BT-Drucksache 17/1094

Dienstreisen von Kabinettsmitgliedern und begleitende Delegationen

Vom 15. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1094
17. Wahlperiode 15. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Bärbel Höhn, Britta Haßelmann, Memet
Kilic, Monika Lazar, Kerstin Müller (Köln), Dr. Konstantin von Notz, Claudia Roth
(Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dienstreisen von Kabinettsmitgliedern und begleitende Delegationen

Auslandsreisen von Mitgliedern der Bundesregierung sind ein wesentlicher Be-
standteil der Regierungsarbeit. Mit ihnen pflegt die Bundesregierung ihre diplo-
matischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu Staaten in aller
Welt.

Bisher existieren nach Kenntnis der Fragesteller jedoch keine Regeln, nach wel-
chen Kriterien die Bundesregierung die Auswahl der weiteren Teilnehmerinnen
und Teilnehmer an solchen Reisen regelt. Die Öffentlichkeit kann daher nicht
nachvollziehen, welche Personen in welcher Funktion an der Auslandsreise
eines Regierungsmitgliedes teilnehmen. Selbstverständlich gilt auch so: Spen-
den an Regierungsparteien dürfen keine Auswirkungen auf die Zusammenstel-
lung von Delegationen bei den Auslandsreisen von Bundesministern haben.

Daher wiegt der in jüngster Zeit von einigen Medien angedeutete Verdacht
schwer, dass sich Einzelpersonen oder Unternehmen die Teilnahme an Aus-
landsreisen von Mitgliedern der Bundesregierung durch Spenden oder ähnliche
Leistungen an eine der Regierungsparteien „gekauft“ bzw. als Dankesleistung
für solche Zuwendungen erhalten haben.

Im Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ vom 8. März 2010 wird unter der
Überschrift „Unter Freunden“ zum Beispiel berichtet, dass sich der Bundes-
minister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, auf mehreren Auslandsreisen
von Unternehmern begleiten ließ, die in der Vergangenheit durch große Spen-
denbereitschaft gegenüber der FDP aufgefallen waren.

In diesem Zusammenhang wird auch von den Festen in dem Berliner Gästehaus
„Villa Borsig“ des Auswärtigen Amtes berichtet. Der Außenminister soll sich
geweigert haben, die Gästeliste dieser Veranstaltungen offenzulegen und dies
mit der „Privatsphäre“ der Gäste begründet haben. Dies steht nach Ansicht der
Fragesteller im Widerspruch zum offiziellen Anlass und seiner Finanzierung aus
Steuergeldern.
Nur durch maximale Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit kann
dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass man in Deutschland mit Geld Ein-
fluss auf Entscheidungen der Exekutive nehmen könnte.

Drucksache 17/1094 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Mitglieder der Bundesregierung haben seit dem Tag der Wahl der
Bundeskanzlerin bzw. der Ernennung der Kabinettsmitglieder am 28. Okto-
ber 2009 dienstliche Auslandsreisen unternommen (bitte nach Ressorts,
Teilnahmezahl und mit Angabe des jeweiligen Reiseziels und Reiseanlass
aufschlüsseln)?

2. Nach welchen Maßgaben und Kriterien wird dabei die das jeweilige Kabi-
nettsmitglied begleitende Delegation zusammengestellt?

Welche Rechtsgrundlagen sind dabei zu beachten?

3. a) Wer bestimmt die Größe einer Delegation, und wer trifft die Auswahl der
begleitenden Personen, die nicht Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des
betreffenden Ministeriums sind?

b) In welcher Weise war der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Martin
Biesel, bei den Entscheidungen zu Frage 11 und 17 beteiligt?

c) In welcher Weise war der Leiter des Referats 06, Jörg Arntz, bei den
Entscheidungen zu Frage 11 und 17 beteiligt?

d) Geht die Teilnahme von Cornelius Boersch an Reisen nach Asien und
der Türkei auf einen Vorschlag einer Botschaft respektive der zuständi-
gen Fachreferate zurück?

Oder wurde Cornelius Boersch von Martin Biesel, respektive Michael
Mronz, als Teilnehmer der Delegation vorgeschlagen?

4. Wie gelangen Vertreter von Verbänden und Unternehmen in eine Minister-
delegation?

Welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich?

5. Auf welche Weise können Journalistinnen und Journalisten an einer Dele-
gationsreise teilnehmen, und wer entscheidet über deren Auswahl?

6. Wer kommt in den Fällen externer Begleitung für deren Reisekosten, Unter-
bringung und Verpflegung auf?

7. Wird Vertretern von Verbänden und Unternehmen, aber auch Einzelperso-
nen, die an die Partei des Regierungsmitglieds gespendet oder deren Veran-
staltungen gesponsort haben, die Teilnahme an Delegationsreisen ermög-
licht bzw. erleichtert?

8. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten drei Jahren Spen-
der (natürliche und juristische Personen) an Parteien gegeben, die über der
veröffentlichungspflichtigen Summe gespendet hatten und an Delegations-
reisen teilgenommen haben (falls ja, bitte nach Spender, Höhe der Spende,
Delegationsreise und Anlass aufschlüsseln)?

