BT-Drucksache 17/10164

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 17/1466 - Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Täterverantwortung

Vom 27. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10164
17. Wahlperiode 27. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 17/1466 –

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Täterverantwortung

A. Problem

Der Gesetzentwurf zielt auf eine Effektuierung des Opferschutzes, insbeson-
dere im Bereich häuslicher Gewalt. Diesem Zweck sollen eine Verbesserung
und Erweiterung der Möglichkeiten dienen, Beschuldigte bzw. Verwarnte über
staatsanwaltschaftliche bzw. gerichtliche Weisungen qualifizierten Program-
men zuzuweisen. In einem solchen Programm sollen sich diese Personen mit
ihren Taten auseinandersetzen und lernen, für ihr Handeln Verantwortung zu
übernehmen sowie sich selbst zu kontrollieren. Im Wesentlichen soll § 153a der
Strafprozessordnung so geändert werden, dass dem Beschuldigten im Rahmen
einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens die Teilnahme an einem Pro-
gramm für die Dauer von bis zu einem Jahr aufgegeben werden kann. Um auch
im Falle einer Verwarnung mit Strafvorbehalt die Weisung, an einem Pro-
gramm teilzunehmen, erteilen zu können, soll zudem § 59a des Strafgesetz-
buchs geändert werden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen beziehen
sich auf die Bezeichnung des Programms für die Beschuldigten bzw. Verwarn-
ten, das „sozialer Trainingskurs“ statt „Täterprogramm“ heißen soll. Zudem
wird dem § 153a der Strafprozessordnung ein neuer Absatz 4 angefügt und
damit eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von personenbezogenen
Daten an die aufgrund der Weisung mit dem Programm befasste Stelle geschaf-
fen. Schließlich soll die Inkrafttretensregelung geändert werden.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Keine.

D. Weitere Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/10164 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1466 in der aus der nachstehenden Zu-
sammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 27. Juni 2012

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Eva Högl
Berichterstatterin

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

wird die Angabe „Nr. 4“ durch die Wörter „Num-
mer 4 und 6“ ersetzt.

„Nr. 4“ durch die Wörter „Nummer 4 und 6“ ersetzt.
c) u n v e r ä n d e r t

2. Folgender Absatz 4 wird angefügt:

„(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2
Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, ent-
sprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass per-
sonenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die
nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der
Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste
Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die be-
troffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt
haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen

3. In Satz 7 wird die Angabe „Nr. 1 bis 5“ durch die Wörter
„Nummer 1 bis 6“ ersetzt.
3 – Drucksache 17/10164

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s


ung der Täterverantwortung

ses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes
zur Stärkung der Täterverantwortung

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung der
Strafprozessordnung

§ 153a der Strafprozessordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319),
die zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:

1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) u n v e r ä n d e r t

bb) Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 einge-
fügt:

„6. an einem sozialen Trainingskurs teilzuneh-
men oder“.

cc) u n v e r ä n d e r t

b) In Satz 3 werden die Wörter „Nr. 1 bis 3, 5 und 6“
durch die Wörter „Nummer 1 bis 3, 5 und 7“ und
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode –

E n t w u r f


Zusammenstellung

zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärk
– Drucksache 17/1466 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschus

Entwurf eines Gesetzes
zur Stärkung der Täterverantwortung

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung der
Strafprozessordnung

§ 153a Absatz 1 der Strafprozessordnung in der Fassung
der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074,
1319), die zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Satz 2 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 5 wird nach dem Wort „erstreben“ das

Wort „oder“ gestrichen.

b) Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 eingefügt:

„6. an einem Täterprogramm teilzunehmen oder“.

c) Die bisherige Nummer 6 wird Nummer 7.
2. In Satz 3 werden die Wörter „Nr. 1 bis 3, 5 und 6“ durch

die Wörter „Nummer 1 bis 3, 5 und 7“ und die Angabe
strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt
wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzuneh-
men.“

4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

Artikel 2

Änderung des
Strafgesetzbuchs

§ 59a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der
Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S.
3322), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Satz 1 wird wie folgt geändert:

a) u n v e r ä n d e r t

b) Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 5 eingefügt:

„5. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen
oder“.

