Vom 16. März 2010
Deutscher Bundestag Drucksache 17/1093
17. Wahlperiode 16. 03. 2010
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Alexander Bonde, Sven Kindler, Stephan
Kühn, Thilo Hoppe, Dr. Frithjof Schmidt, Kerstin Andreae, Marieluise Beck
(Bremen), Volker Beck (Köln), Katrin Göring-Eckardt, Uwe Kekeritz, Katja Keul,
Ute Koczy, Tom Koenigs, Beate Müller-Gemmeke, Omid Nouripour, Lisa Paus,
Claudia Roth (Augsburg), Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/200, 17/201, 17/623, 17/624, 17/625 –
Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010
(Haushaltsgesetz 2010)
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Internationale Zusage zur Entwicklungszusammenarbeit 2010 einhalten
Deutschland hält seine internationalen Verpflichtungen ein und stellt im Jahr
2010 Mittel in Höhe von 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für
die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe bereit. Bis zum Jahr
2015 wird dieser Beitrag kontinuierlich auf 0,7 Prozent des BNE gesteigert.
Zusätzlich notwendige Mittel für Anpassung und Klimaschutz in Entwicklungs-
ländern werden nicht auf die ODA-Quote (ODA: Official Development Assis-
tance – öffentliche Entwicklungszusammenarbeit) angerechnet.
Eine Flugticketabgabe in Anlehnung an das französische Modell wird einge-
führt.
Um die Erreichung des 0,51-Prozent-Ziels zu ermöglichen, werden folgende
Ansätze im Bundeshaushalt 2010 erhöht:
Betrag
Einzel-
plan Kapitel Titel Zweckbestimmung
Regierungs-
entwurf 2010
in TEuro
Veränderung
in TEuro
Ziel HH
2010
in TEuro
05 02 68772 Für humanitäre Hilfsmaßnahmen im
Ausland
95 000 55 000 150 000
05 02 68773 Demokratisierungs- und Ausstattungs-
hilfe, Maßnahmen zur Förderung der
Menschenrechte
19 209 6 000 25 209
Drucksache 17/1093 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
05 02 68774 Unterstützung von internationalen
Maßnahmen auf den Gebieten Krisen-
prävention, Friedenserhaltung und Kon-
fliktbewältigung durch das Auswärtige
Amt
130 400 70 000 200 400
05 02 68780 Maßnahmen der regionalen Zusammen-
arbeit
19 600 5 000 24 600
05 02 68779 Leistungen im Rahmen des Stabilitäts-
paktes Afghanistan der Bundesregie-
rung
90 700 135 000 225 700
05 04 68111 Stipendien, Austauschmaßnahmen und
Beihilfen für Nachwuchswissenschaft-
ler, Studierende und Hochschulprakti-
kanten aus dem Ausland sowie Betreu-
ung und Nachbetreuung
142 380 10 000 152 380
14 02 Neuer
Titel
Strukturelle Krisenvorsorge 0
VE 0
100 000
VE 100 000
100 000
VE 100 000
23 02 68401 Förderung der entwicklungspolitischen
Bildung
12 000
VE 4 500
6 000
VE 2 500
18 000
7 000
23 02 68508 Zuschüsse an integrierte Fachkräfte und
rückkehrende Fachkräfte
57 500
VE 42 000
5 000
VE 2 000
62 500
VE 44 000
23 02 68701 Beiträge an die Vereinten Nationen, ihre
Sonderorganisationen sowie andere in-
ternationale Einrichtungen und interna-
tionale Nichtregierungsorganisationen
121 586
VE 45 000
160 300
VE 55 000
281 886
VE 100 000
23 02 68702 Ziviler Friedensdienst 30 000
VE 26 000
12 000
VE 8 500
42 000
VE 34 000
23 02 68703 Förderung der Sozialstruktur 39 520
VE 31 500
11 480
VE 8 000
51 000
VE 40 000
23 02 68720 Entwicklungsorientierte Not- und Über-
gangshilfe
129 000
VE 30 000
166 000
VE 50 000
295 000
VE 80 000
23 02 68723 Beteiligung am Welternährungspro-
gramm
23 008
VE 46 016
29 492
VE 58 984
52 500
VE 105 000
23 02 68738 Förderung der internationalen Agrarfor-
schung
21 000
VE 18 000
11 000
VE 10 000
32 000
VE 28 000
23 02 83602 Beteiligung an Einrichtungen der Welt-
bankgruppe
580 579 209 500 790 079
23 02 86601 Bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit 1 556 023
VE 1 821 060
333 977
VE 360 000
1 890 000
2 181 060
23 02 89603 Bilaterale Technische Zusammenarbeit 834 000
VE 920 000
106 000
VE 140 000
940 000
VE 1 060 000
23 02 89607 Beitrag an den Globalen Fonds zur Be-
kämpfung von AIDS, Tuberkulose und
Malaria (GFATM)
142 000 100 000 242 000
23 02 Neuer
Titel
Wiederaufbau nach dem Erdbeben in
Haiti
0
VE 0
100 000
VE 500 000
100 000
500 000
Summe 1 631 749
VE 1 294 984
Einzel-
plan Kapitel Titel Zweckbestimmung
Betrag
Regierungs-
entwurf 2010
in TEuro
Veränderung
in TEuro
Ziel HH
2010
in TEuro
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1093
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– den Bundeshaushalt 2010 so zu bewirtschaften, dass das 0,51-Prozent-Ziel
auch tatsächlich realisiert wird;
– die Hälfte der zusätzlich eingeräumten Verpflichtungsermächtigung für die
bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit in Höhe von 360 Mio. Euro zu nutzen,
um zusätzliche zinsverbilligte KfW-Kredite in Höhe von 540 Mio. Euro in
2010 für Entwicklungsländer bereitzustellen und
– sich dafür einzusetzen, dass die Bundesländer und die Europäische Union
ihre Anstrengungen für die Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls verstär-
ken.
