BT-Drucksache 16/4213

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/3711, 16/4144- Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Oktober 2005 über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

Vom 31. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4213
16. Wahlperiode 31. 01. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Grietje Bettin, Katrin Göring-Eckardt, Undine
Kurth (Quedlinburg), Claudia Roth (Augsburg), Marieluise Beck (Bremen), Thilo
Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour,
Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Krista Sager, Ekin Deligöz, Kai Gehring, Britta
Hasselmann, Priska Hinz (Herborn) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/3711, 16/4144 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Übereinkommen vom 20. Oktober 2005
über den Schutz und die Förderung der Vielfalt
kultureller Ausdrucksformen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zur Ratifizierung des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz und
zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen.

Die Annahme der UNESCO-Konvention durch eine große Mehrheit von 148
UNESCO-Mitgliedstaaten auf der 33. UNESCO-Generalkonferenz am 20. Ok-
tober 2005 markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Entstehung des
Völkerrechts im kulturpolitischen Bereich. Die Präambel der Konvention an-
erkennt den besonderen Doppelcharakter kultureller Güter, Aktivitäten und
Dienstleistungen als kulturelle Sinnträger und handelbare Wirtschaftsgüter. Sie
bekräftigt den Erhalt der kulturellen Vielfalt als gemeinsames Erbe der Mensch-
heit und zugleich auch die Bedeutung des freien Austauschs von Ideen und der
Interaktion der Kulturen.

Hervorzuheben bleibt in diesem Zusammenhang, dass das UNESCO Über-
einkommen zur Einhaltung bestimmter Leitziele wie individuelle Teilhabe, dem

freien Zugang zu Kultur und dem Respekt vor der Vielfalt der Kulturen
verpflichtet. Diese Leitziele sollen sowohl förderpolitisch wie auch – unter Be-
rücksichtigung der Ungleichgewichte zwischen Industrie- und Entwicklungs-
ländern – durch verstärkte internationale Kooperation zum Tragen kommen. Mit
eindeutigem Bezug zu den Menschenrechten und Grundfreiheiten wird zudem
den Gefahren eines potentiellen Missbrauchs des Abkommens Rechnung getra-
gen und der Zusammenhang von Kultur und Entwicklung im Rahmen der inter-

Drucksache 16/4213 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nationalen Zusammenarbeit betont. Mit der Konvention ist die Möglichkeit er-
öffnet, dem Leitbild Kulturvielfalt durch Förderung und Schutz kultureller Aus-
drucksformen zur Akzeptanz zu verhelfen und dazu beizutragen, die Förderung
des internationalen künstlerischen Austauschs und der internationale Zusam-
menarbeit zugunsten kultureller Entwicklung auch im völkerrechtlichen Rah-
men verbindlich zu machen.