2. u n v e r ä n d e r t

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: erster Tag des
vierten auf die Verkündung folgenden Monats] in Kraft.
Drucksache 17/10164 –

E n t w u r f

Artikel 2

Änderung des
Strafgesetzbuchs

§ 59a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der
Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S.
3322), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Satz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 4 wird nach dem Wort „unterziehen“ das
Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt.

b) Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 5 eingefügt:

„5. an einem Täterprogramm teilzunehmen oder“.

2. In Satz 2 Halbsatz 2 wird die Angabe „Nr. 3 bis 5“ durch
die Wörter „Nummer 3 bis 6“ ersetzt.

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in
Kraft.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ebenfalls Zu Nummer 2 – neu –

einen Änderungsantrag im Rechtsausschuss mit folgendem
Wortlaut eingebracht.

Der Bundestag wolle beschließen:

Mit der neuen Nummer 2 wird dem § 153a StPO ein neuer
Absatz 4 angefügt und dadurch eine ausdrückliche gesetz-
liche Grundlage für die Übermittlung von personenbezoge-
nen Daten an die aufgrund einer Weisung mit einem Pro-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/10164

Bericht der Abgeordneten Ansgar Heveling, Jörg van Essen, Dr. Eva Högl,
Halina Wawzyniak und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/1466 in seiner 102. Sitzung am 7. April 2011 beraten und
an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung sowie
an den Innenausschuss und den Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 17/
1466 in seiner 78. Sitzung am 27. Juni 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzent-
wurf anzunehmen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 17/1466 in seiner
71. Sitzung am 27. Juni 2012 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf in der
aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung anzu-
nehmen. Die vorgeschlagenen Änderungen entsprechen
einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP in den Rechtsausschuss eingebracht wurde
und dessen Annahme der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 17/
1466 in seiner 56. Sitzung am 6. Juli 2011 ohne Aussprache
vertagt. In seiner 89. Sitzung am 27. Juni 2012 hat er die
Vorlage beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der
Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die vorge-
schlagenen Änderungen entsprechen einem Änderungsan-
trag, der von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP in den
Rechtsausschuss eingebracht wurde. Der Änderungsantrag
wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

a) In Nummer 1 b) wird
aa) die Formulierung „an einem Täterprogramm“

durch die Formulierung „an einem Programm zur
Änderung gewalttätigen Verhaltens“ ersetzt

b) Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
„zur Erfüllung der Auflage und Weisung setzt die Staats-
anwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist von höchs-
tens 12 Monaten.“

c) es wird eine Nummer 4 neu eingefügt:
„In § 153a StPO wird folgender Absatz 4 eingefügt:

„(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 6,
auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwen-
dung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten
aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten be-
treffen, an die mit der Durchführung des Programmes
zur Änderung gewalttätigen Verhaltens befasste Stelle
nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen
Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1
gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen
Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem Pro-
gramm zur Änderung gewalttätigen Verhaltens teilzu-
nehmen.““

2. Artikel 2 (Änderung der Strafgesetzbuchs) wird wie folgt
geändert:
a) In Nummer 1 b) wird

„die Formulierung „an einem Täterprogramm“ durch die
Formulierung „an einem Programm zur Änderung ge-
walttätigen Verhaltens“ ersetzt“.

Begründung
Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 1

In Nummer 1 Buchstabe a wird im Hinblick auf die noch
nicht verurteilte Person in der Gesetzesnorm das Wort „Tä-
terprogramm“ durch die Formulierung „Programm zur
Veränderung gewalttätigen Verhaltens“ ersetzt. Dies er-
laubt die Spezifizierung der Programme in ihrer Ausrich-
tung als Maßnahmen insbesondere gegen häusliche Gewalt.
Der in der Stellungnahme der Bundesregierung verwendete
Begriff des „sozialen Trainings“ scheint missverständlich
im Hinblick auf eine mögliche Verharmlosung des als Auf-
lage für eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens an-
geordneten Programmes.
1. Artikel 1 (Änderung des Strafprozessordnung) wird wie
folgt geändert:

gramm zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens befasste
Stelle geschaffen.

