BT-Drucksache 16/8177

Fördergelder nur als Unternehmensbeteiligung

Vom 20. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8177
16. Wahlperiode 20. 02. 2008

Antrag
der Abgeordneten Ulla Lötzer, Katrin Kunert, Dr. Barbara Höll, Hüseyin-Kenan
Aydin, Sevim Dag˘delen, Werner Dreibus, Inge Höger, Ulla Jelpke, Kornelia Möller,
Paul Schäfer (Köln), Dr. Herbert Schui, Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann und
der Fraktion DIE LINKE.

Fördergelder nur als Unternehmensbeteiligung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Nokia hat für den Standort Bochum zwischen 1988 und 1999 60 Millionen
Investitionsbeihilfen und im Zeitraum von 1997 bis 2007 10 Mio. Euro For-
schungsförderung erhalten. Nach Ablauf der Bindungsfrist will die Konzernlei-
tung trotz der äußerst profitablen Situation das Werk schließen und die Produk-
tion nach Rumänien verlagern.

Öffentliche Subventionen durch die EU-Regionalpolitik, die Gemeinschaftsauf-
gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ sowie die unterschied-
lichen Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene sind ein unverzicht-
bares wirtschaftspolitisches Instrument, um insbesondere in strukturschwachen
Regionen das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu stärken, durch Schaffung von
dauerhaften Arbeitsplätzen den Strukturwandel zu erleichtern und die regiona-
len Arbeitsmärkte zu entlasten.

Um diese Instrumente auch weiterhin nutzen zu können und deren Missbrauch
durch verlagernde Unternehmen zu verhindern, bedarf es neben einer Verschär-
fung der Förderbedingungen und deren effizienter Kontrollen weiterer Maßnah-
men, um staatlich geförderte Unternehmen stärker an die getroffene Standort-
entscheidung zu binden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Lehren aus dem Fall Nokia zu ziehen und mit sofortiger Wirkung die Förder-
regeln insbesondere der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ so zu ändern, dass betriebliche Einzelförderungen mit be-
trächtlicher regionalwirtschaftlicher Bedeutung in Form von öffentlichen Kapi-
talbeteiligungen oder Belegschaftsanteilen in entsprechender Höhe gewährt
werden.

Die Beteiligung ist so auszugestalten, dass damit in den Aufsichtsräten und ent-

sprechenden Unternehmensgremien weitgehende Informations- und Entschei-
dungsmöglichkeiten für die öffentliche Hand bzw. die Belegschaftsvertreter ver-
bunden sind.

Berlin, den 20. Februar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/8177 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Die beabsichtigte Verlagerung von Nokia trotz Rekordgewinnen hat erhebliche
wirtschaftliche Auswirkungen für die betroffene Region und ihren sozialen Zu-
sammenhalt. Arbeitsplatzabbau und Massenentlassungen mit katastrophalen
Auswirkungen für die Betroffenen und ihre Familien sind die Folgen. Mindes-
tens 4 000 Arbeitsplätze sind in Bochum bei Nokia und anderen Unternehmen
gefährdet.

Es kann nicht angehen, dass der Staat die knappen öffentlichen Steuergelder an
private Unternehmen verschenkt. Die Subventionierung von Profiten ohne Ge-
genleistung ist gesellschaftlich inakzeptabel. Die Steuerzahlerinnen und Steuer-
zahler finanzieren Investitionen von Unternehmen und tragen dann auch noch
die Folgekosten einer Werkschließung.

Subventionen als staatliche Eigenkapitalbeteiligungen zu gewähren, macht die
öffentliche Hand zum Miteigentümer des geförderten privat-wirtschaftlichen
Unternehmens. In der Folge ist die öffentliche Hand anteilig an den Gewinnen
und Verlusten des Unternehmens zu beteiligen. Die öffentliche Hand kann über
diese Beteiligung das Gemeinwohlinteresse in unternehmerischen Entscheidun-
gen und damit die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zur Geltung bringen.

Alternativ dazu können Subventionen auch in Form von Belegschaftsanteilen
gewährt werden. Damit werden die Subventionen stärker an die Interessen der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch an den Erhalt ihrer Ar-
beitsplätze und des Betriebes insgesamt gebunden.

Im Übrigen wäre in diesem Fall das Land NRW auch frühzeitiger informiert ge-
wesen und hätte nicht erst aus der Presse von der Entscheidung durch die Unter-
nehmensführung erfahren. Eine öffentliche Beteiligung als Förderinstrument ist
auf Landesebene durchaus gängige Praxis. Auch der Bund ist an rund 400 Un-
ternehmen beteiligt, darunter an 110 Unternehmen unmittelbar (Beteiligungsbe-
richt 2007).

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