BT-Drucksache 16/9014

Aktuelle Fragen zur Abschiebehaft

Vom 29. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9014
16. Wahlperiode 29. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Jerzy Montag, Volker Beck (Köln),
Dr. Uschi Eid, Monika Lazar, Kerstin Müller (Köln), Claudia Roth (Augsburg),
Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar von Neuforn, Wolfgang Wieland und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aktuelle Fragen zur Abschiebehaft

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Verfahrens in Fami-
liensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-
Reformgesetz – FGG-RG, Bundestagsdrucksache 16/6308) will u. a. das Einle-
gen von Rechtsmitteln gegen Abschiebehaftanordnungen erschweren. Diese
Vorschläge der Großen Koalition der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wur-
den auf der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am
11. Februar 2008 von zwei Dritteln der geladenen Sachverständigen abgelehnt
(www.bundestag.de/ausschuesse/a06/anhoerungen/29_FGG_Teil_1/05_Wort-
protokoll.pdf).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung die Untersuchung des Hannoveraner Rechtsanwalts
Peter Fahlbusch bekannt, dass die verschiedenen Rechtsmittelinstanzen in
rund einem Drittel der 500 von ihm in den letzten fünf Jahren vertretenen
Abschiebehaftfälle nachträglich festgestellt haben, dass die Betroffenen zu
Unrecht festgenommen bzw. inhaftiert worden waren (www.fluechtlingsrat-
bw.de/Download/rundbrief/2007-2/rb07-2_21-22.pdf); und wenn ja, welche
Vorschläge zur Änderung des FGG-Entwurfes würde die Bundesregierung
dem Gesetzgeber vor diesem Hintergrund empfehlen?

2. Welche Vorteile ergeben sich daraus, dass in dem Entwurf des FGG-RG vor-
gesehen ist, das bislang voraussetzungslose Rechtsmittelrecht an strengere
Voraussetzungen zu binden und zudem den Rechtsmittelzug durch Abschaf-
fung der weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht zu verkürzen und
stattdessen nur noch eine langwierige sogenannte Rechtsbeschwerde beim
Bundesgerichtshof (BGH) zuzulassen, die zudem noch an drei Vorausset-
zungen geknüpft werden soll:

– dass das vorinstanzliche Gericht dieses Rechtsmittel überhaupt zugelas-
sen hat (wobei dem Betroffenen die Nichtzulassungsbeschwerde nicht er-

öffnet wird),

– dass der zuständige Senat am BGH die Klage annimmt und

– dass es einen Abschiebehäftling aus der Abschiebehaft heraus gelingt,
sich von einer/einem der bundesweit nur ca. 50 am BGH zugelassenen
Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte vertreten zu lassen?

Drucksache 16/9014 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Könnte es durch diese Verkürzung des Rechtsmittelzuges im Abschiebehaft-
verfahren zu einer Häufung diesbezüglicher Verfassungsklagen kommen,
und wenn nein, warum nicht?

4. Hat das Rechtsinstrument des Haftaufhebungsantrags (§ 10 Abs. 2 Gesetz
über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen – FreihEntzG) in
der Vergangenheit dazu beigetragen, eine Haftentlassung sicherzustellen,
wenn sich z. B. ergeben hatte, dass die Haftvoraussetzungen nicht oder nicht
mehr vorliegen, und wenn ja, wie begründet die Bundesregierung dann ihren
Vorschlag, das Rechtsinstrument des Haftaufhebungsantrags im Zuge der
FGG-Reform ersatzlos zu streichen?

5. Ist es zutreffend, dass auf der Anhörung des Rechtsausschusses des Deut-
schen Bundestags zu den rechtsmittelbezogenen Regelungen des FGG-RG-
Entwurfs am 11. Januar 2008 lediglich zwei der geladenen Sachverständigen
diese positiv beurteilten, während vier Sachverständige mit Blick auf die
freiheitsentziehenden Maßnahmen die Neuregelungen des Gesetzentwurfs
grundsätzlich abgelehnt haben, und wenn ja, welchen Änderungsbedarf des
FGG-RG-Entwurfs würde die Bundesregierung vor diesem Hintergrund
empfehlen?

6. Warum wird die Anordnung von Abschiebehaft nicht den Verwaltungs-
gerichten übertragen?

Berlin, den 29. April 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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