Berlin, den 16. März 2010
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Begründung
Auf dem Millenniumsgipfel 2000 in New York hat Deutschland gemeinsam mit
den anderen Industrieländern das Versprechen bestätigt und konkretisiert, bis
2015 mindestens 0,7 Prozent des BNE für Entwicklungszusammenarbeit und
humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Innerhalb der EU hat Deutschland
zugesagt, bis 2010 Mittel in Höhe von 0,51 Prozent des BNE für die Entwick-
lungszusammenarbeit bereitzustellen.
2008 lag die deutsche ODA-Quote bei 0,38 Prozent des BNE, für 2009 wird so-
gar mit einem Rückgang auf 0,36 Prozent gerechnet. Die Bundesregierung hält
es für möglich, mit dem vorgelegten Entwurf für den Bundeshaushalt 2010 eine
ODA-Quote von 0,4 Prozent zu erreichen. Damit ist klar: Deutschland bricht
seine internationale Zusage für die Entwicklungszusammenarbeit und verab-
schiedet sich aus der Solidarität mit den Ärmsten. Schwarz-Gelb verspielt damit
Deutschlands Ruf als international verlässlicher Partner.
Die Bundesregierung hält offiziell an dem Ziel fest, 2015 0,7 Prozent des BNE
für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Diese Aussage verkommt aller-
dings zu einem unglaubwürdigen Lippenbekenntnis angesichts des Bruchs des
Versprechens, im Jahr 2010 0,51 Prozent bereitzustellen. Denn ohne einen steti-
gen starken jährlichen Aufwuchs der Mittel für die Entwicklungszusammenar-
beit ist das 0,7-Prozent-Ziel 2015 nicht zu erreichen.
Zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit werden dringend ge-
braucht, um die Millenniumsentwicklungsziele (u. a. Halbierung des Anteils der
Hungernden, Eindämmung von AIDS, Verbesserung der Grundbildung und
Trinkwasserversorgung in den Entwicklungsländern) zu erreichen. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht zur internationalen Zusage Deutschlands
und hat in den Haushaltsberatungen aufgezeigt, wie das 0,51-Prozent-Ziel trotz
schwieriger Ausgangslage 2010 eingehalten werden kann.
Die eingebrachten Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
umfassen insgesamt eine Erhöhung der Barmittel um 1,631 Mrd. Euro (BMZ:
1,25 Mrd. Euro; AA: 281 Mio. Euro, BMVG: 100 Mio. Euro). Die durch die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte Erhöhung des Hochschul-
paktes im Bundesministerium für Bildung und Forschung um 623 Mio. Euro ist
zu 4 Prozent ODA-anrechnungsfähig. Dadurch kommen weitere 25 Millionen
Euro ODA-Barmittel hinzu. Des Weiteren umfasst der ODA-Plan der Fraktion
Drucksache 17/1093 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 540 Mio. Euro zusätzliche zinssubventionierte
KfW-Kredite, die aus der Hälfte des beantragten Aufwuchses der Verpflich-
tungsermächtigung für die bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit realisiert wer-
den.
In der Summe ist es möglich, mindestens 2,2 Mrd. Euro mehr ODA-Mittel 2010
zu verausgaben als von der Bundesregierung geplant, ohne zusätzlich notwen-
dige Mittel für Klimaschutz in Entwicklungsländern auf ODA anzurechnen.
Wenn die EU (ein Teil des EU-Haushalts ist für die deutsche ODA-Quote an-
rechnungsfähig) und die Bundesländer ihre Anstrengungen für die Entwick-
lungszusammenarbeit ebenfalls stärken, kann Deutschland 2010 das 0,51-Pro-
zent-Ziel erreichen und damit seine internationale Zusage einhalten und seiner
globalen Verantwortung gerecht werden.
Gegenfinanziert werden die notwendigen Mehrausgaben durch die Einführung
einer Flugticketabgabe nach französischem Vorbild und einen Abbau umwelt-
schädlicher Subventionen.