Drucksache 17/10164 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Für die praktische Durchführung eines Programm zur Ver-
änderung gewalttätigen Verhaltens, etwa nach den Stan-
dards des privaten Vereins „Bundesarbeitsgemeinschaft Tä-
terarbeit bei häuslicher Gewalt e. V.", die mit Förderung
des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend entwickelt wurden, kann es hilfreich sein, dass die
mit der Ausrichtung eines Programms zur Veränderung ge-
walttätigen Verhaltens befassten Personen den der Beschul-
digung zugrunde liegenden Sachverhalt kennen, um mögli-
chen Bagatellisierungstendenzen der beschuldigten Perso-
nen wirksam entgegenzutreten, Daraus ergibt sich die Not-
wendigkeit der Schaffung einer hinreichenden gesetzlichen
Grundlage für die Übermittlung entsprechender, regelmä-
ßig personenbezogener Daten aus dem Strafverfahren, ins-
besondere soweit sie nicht den Beschuldigten betreffen, an
die mit der Ausrichtung eines Programms zur Veränderung
gewalttätigen Verhaltens befassten Personen. Mit der vor-
gesehenen Ergänzung des § 153a StPO um einen Absatz 4
wird diese gesetzliche Grundlage geschaffen.
Der neue Absatz 4 Satz 1 verweist umfassend auf die ent-
sprechenden Regelungen für die Durchführung eines Täter-
Opfer-Ausgleichs nach § 165b StPO, stellt die Befugnis zur
Übermittlung der erforderlichen personenbezogenen Daten
anderer Personen als des Beschuldigten aber abweichend
von § 155b Absatz 1 Satz 1 StPO unter die zusätzliche Vor-
aussetzung der Einwilligung der betroffenen Personen in
die Datenübermittlung. Damit wird den Interessen dieser
Personen, insbesondere des Opfers, Rechnung getragen und
sichergestellt, dass personenbezogene Daten, die gerade bei
Gewaltproblemen in sozialen Näheverhältnissen sehr sen-
sibler Natur sein können, an in der Regel private Stellen,
die mit der Durchführung des Programms zur Veränderung
gewalttätigen Verhaltens befasst sind, nur mit Einwilligung
der betroffenen Personen übermittelt werden.
Diese Einschränkung der Übermittlungsbefugnis erscheint
im Vergleich zu der beim Täter-Opfer-Ausgleich vorliegen-
den Situation, auf die § 165b StPO aufbaut, geboten. Denn
an den Programmen zur Veränderung gewalttätigen Verhal-
tens nimmt im Gegensatz zum Täter-Opfer-Ausgleich nur
der Beschuldigte, nicht aber das Opfer teil, weshalb vor der
Übermittlung der personenbezogenen Daten insbesondere
des Opfers an die das Programm zur Veränderung gewalttä-
tigen Verhaltens durchführende Stelle dessen Einwilligung
einzuholen ist. Hingegen ist nach der vorgesehenen Rege-
lung eine Einwilligung des Beschuldigten in die Übermitt-
lung seiner personenbezogenen Daten nicht erforderlich.
Die vorläufige Einstellung des Verfahrens mit der Weisung,
gemäß § 153a Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 StPO-E an einem
Programm zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens teil-
zunehmen, erfolgt mit Zustimmung des Beschuldigten. Es
steht diesem frei, seine Zustimmung zu verweigern, wenn er
mit der daraus folgenden Konsequenz, dass seine personen-
bezogenen Daten' an die mit dem Programm zur Verände-
rung gewalttätigen Verhaltens zu befassende Stelle übermit-
telt werden können, nicht einverstanden ist.

