BT-Drucksache 17/10991

Rente erst ab 67 sofort vollständig zurücknehmen

Vom 16. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10991
17. Wahlperiode 16. 10. 2012

Antrag
der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Diana Golze, Dr. Martina Bunge, Heidrun
Dittrich, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Yvonne
Ploetz, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Rente erst ab 67 sofort vollständig zurücknehmen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit Januar 2012 müssen die Menschen eine schrittweise immer länger wer-
dende Lebensarbeitszeit durchhalten, um ohne Abschläge in die Rente gehen zu
können. Das abschlagsfreie Rentenalter wird auf 67 Jahre angehoben. Dadurch
steigen die höchstmöglichen Abschläge auf die Rente von bisher 7,2 Prozent auf
14,4 Prozent. Angesichts der tatsächlichen Situation auf dem Arbeitsmarkt wer-
den viele Beschäftigte es nicht schaffen, länger zu arbeiten und müssen deshalb
mit stärkeren Kürzungen ihrer Rente leben. Die Rente erst ab 67 ist deshalb ein
gigantisches Rentenkürzungsprogramm.

Die von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der
Leyen, vorgebrachten Alternativen „Entweder man kürzt die Renten, oder man
erhöht den Beitragssatz drastisch, oder aber wir arbeiten alle etwas länger“
(Pressekonferenz anlässlich des ersten Berichts zur Anhebung der Regelalters-
grenze auf 67 Jahre „Aufbruch in die altersgerechte Arbeitswelt“ am 17. No-
vember 2010 in Berlin) sind Scheinalternativen. Rentenkürzungen sind keine
Alternative, sondern die Folge der Rente erst ab 67. Die vermeintlich drastische
Beitragssatzerhöhung beläuft sich nach Angaben der Bundesregierung bis zum
Jahr 2030 auf 0,5 Beitragssatzpunkte. Wer durchschnittlich verdient, müsste
also nach heutigen Werten dann 6,76 Euro mehr Beitrag in die Rentenkasse zah-
len. Das ist im Vergleich zu den erwartbaren Rentenkürzungen durch die Rente
erst ab 67 das eindeutig kleinere Übel.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Erhöhung der Regelaltersgrenzen
in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das RV-Altersgrenzenanpassungs-
gesetz dergestalt revidiert wird, dass die bisherigen Regelaltersgrenzen beibe-
halten werden.
Berlin, den 16. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/10991 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Die Rente erst ab 67 verlangt nicht nur eine aus heutiger Sicht unrealistisch
lange Erwerbsphase. Bereits heute muss knapp die Hälfte (48,2 Prozent) aller,
die neu in eine Altersrente gehen, Abschläge in Höhe von durchschnittlich
109 Euro verkraften. Die meisten älteren Menschen schaffen es nicht einmal bis
65 Jahre, geschweige denn länger zu arbeiten: Einer sozialversicherungspflich-
tigen Beschäftigung gehen nur ein Viertel (27,5 Prozent) aller 60- bis 64-Jähri-
gen nach. Unter den 64-Jährigen sind es gerade einmal 14,4 Prozent. Vollzeitbe-
schäftigt sind nicht einmal ein Fünftel (19,4 Prozent) der 60- bis 64-Jährigen und
nicht einmal 10 Prozent (9,9 Prozent) der 64-Jährigen. Die Vollzeitbeschäfti-
gungsquote für 64-jährige Frauen ist noch geringer. Sie liegt unter 6 Prozent
(5,9 Prozent). Nicht einmal ein Fünftel (18,4 Prozent) der 60- bis 64-jährigen
Erwerbslosen schafft den Sprung zurück in eine Erwerbstätigkeit. Mehr als zwei
Drittel (67,6 Prozent) dieser Altersgruppe verlassen die Arbeitslosigkeit in
Nichterwerbstätigkeit. Angesichts dieser Fakten ist die weitere Anhebung des
Rentenalters sozialpolitisch in hohem Maße unverantwortlich und muss umge-
hend rückgängig gemacht werden.

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