9. Haben Unternehmen und Verbände in den letzten drei Jahren Mitglieder der
Bundesregierung und/oder Beschäftigte von Ministerien zu Auslandsreisen
eingeladen, deren Anlass Firmengründungen, Einweihungen von Produk-
tionsstätten, Konferenzen oder Messen waren (bitte ggf. nach Veranstaltern,
Anlass, Reiseziel und Datum aufschlüsseln)?

Falls ja, wer hat in diesen Fällen die Kosten übernommen bzw. wie wurden
sie aufgeteilt?

10. In welchen Fällen gelten die in den vorstehenden Fragen angesprochenen
Sachverhalte auch für Parlamentarische Staatssekretärinnen und Parlamen-
tarischen Staatssekretäre bzw. Staatsministerinnen und Staatsminister?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1094

11. a) Welche Auslandsreisen haben Bundesaußenminister Dr. Guido
Westerwelle sowie Staatsministerin Cornelia Pieper und Staatsminister
Dr. Werner Hoyer seit Amtsantritt unternommen?

b) Welche Personen (mit Funktion, ggf. entsendende Stelle), die nicht Mit-
arbeiterin oder Mitarbeiter der Bundesregierung sind, haben den Minis-
ter bei der jeweiligen Reise begleitet?

c) Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung per-
sönlich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar
(mit mindestens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber
an welche Regierungspartei gespendet?

12. a) Welche Auslandsreisen haben die Bundesministerin der Justiz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, sowie der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Max Stadler seit Amtsantritt unternommen?

b) Welche Personen (mit Funktion, ggf. entsendende Stelle), die nicht Mit-
arbeiterin oder Mitarbeiter der Bundesregierung sind, haben die Minis-
terin bei der jeweiligen Reise begleitet?

c) Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung per-
sönlich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar
(mit mindestens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber
an welche Regierungspartei gespendet?

13. a) Welche Auslandsreisen haben der Bundesminister für Wirtschaft und
Technologie, Rainer Brüderle, sowie die Parlamentarischen Staatssekre-
täre Ernst Burgbacher, Peter Hintze und Hans-Joachim Otto seit Amts-
antritt unternommen?

b) Welche Personen (mit Funktion, ggf. entsendende Stelle), die nicht Mit-
arbeiterin oder Mitarbeiter der Bundesregierung sind, haben den Minis-
ter bei der jeweiligen Reise begleitet?

c) Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
persönlich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar
(mit mindestens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber
an welche Regierungspartei gespendet?

14. a) Welche Auslandsreisen haben der Bundesminister für Gesundheit,
Dr. Philipp Rösler, sowie die Parlamentarische Staatssekretärin Annette
Widmann-Mauz und der Parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr
seit Amtsantritt unternommen?

b) Welche Personen (mit Funktion, ggf. entsendende Stelle), die nicht Mit-
arbeiterin oder Mitarbeiter der Bundesregierung sind, haben den Minis-
ter bei der jeweiligen Reise begleitet?

c) Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
persönlich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar
(mit mindestens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber
an welche Regierungspartei gespendet?

15. a) Welche Auslandsreisen haben der Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, sowie die Parlamen-
tarische Staatssekretärin Gudrun Kopp seit Amtsantritt unternommen?

b) Welche Personen (mit Funktion, ggf. entsendende Stelle), die nicht Mit-
arbeiterin oder Mitarbeiter der Bundesregierung sind, haben den Minis-
ter bei der jeweiligen Reise begleitet?

c) Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
persönlich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar

(mit mindestens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber
an welche Regierungspartei gespendet?

Drucksache 17/1094 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
16. Welche Nichtregierungsmitglieder, die bei Auslandsreisen der fünf FDP-
Minister anwesend waren, haben einen Reisekostenzuschuss geleistet?

Falls ja, in welcher Höhe?

17. Aus welchen Gründen hat Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle zu
den „Berliner Abenden“ in das Berliner Gästehaus „Villa Borsig“ des Aus-
wärtigen Amtes, Gäste wie Showmaster Thomas Gottschalk, Fußballtrainer
Felix Magath, den Unternehmer Reinhold Würth, Telekom-Vorstandschef
René Obermann u. a. eingeladen (Süddeutsche Zeitung, 4. März 2010)?

In welcher Weise stehen diese Persönlichkeiten in Verbindung zur Außen-
politik der Bundesrepublik Deutschland?

18. Welche Personen standen bei welchem „Berliner Abend“ jeweils auf der
Gästeliste?

19. Welche dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung persön-
lich, über ein Unternehmen, an dem sie mittelbar oder unmittelbar (mit min-
destens 25 Prozent) beteiligt sind, oder über ihren Arbeitgeber an welche
Regierungspartei gespendet?

20. Entspricht die Darstellung in der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
(FTD) vom 12. März 2010 den Tatsachen, dass die Mitnahme von Nurten
Schlinkert durch den Bundesaußenminister auf ein Versprechen des Abge-
ordneten Westerwelle während eines Türkeibesuchs 2004 zurückgeht?

Wenn nicht, was ist an der Darstellung in der FTD vom 12. März 2010
falsch?

„Malt, tanzt, singt oder töpfert“ Nurten Schlinkert nach Kenntnis der
Bundesregierung, und was ist die Begründung für ihre Teilnahme an der
Türkeireise des Bundesaußenministers?

Berlin, den 15. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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