Der Vorbehalt der Einwilligung für die Übermittlung ande-
rer personenbezogener Daten als die des Beschuldigten
wirkt sich allerdings mittelbar auch auf den Umfang der
Datenübermittlung in Bezug auf den Beschuldigten aus,

sprechender Anwendung des § 155b Absatz 1 Satz 2 StPO
die Akten zur Einsichtnahme an die das Programm zur Ver-
änderung gewalttätigen Verhaltens durchführende Stelle
übermittelt werden können. Dadurch bedingte Einschrän-
kungen bei der Datenübermittlung sind mit Blick auf die
Schutzwürdigkeit des Opfers und seines Rechts auf informa-
tionelle Selbstbestimmung hinzunehmen.
Durch die Bezugnahme des § 153a Absatz 4 Satz 1 StPO-E
auf § 155b StPO wird ferner geregelt, dass
• im Rahmen einer zulässigen Übermittlung personenbe-

zogener Daten an die mit deren Programm zur Verände-
rung gewalttätigen Verhaltens befasste Steile die Über-
mittlung auch durch Übersendung der Akten zur
Einsichtsnahme erfolgen kann, soweit die Erteilung von
Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand verur-
sachen würde (§ 155b Absatz 1 Satz 2 StPO);

• eine mit dem Programm zur Veränderung gewalttätigen
Verhaltens befasste nicht-öffentliche Stelle darauf hin-
zuweisen ist, dass sie die übermittelten Daten nur für
Zwecke der Durchführung des Programms zur Verände-
rung gewalttätigen Verhaltens verwenden darf (§ 155b
Absatz 1 Satz 3 StPO);

• die mit dem Programm zur Veränderung gewalttätigen
Verhaltens befasste Stelle die ihr übermittelten personen-
bezogener Daten nur verarbeiten und nutzen darf, soweit
dies für die Durchführung des Programms zur Verände-
rung gewalttätigen Verhaltens erforderlich ist und
schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegen-
stehen (§ 155b Absatz 2 Satz 1 StPO);

• die mit dem Programm zur Veränderung gewalttätigen
Verhaltens befasste Stelle weitere personenbezogene Da-
ten nur erheben und verwenden darf, soweit der Betrof-
fene eingewilligt hat und dies für die Durchführung des
Programms zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens
erforderlich ist (§ 155b Absatz 2 Satz 2 StPO);

• die mit dem Programm zur Veränderung gewalttätigen
Verhaltens befasste Stelle nach Abschluss ihrer Tätigkeit
in dem erforderlichen Umfang der Staatsanwaltschaft
oder dem Gericht Bericht erstattet (§ 155b Absatz 2
Satz 3 StPO);

• für den Fall, dass die mit dem Programm zur Verände-
rung gewalttätigen Verhaltens befasste Stelle eine nicht-
öffentliche Stelle ist, die Vorschriften des Dritten
Abschnitts des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) über
die Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen
(§§ 27 ff. BDSG) auch dann Anwendung finden, wenn
diese die Daten nicht in oder aus Dateien verarbeitet
(§ 155b Absatz 3 StPO);

• die mit dem Programm zur Veränderung gewalttätigen
Verhaltens befasste Stelle die erhobenen personenbezo-
genen Daten nach Ablauf eines Jahres seit Abschluss des
Strafverfahrens zu vernichten hat und die Staatsanwalt-
schaft oder das Gericht ihr unverzüglich von Amts wegen
den Zeitpunkt des Verfahrensabschlusses mitteilt (§ 155b
Absatz 4 StPO).