Infolge der unerwartet dynamischen Ratifizierung der Konvention wird die
internationale Implementierung des Abkommens in Kürze beginnen. Nach der
Ratifizierung durch inzwischen mehr als 30 Staaten am 18. Dezember 2006 wird
die Konvention am 18. März 2007 völkerrechtlich, während der deutschen EU-
Ratspräsidentschaft, in Kraft treten. Die Europäische Gemeinschaft ist am 18. De-
zember 2006 (gemäß den Bestimmungen des Abkommens nach Artikel 27)
gemeinsam mit weiteren 12 Mitgliedstaaten dem Abkommen beigetreten. Ange-
sichts der Tatsache, dass das Übereinkommen gemeinsam von der Kommission
und dem Ratsvorsitz ausgehandelt wurde und die EU im Rahmen der UNESCO
zum ersten Mal und erfolgreich mit einer Stimme gesprochen hat, ist die Ratifi-
kation durch die Europäische Gemeinschaft eine logische Fortsetzung des star-
ken Engagements und der maßgeblichen Beteiligung der Europäischen Gemein-
schaft bei den Verhandlungen zur UNESCO-Konvention seit 2004. Diese ge-
meinsame Position der Europäischen Gemeinschaft gilt es nun auch im Rahmen
der deutschen EU-Ratspräsidentschaft weiterzuführen und bei der anstehenden
Umsetzung des UNESCO-Abkommens auf multilateraler Ebene einzubringen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass Deutschland sich in der Verhandlungs-
phase des Abkommens, gemeinsam mit seinen europäischen Partnern intensiv
für das Übereinkommen eingesetzt hat und an allen Stadien seiner Bearbeitung
aktiv beteiligt war. Eine zügige Ratifizierung von deutscher Seite ist vor diesem
Hintergrund nicht nur folgerichtig, sondern notwendig, um aktiv an der Umset-
zung der Konvention in der multilateralen Vertragsstaatenkonferenz beteiligt zu
sein. Diese wird nach Inkrafttreten der Konvention einberufen und (entspre-
chend der Empfehlung in der Konvention) wenn möglich parallel zur General-
versammlung der UNESCO im Herbst 2007 konstituierend zusammentreten.
Gemäß Artikel 23 der Konvention wird ein zwischenstaatlicher Ausschuss er-
richtet. Ihm gehören mindestens 18 Staaten an, die Vertragsparteien des Über-
einkommens sind und von der Konferenz der Vertragsparteien für eine Amtszeit
von vier Jahren gewählt werden. Zu den Aufgaben des zwischenstaatlichen Aus-
schusses gehört neben der Überwachung der Umsetzung des Abkommens vor
allem die Erarbeitung von Richtlinien, die für die Umsetzung der Konvention
unerlässlich sind wie auch die Festlegung einer Arbeitsagenda. In der nunmehr
anstehenden Implementierungsphase des Abkommens kommt den genannten
Gremien also hohes Gewicht und große Verantwortung für den künftigen Kurs
und die Anwendungspraxis des UNESCO-Übereinkommens zu. Deutschland
muss auch in diesen Gremien – anknüpfend an sein bisheriges Engagement –
vertreten sein und seine politischen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten
aktiv wahrnehmen, um somit eine verantwortungsvolle Umsetzung der Konven-
tion mit voranzutreiben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das mit dem Einbringen des Vertragsgesetzentwurfs in den Deutschen Bun-
destag eingeleitete Ratifizierungsverfahren zügig abzuschließen, das Ver-
tragsgesetz schnellstmöglich in Kraft zu setzen und durch rechtzeitige Hin-
terlegung der Ratifikationsurkunde bei der UNESCO die Bedingungen für
eine Teilnahme als Vertragspartei an der konstituierenden Sitzung der Kon-
ferenz der Vertragsstaaten (voraussichtlich Herbst 2007) zu erfüllen. Nur so
ist gewährleistet, dass sie als Mitglied der Konvention die erste Umsetzungs-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4213

und Implementierungsphase des UNESCO-Abkommens aktiv mitgestalten
kann und bei der Wahl der Organe des Abkommens beteiligt ist;

2. gemäß der bisherigen deutschen Rolle bei den Verhandlungen zur UNESCO-
Konvention aktiv an der multilateralen Umsetzung des Übereinkommens
mitzuwirken und hierfür die Mitgliedschaft im Zwischenstaatlichen Aus-
schuss, der bei der konstituierenden Sitzung der Konferenz der Vertragsstaa-
ten gewählt wird, anzustreben;

3. im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine gemeinsame Posi-
tionsabstimmung der EU-Mitgliedstaaten herbeizuführen, um eine bestmög-
liche und verantwortungsvolle Umsetzung der Konventionsziele auf euro-
päischer und internationaler Ebene zu ermöglichen;

4. sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Abstimmung mit
den EU-Mitgliedstaaten an der Vorbereitung zur Einberufung der konstituie-
renden Vertragsstaatenkonferenz zu beteiligen, hierfür eine gemeinsame Ver-
handlungsposition zu Prioritäten für die Arbeitsagenda der Umsetzungsor-
gane und Umsetzungsrichtlinien der UNESCO-Abkommens sowie einen ge-
meinsamen Vorsitzvorschlag für den Zwischenstaatlichen Ausschuss herbei-
zuführen und in die konstituierende Sitzung der Vertragsstaatenkonferenz
einzubringen;

5. im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Ratifizierung und
Implementierung der Konvention auf europäischer Ebene vorzubereiten und
eine breite Beteiligung von Kulturnutzern, Kulturverbänden und Kultur-
industrie sowie der europäischen Zivilgesellschaft am Umsetzungsprozess
sicherzustellen.

Berlin, den 31. Januar 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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