BT-Drucksache 16/6170

Erwerbsintegration von schwerbehinderten Menschen

Vom 30. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6170
16. Wahlperiode 30. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Kornelia Möller, Volker Schneider (Saarbrücken),
Klaus Ernst, Dr. Barbara Höll, Katja Kipping, Elke Reinke, Dr. Petra Sitte,
Frank Spieth, Jörn Wunderlich, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der
Fraktion DIE LINKE.

Erwerbsintegration von schwerbehinderten Menschen

Im Jahr 2006 waren im Jahresdurchschnitt nach wie vor fast 200 000 schwerbe-
hinderte Menschen als erwerbslos registriert; die konjunkturelle Belebung
kommt also in dieser Bevölkerungsgruppe kaum an. Gleichzeitig sinken die
Einnahmen aus der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe gemäß § 77 SGB IX.
Viele Betriebe erfüllen ihre Verpflichtungen zur Beschäftigung Schwerbehin-
derter nicht. Auch die Gesetzesänderung des Jahres 2004 (Senkung der Aus-
gleichsabgabe von sechs auf fünf Prozent) entfaltet offensichtlich keine positi-
ven Wirkungen.

Die im SGB IX geschaffenen zusätzlichen Integrationsinstrumente können aus
Sicht der Praxis die in sie gesetzten Erwartungen nicht oder nur unzureichend
erfüllen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch war in den letzten Jahren die registrierte Erwerbslosigkeit von
schwerbehinderten Menschen, und welche qualitativen Entwicklungen (z. B.
Betroffenheit besonderer Gruppen von behinderten Menschen, insbesondere
behinderter Frauen, Einstellungs- bzw. Entlassungsverhalten in bestimmten
Branchen; Entwicklung von Teilzeitarbeit, befristeten Arbeitsverträgen etc.)
haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung dort seit dem Jahr 2000 voll-
zogen?

2. In welcher Form ist die berufliche Integration von Menschen mit Behinde-
rungen seit Amtsantritt der neuen Bundesregierung intensiviert worden
(siehe auch Koalitionsvereinbarung vom 11. November 2005)?

3. Wie hat sich die Verpflichtung der Arbeitgeber ab 20 Beschäftigten zur Be-
schäftigung von mindestens 5 Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehin-
derten Menschen (siehe § 71 SGB IX) seit dem Jahr 2000 entwickelt?

Welche Auswirkungen hatte nach Erkenntnissen der Bundesregierung die

Reduzierung des Prozentsatzes von sechs auf fünf Prozent?

4. Inwieweit fühlt sich die Bundesregierung an Aussagen des damaligen Bun-
desministers Walter Riester im Jahr 2000/2001 zur Senkung der Pflichtquote
auf 5 Prozent gebunden, wo er ankündigte, dass wenn die Zahl arbeitsloser
schwerbehinderter Menschen nicht um 50 000 gesenkt wird, die Pflicht-
quote wieder auf 6 Prozent erhöht werde?

Drucksache 16/6170 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Welche Auswirkungen der neuen Instrumente des SGB IX zur Verbesse-
rung der Erwerbsintegration schwerbehinderter Menschen kann die Bun-
desregierung feststellen; wie wirkten sich speziell die Einführung von

a) Integrationsunternehmen/-projekten

b) Integrationsfachdienste

c) der Arbeitsassistenz/en

(bitte mit Darstellung der qualitativen und quantitativen Entwicklung seit
2001) aus?

6. Wie entwickelten sich weitere Leistungen zur begleitenden Hilfe im Ar-
beitsleben qualitativ?

7. Für wie realitätstauglich hält die Bundesregierung das in diversen Vor-
schriften (etwa § 41 Abs. 2 SGB IX) formulierte Ziel der Förderung des
Übergangs in den allgemeinen (ungeförderten) Arbeitsmarkt für (welche
Gruppen von) schwerbehinderte/n Menschen?

8. Welche Fortschritte sieht die Bundesregierung diesbezüglich in den letzten
Jahren, und wie vermag sie dieses zu begründen?

9. Wie wirkten sich seit 2000 die Vorschriften zum besonderen Kündigungs-
schutz von schwerbehinderten Menschen (§ 85 ff. SGB IX) auf den Perso-
nenkreis aus?

In wie vielen Fällen (mit welchem Ergebnis und mit welchen Begründun-
gen) versagten Integrationsämter ihre Zustimmung zur Kündigung?

10. Aus welchen Gründen nahm die Zahl der in Werkstätten für Menschen mit
Behinderungen (WfMB) betreuten/beschäftigten Menschen nach Auffas-
sung der Bundesregierung seit 2001 so deutlich zu?

Wie kamen die WfMB ihrerseits dem Auftrag zur Integration der bei ihnen
beschäftigten Menschen zum Übergang in den „allgemeinen (ungeförder-
ten) Arbeitsmarkt“ nach?

11. Welche Auswirkungen/Erfolge hatte nach Wahrnehmung der Bundesregie-
rung der Einsatz von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 ff.
SGB IX) zur Förderung der Erwerbsintegration Schwerbehinderter; sind
diese nach Wahrnehmung der Bundesregierung zeitnah und umfassend er-
bracht worden?

Hält die Bundesregierung die Fachkritik am unzureichenden Einsatz von
Eingliederungszuschüssen für Schwerbehinderte für zutreffend?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die in Fachkreisen vorherrschende Auf-
fassung, dass für die Bundesagentur für Arbeit die Gruppe der schwerbe-
hinderten Arbeitslosen nicht mehr zur primären Kundengruppe gehört und
dass in den Agenturen zeitlich und der Höhe nach reduzierte Leistungen an
Arbeitgeber geleistet werden?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Leistungsfähigkeit von gemeinsa-
men Servicestellen (§ 22 ff. SGB IX) und Integrationsämtern (§ 102 SGB
IX) bei der Integration schwerbehinderter Menschen in das Erwerbsleben?

14. Welche nachhaltigen/dauerhaften Auswirkungen haben die Förderpro-
gramme für schwerbehinderte Menschen wie „50 000 Jobs“ oder „Jobs
ohne Barrieren“?

Berlin, den 4. Juli 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.