§ 153a Absatz 4 Satz 2 StPO-E sieht eine entsprechende An-
wendung der vorstehend skizzierten Regelungen in Fällen
zum Beispiel bei der Schilderung des dem Verfahren zu-
grundeliegenden Sachverhaltes oder der Frage, ob in ent-

vor, in denen nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften
die Weisung erteilt wird, an einem Programm zur Verände-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/10164

rung gewalttätigen Verhaltens teilzunehmen, was nament-
lich die durch dieses Gesetz neu eingefügte Nummer 5 des
§ 59a Absatz 2 Satz 1 StGB (Weisung bei einer. Verwarnung
mit Strafvorbehalt) betrifft. Auch wenn in diesen Fällen der
Adressat der Weisung nicht zustimmen muss, bedarf es we-
gen der ihr zugrundeliegenden gerichtlichen Entscheidung
sowohl mit Blick auf die Schuldfeststellung als auch die an-
gewiesene Maßnahme selbst ebenfalls keiner Einwilligung
des Angewiesenen in die Übermittlung seiner personenbe-
zogenen Daten an die mit, der Durchführung des Programm
zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens befasste Stelle.
Zu Artikel 2 (Änderung des Strafgesetzbuchs)
Aus den von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme
dargelegten Gründen (Bundestagsdrucksache 17/1466,
S. 8) wird der im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgese-
hene Begriff „Täterprogramm“ durch den Begriff „Pro-
gramm zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens“ ersetzt.
Der Änderungsantrag wurde mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützte
das grundsätzliche Anliegen des Gesetzentwurfs. Die Erfah-
rungen mit dem Gewaltschutzgesetz zeigten, dass Angebote
an gewalttätige Männer gute Erfolge zeitigten. Kritisch sei
jedoch der Begriff „sozialer Trainingskurs“ für Programme,
die sich an erwachsene Gewalttäter richteten, zu sehen, da
es die Problematik verniedliche. Möglicherweise sei dieser
Begriff im Jugendstrafrecht mit seinem Erziehungsgedan-
ken angebracht. Sie schlage die Bezeichnung „Programm
zur Veränderung gewalttätigen Verhaltens“ vor, um den In-
halt der Angebote zu verdeutlichen.

Die Fraktion der CDU/CSU hob das sinnvolle Anliegen
des Gesetzentwurfs hervor, Beschuldigten und Verwarnten
Angebote zur Verhaltensänderung zu machen. Dies könne
sinnvoller sein als eine Strafe. Zur Änderung des Begriffs
„Täterprogramm“ in „sozialer Trainingskurs“ trug sie vor,
dass hiermit einerseits die Beschuldigten besser erfasst wür-
den und andererseits im Rahmen des § 153a der Strafpro-
zessordnung keine Verengung auf bestimmte Modalitäten
erfolge.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzentwurfs erläutert.
Hinsichtlich der Begründung der unveränderten Bestim-
mungen sowie der Stellungnahme des Bundesregierung
zum Gesetzentwurf wird auf die jeweiligen Ausführungen
auf Drucksache 17/1466 verwiesen.

Die empfohlenen Änderungen des Gesetzentwurfs werden
im Einzelnen wie folgt begründet:

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Zu Nummer 1

In Nummer 1 Buchstabe a (§ 153a Absatz 1 Satz 2 Num-
mer 6 der Strafprozessordnung in der Entwurfsfassung –

der im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Begriff
„Täterprogramm“ durch den Begriff „sozialer Trainings-
kurs“ ersetzt.

Zu Nummer 2 – neu –

Mit der neuen Nummer 2 wird dem § 153a StPO ein neuer
Absatz 4 angefügt und dadurch eine ausdrückliche gesetz-
liche Grundlage für die Übermittlung von personenbezoge-
nen Daten an die aufgrund einer Weisung mit einem sozia-
len Trainingskurs befasste Stelle geschaffen.

Für die praktische Durchführung eines sozialen Trainings-
kurses, etwa nach den Standards des privaten Vereins Bun-
desarbeitsgemeinschaft Täterarbeit bei häuslicher Gewalt
e. V., die mit Förderung des Bundesministeriums für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend entwickelt wurden, kann
es hilfreich sein, dass die mit der Ausrichtung eines sozialen
Trainingskurses befassten Personen den der Beschuldigung
zugrunde liegenden Sachverhalt kennen, um möglichen
Bagatellisierungstendenzen der Beschuldigten wirksam ent-
gegenzutreten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der
Schaffung einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage für
die Übermittlung entsprechender, regelmäßig personenbe-
zogener Daten aus dem Strafverfahren, insbesondere soweit
sie nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Aus-
richtung eines sozialen Trainingskurses befassten Personen.
Mit der vorgesehenen Ergänzung des § 153a StPO um einen
Absatz 4 wird diese gesetzliche Grundlage geschaffen.

