BT-Drucksache 16/8247

Breitbandlücken schließen - Universaldienst einführen

Vom 20. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8247
16. Wahlperiode 20. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Lothar Bisky, Roland Claus,
Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter,
Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Katrin Kunert, Michael Leutert, Ulla Lötzer,
Dr. Gesine Lötzsch, Dorothee Menzner, Dr. Ilja Seifert, Dr. Kirsten Tackmann
und der Fraktion DIE LINKE.

Breitbandlücken schließen – Universaldienst einführen

Wenn am 4. März 2008 in Hannover die Computermesse CEBIT öffnet, wird
sich viel um neue Angebote im Internet drehen. Aber Millionen Menschen in
Deutschland – vor allem im ländlichen Raum – warten seit Jahren auf einen
schnellen Internetanschluss. Die Folge: Menschen in ländlichen Räumen wer-
den von den Möglichkeiten des Internet und damit der politischen, sozialen und
kulturellen Teilhabe abgeschnitten, kleine Gewerbetreibende in ihrer Existenz
gefährdet, Entwicklungschancen ganzer Regionen beeinträchtigt. Das ist ein
eklatanter Verstoß gegen den Verfassungsauftrag, gleichwertige Lebensbedin-
gungen zu schaffen.

Unter dem Druck von Kommunen und engagierten Bürgerinnen und Bürgern
hat die Bundesregierung einige Aktivitäten angekündigt und eine finanzielle
Unterstützung in Aussicht gestellt. Es ist jedoch zu befürchten, dass all dies
nicht ausreicht, jedem Dorf zeitnah einen schnellen Internetzugang zu bringen.
Bereits 2002 ist auf Anregung der Bundesregierung eine Breitbandinitiative
gestartet worden. Die digitale Kluft zwischen Stadt und Land ist jedoch weiter
gewachsen.

Statt lediglich darauf zu setzen, Unternehmen finanzielle Anreize zu bieten,
kann der Gesetzgeber einen Breitbandanschluss als gesetzliche Grundversor-
gung festschreiben und größere Unternehmen dazu verpflichten, diesen auch im
ländlichen Raum anzubieten. Die Bundesregierung ist gefordert, diese Option
ernsthaft zu prüfen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist das selbst gesteckte Ziel der Bundesregierung, bis 2008 98 Prozent aller
Haushalte in Deutschland mit einem Internetanschluss mit einer Über-
tragungsrate von 128 Kilobit pro Sekunde zu versorgen, erreicht, und wie viel
Prozent der Haushalte können momentan mit einem Breitbandanschluss ver-
sorgt werden?

2. Teilt die Bundesregierung die Aussage des Deutschen Städte- und Gemein-
debundes und Landkreistages, dass 5 bis 6 Millionen Bürgerinnen und Bür-
ger keinen Zugang zum schnellen Internet mit einer Übertragungsrate von
1 Megabit pro Sekunde haben?

Wenn nein, welche anderen Zahlen liegen der Bundesregierung bezüglich
dieser Übertragungsrate vor?

Drucksache 16/8247 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Ist es möglich, mit dem Breitbandatlas die Unterversorgung mit Breitband
nach Bundesländern und Kommunen exakt aufzuschlüsseln?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wie viel Geld ist bisher in die Erstellung aller Versionen des Breitbandatlas
geflossen, woher stammen diese Mittel, und wie viel Geld hat die Bundes-
regierung bisher für andere Gutachten bzw. Studien zu diesem Thema
bezahlt?

5. Stellt die mangelhafte Versorgung mit Breitbandanschlüssen in vielen Re-
gionen aus Sicht der Bundesregierung die Gefahr einer teilweisen Abkapse-
lung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vom a) technischen Fort-
schritt, b) kultureller und politischer Teilhabe dar?

6. Welche Handlungsaufträge bezüglich der fehlenden Breitbandversorgung
leitet die Bundesregierung aus dem Artikel 72 des Grundgesetzes (GG) ab,
der „die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“
fordert?

7. Welche Handlungsaufträge bezüglich der fehlenden Breitbandversorgung
leitet die Bundesregierung aus dem Artikel 87f GG ab, wonach die Bundes-
regierung verpflichtet ist, im Bereich der Telekommunikation für „flächen-
deckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen“ zu sorgen?

8. Teilt die Bundesregierung die Aussage des Geschäftsführers des Verbandes
der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), der
am 26. November 2007 sagte, „wenn es gelingt, alle Kräfte auf diese Weise
zu bündeln und mit bereits bestehenden Bestrebungen auf Bundes- und Lan-
desebene zu koordinieren, sollten innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate
90 Prozent der derzeit nicht versorgten Gemeinden einen Zugang zum
schnellen Internet bekommen können“?

Wenn nein, warum nicht, und in wie vielen Monaten will die Bundesregie-
rung dieses Ziel – gemessen an einer Versorgung mit einer Mindest-
geschwindigkeit von 1 Megabit pro Sekunde – erreichen?

9. Welche staatlichen Förderprogramme stehen in welchem finanziellen Um-
fang in diesem Jahr und den kommenden Jahren zur Schließung von Breit-
bandlücken zur Verfügung?

10. Vorausgesetzt, alle Mittel würden abfließen, wie viele der unterversorgten
Gemeinden erhielten so einen Breitbandanschluss?

11. Wie steht die Bundesregierung zu der Entwicklung, dass in größeren Städ-
ten verschiedene Telekommunikationskonzerne parallel mehrere Hoch-
geschwindigkeitsnetze ausbauen, während in vielen ländlichen Regionen
noch nicht einmal ein einfacher Breitbandschluss zur Verfügung steht?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der schleppenden
Erschließung der Breitbandlücken ernsthaft zu prüfen, Breitbandanschlüsse
als Universaldienst zu definieren?

Wenn ja, in welchem Zeitraum?

Wenn nein, wie begründet sie ihre Position?

13. Welche Initiativen und Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang ergrif-
fen, um auf europäischer Ebene die mangelhafte Breitbandversorgung in
vielen Regionen zu thematisieren?

Welche konkreten Entwicklungen und Erfolge haben sich daraus ergeben?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8247

14. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, auf europäischer Ebene
unverzüglich darauf hinzuwirken, dass a) in Artikel 32 der Universal-
dienstrichtlinie (Richtlinie 2002/22/EG) der zweite Halbsatz gestrichen
wird, der den Mitgliedstaaten verbietet, den Universaldienst auszuweiten,
wenn damit Unternehmen zur Finanzierung herangezogen werden, und
dass b) Internetanschlüsse mit schnellen Übertragungsraten in die Univer-
saldienstrichtlinie als Universaldienst aufgenommen werden?

15. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über das Schweizer
Modell des Breitband-Universaldienstes?

Berlin, den 19. Februar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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