeiterwerbslose also um 80 Prozent gekürzt worden. Seit dem 1. Januar 2011
werden für Langzeiterwerbslose keine Rentenbeiträge mehr gezahlt, da CDU/
CSU und FDP sie im Zuge des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vollständig gestri-
chen haben.

Bestehende Ansprüche auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ge-
hen dadurch zwar nicht verloren, aber neue Ansprüche werden auch nicht mehr
aufgebaut. So besteht z. B. auf eine Erwerbsminderungsrente nur ein Anspruch,
wenn zusätzlich zur allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten innerhalb der ver-
gangenen fünf Jahre vor der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge an die
Rentenversicherung gezahlt worden sind. Da für Langzeiterwerbslose keine
Pflichtbeiträge mehr entrichtet werden, ist diese Hürde deutlich höher und in
vielen Fällen sogar unüberwindbar geworden.

Eine schlichte Wiederherstellung der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden
Beitragsregelung reicht nicht aus. Langzeiterwerbslose erwerben durch die
Hartz-IV-Beiträge richtigerweise Ansprüche auf Leistungen bei Rehabilitation
und Erwerbsminderung. Die damit entstehenden Kosten werden jedoch durch
die zuletzt gezahlten Minibeiträge in Höhe von 40 Euro im Monat nicht ansatz-
weise gedeckt. Auch für die Altersrente haben sie mit gerade einmal 2 Euro

Drucksache 17/10993 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
mehr Rente pro Monat kaum eine steigernde Wirkung. Deshalb müssen für
Langzeiterwerbslose durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
wieder deutlich verbesserte Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden.
Diese sind vom Bund zu erstatten. Denn Langzeiterwerbslosigkeit und Alters-
armut sind gesamtgesellschaftliche Probleme, die auch gesamtgesellschaftlich,
also durch Steuern, finanziert werden müssen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Träger der Grundsicherung nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Zeiten des Arbeitslosengeld-II-
Bezugs Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung nach der Hälfte des
Durchschnittsentgelts zahlen, so dass für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II
ein Rentenanspruch von 0,5 Entgeltpunkten pro Jahr entsteht.

Berlin, den 16. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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