Der neue Absatz 4 Satz 1 verweist umfassend auf die ent-
sprechenden Regelungen für die Durchführung eines Täter-
Opfer-Ausgleichs nach § 155b StPO, stellt die Befugnis zur
Übermittlung der erforderlichen personenbezogenen Daten
anderer Personen als des Beschuldigten aber abweichend
von § 155b Absatz 1 Satz 1 StPO unter die zusätzliche Vor-
aussetzung der Einwilligung der betroffenen Personen in die
Datenübermittlung. Damit wird den Interessen dieser Per-
sonen, insbesondere des Opfers, Rechnung getragen und
sichergestellt, dass personenbezogene Daten, die gerade bei
Gewaltproblemen in sozialen Näheverhältnissen sehr sen-
sibler Natur sein können, an in der Regel nichtöffentliche
Stellen, die mit der Durchführung des sozialen Trainings-
kurses befasst sind, nur mit Einwilligung der betroffenen
Personen übermittelt werden.

Diese Einschränkung der Übermittlungsbefugnis erscheint
im Vergleich zu der beim Täter-Opfer-Ausgleich vorliegen-
den Situation, auf die § 155b StPO aufbaut, geboten. Denn
an den sozialen Trainingskursen nimmt im Gegensatz zum
Täter-Opfer-Ausgleich nur der Beschuldigte, nicht aber das
Opfer teil, weshalb vor der Übermittlung der personenbezo-
genen Daten insbesondere des Opfers an die den sozialen
Trainingskurs durchführende Stelle dessen Einwilligung
einzuholen ist. Hingegen ist nach der vorgesehenen Rege-
lung eine Einwilligung des Beschuldigten in die Übermitt-
lung seiner personenbezogenen Daten nicht erforderlich.
Die vorläufige Einstellung des Verfahrens mit der Weisung,
gemäß § 153a Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 StPO-E an einem
sozialen Trainingskurs teilzunehmen, erfolgt mit Zustim-
mung des Beschuldigten. Es steht diesem frei, seine Zustim-
mung zu verweigern, wenn er mit der daraus folgenden
Konsequenz, dass seine personenbezogenen Daten an die
StPO-E) wird aus den von der Bundesregierung in ihrer Stel-
lungnahme dargelegten Gründen (Drucksache 17/1466, S. 8)

mit dem sozialen Trainingskurs zu befassende Stelle über-
mittelt werden können, nicht einverstanden ist.

Drucksache 17/10164 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
auf § 155b StPO wird ferner geregelt, dass

– im Rahmen einer zulässigen Übermittlung personen-
bezogener Daten an die mit dem sozialen Trainingskurs
befasste Stelle die Übermittlung auch durch Übersen-
dung der Akten zur Einsichtsnahme erfolgen kann, so-
weit die Erteilung von Auskünften einen unverhältnis-
mäßigen Aufwand verursachen würde (§ 155b Absatz 1
Satz 2 StPO);

– eine mit dem sozialen Trainingskurs befasste nicht-
öffentliche Stelle darauf hinzuweisen ist, dass sie die
übermittelten Daten nur für Zwecke der Durchführung
des sozialen Trainingskurses verwenden darf (§ 155b
Absatz 1 Satz 3 StPO);

– die mit dem sozialen Trainingskurs befasste Stelle die
ihr übermittelten personenbezogenen Daten nur verar-
beiten und nutzen darf, soweit dies für die Durchführung
des sozialen Trainingskurses erforderlich ist und schutz-
würdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenste-
hen (§ 155b Absatz 2 Satz 1 StPO);

– die mit dem sozialen Trainingskurs befasste Stelle wei-
tere personenbezogene Daten nur erheben und verwen-
den darf, soweit der Betroffene eingewilligt hat und dies
für die Durchführung des sozialen Trainingskurses erfor-
derlich ist (§ 155b Absatz 2 Satz 2 StPO);

– die mit dem sozialen Trainingskurs befasste Stelle nach
Abschluss ihrer Tätigkeit in dem erforderlichen Umfang

Verfahrensabschlusses mitteilt (§ 155b Absatz 4 StPO).

§ 153a Absatz 4 Satz 2 StPO-E sieht eine entsprechende
Anwendung der vorstehend skizzierten Regelungen in Fäl-
len vor, in denen nach sonstigen strafrechtlichen Vorschrif-
ten die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainings-
kurs teilzunehmen, was namentlich die durch dieses Gesetz
neu eingefügte Nummer 5 des § 59a Absatz 2 Satz 1 des
Strafgesetzbuchs (Weisung bei einer Verwarnung mit Straf-
vorbehalt) betrifft. Auch wenn in diesen Fällen der Adressat
der Weisung nicht zustimmen muss, bedarf es wegen der ihr
zugrundeliegenden gerichtlichen Entscheidung sowohl mit
Blick auf die Schuldfeststellung als auch die angewiesene
Maßnahme selbst ebenfalls keiner Einwilligung des Ange-
wiesenen in die Übermittlung seiner personenbezogenen
Daten an die mit der Durchführung des sozialen Trainings-
kurses befasste Stelle.

Zu Artikel 2 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Aus den von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme
dargelegten Gründen (Drucksache 17/1466, S. 8) wird der
im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Begriff
„Täterprogramm“ durch den Begriff „sozialer Trainings-
kurs“ ersetzt.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Änderung zum Inkrafttreten des Gesetzes stellt sicher,
dass die Praxis die Neuregelungen noch vor ihrem Inkraft-
treten hinreichend zur Kenntnis nehmen kann.

Berlin, den 27. Juni 2012

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Eva Högl
Berichterstatterin

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter
Der Vorbehalt der Einwilligung für die Übermittlung ande-
rer personenbezogener Daten als die des Beschuldigten
wirkt sich allerdings mittelbar auch auf den Umfang der
Datenübermittlung in Bezug auf den Beschuldigten aus,
zum Beispiel bei der Schilderung des dem Verfahren zu-
grundeliegenden Sachverhaltes oder der Frage, ob in ent-
sprechender Anwendung des § 155b Absatz 1 Satz 2 StPO
die Akten zur Einsichtnahme an die den sozialen Trainings-
kurs durchführende Stelle übermittelt werden können.
Dadurch bedingte Einschränkungen bei der Datenübermitt-
lung sind mit Blick auf die Schutzwürdigkeit des Opfers
und seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
hinzunehmen.

Durch die Bezugnahme des § 153a Absatz 4 Satz 1 StPO-E

der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht Bericht erstattet
(§ 155b Absatz 2 Satz 3 StPO);

– für den Fall, dass die mit dem sozialen Trainingskurs be-
fasste Stelle eine nichtöffentliche Stelle ist, die Vor-
schriften des Dritten Abschnitts des Bundesdatenschutz-
gesetzes (BDSG) über die Datenverarbeitung durch
nichtöffentliche Stellen (§ 27 ff. BDSG) auch dann
Anwendung finden, wenn diese die Daten nicht in oder
aus Dateien verarbeitet (§ 155b Absatz 3 StPO);

– die mit dem sozialen Trainingskurs befasste Stelle die
erhobenen personenbezogenen Daten nach Ablauf eines
Jahres seit dem Abschluss des Strafverfahrens zu ver-
nichten hat und die Staatsanwaltschaft oder das Gericht
ihr unverzüglich von Amts wegen den Zeitpunkt des

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