BT-Drucksache 16/3815

Stichtagsregelung für die Altersteilzeit im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (Rente mit 67) verlängern

Vom 13. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3815
16. Wahlperiode 13. 12. 2006

Antrag
der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Karin Binder,
Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, Werner Dreibus, Diana Golze, Dr. Barbara Höll,
Katja Kipping, Kornelia Möller, Elke Reinke, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn
Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Stichtagsregelung für die Altersteilzeit im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz
(Rente mit 67) verlängern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Durch den Gesetzesentwurf zu einem „Gesetz zur Anpassung der Regelalters-
grenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungs-
grundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungs-
gesetz)“ hat die Bundesregierung beschlossen, die Rentenaltersgrenze schrittweise
ab 2012 bis zum Jahr 2029 auf 67 Jahre anzuheben.

Der Gesetzesentwurf des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes sieht vor, dass
diejenigen Versicherten der Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1954 und älter
bei der Anhebung der Altersgrenzen für Altersrente besonderen Vertrauens-
schutz genießen sollen. Der Vertrauensschutz gilt für vor dem 1. Januar 2007
verbindlich abgeschlossene Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit im Sinne
der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes. Mit der Festsetzung des
Stichtages soll gewährleistet werden, dass Versicherte, vor Abschluss einer
Vereinbarung über Altersteilzeit, auf Grundlage des Kabinettsbeschlusses vom
29. November 2006 ihre Absicht überprüfen und bis zum 31. Dezember 2006
noch eine Vereinbarung bezogen auf die derzeit noch geltenden Altersgrenzen
abschließen können. Zwar ist es auch nach der Stichtagsregelung möglich,
einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, allerdings nur unter Inkaufnahme
von rentenrechtlichen Abschlägen bzw. eines späteren Renteneintritts. Auf-
grund des äußerst kurzen Zeitraums werden viele Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer automatisch von der Möglichkeit ausgeschlossen, sich rechtzei-
tig und umfassend über den Abschluss eines verbindlichen Altersteilzeitver-
trags zu kümmern.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Stichtagsklausel so zu ergänzen, dass alle, die sich fristgerecht um eine

Vereinbarung zur Altersteilzeit bemühen, diese jedoch unverschuldet nicht
vor dem Stichtag abschließen können, ebenfalls unter den Vertrauensschutz
fallen;

2. den vorgesehenen Stichtag auf den 31. März 2007 zu verschieben.

Berlin, den 14. Dezember 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/3815 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Im Referentenentwurf der Bundesregierung zum RV-Altersgrenzenanpassungs-
gesetz hat die fehlende Nennung eines exakten Stichtags, bis zu dem verbind-
lich ein Altersteilzeitvertrag vereinbart werden muss, zu erheblichen Verunsi-
cherungen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geführt. Es war allen
Betroffenen nicht ersichtlich, bis wann verbindliche Vereinbarungen getroffen
sein müssen, um Vertrauensschutz zu genießen. Weil viele Betroffenen so nicht
wissen konnten, wie sich die geplante Stichtagsregelung bei einem verbindli-
chen Abschluss eines Altersteilzeitvertrages auf ihre individuelle Lebenspla-
nung auswirken würde, hat dies teilweise zu überstürzten Altersteilzeitverein-
barungen zu ihrem Nachteil geführt.

Zunächst war, wie der Bundesminister für Arbeit und Soziales in einem Brief
vom 28. November 2006 an die Regierungskoalition mitteilte „als Stichtag für
den Schutz des Vertrauens in die Weitergeltung der heutigen Altersgrenzen bei
verbindlichen Altersteilzeitvereinbarungen nach dem Gesetzesentwurf der Tag
des Kabinettsbeschlusses, der 29. November 2006 vorgesehen“. Erst am Mor-
gen des 29. Novembers einigten sich die Fraktionsspitzen der Regierungskoali-
tion darauf, den Stichtag für einen Vertrauensschutz auf den 31. Dezember
2006 festzulegen.

Dieses überstürzte Vorgehen der Bundesregierung hat einen massiven Vertrau-
ensverlust der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber dem Gesetzge-
ber zur Folge gehabt. Insbesondere in dem sehr kurz angesetzten Zeitraum von
drei Wochen in der Vorweihnachtszeit und zum Jahreswechsel ist es den Be-
troffenen nicht zuzumuten, mit der nötigen Sorgfalt die notwendigen Klärungen
ihrer Renteninformationen und Rentenberechnung durchzuführen. Auch ver-
bleibt nicht ausreichend Zeit für Gewerkschaften, Sozialverbände u. a. für die
öffentliche Aufklärung. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Renten-
versicherungsträger nicht hinreichend Kapazitäten haben, um in dieser kurzen
Frist alle Anfragen ordentlich und fristgerecht zu beantworten. Somit kann un-
ter Umständen eine Vereinbarung ohne Verschulden der Versicherten nicht or-
dentlich geprüft und abgeschlossen werden.

Des Weiteren bestünde eine eklatante Ungleichbehandlung zwischen den Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleichen Alters und gleich langer Berufs-
tätigkeit, die es noch geschafft haben, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen
und denen, die hierzu aus den oben genannten Gründen nicht mehr in der Lage
waren.

Falls das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz beschlossen werden sollte, wäre
es deshalb aus den oben genannten Gründen notwendig, allen Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmern die gleichen Chancen und Rechte einzuräumen, um ei-
nen Altersteilzeitvertrag abschließen zu können. Hierfür ist eine Verschiebung
der Frist sowie die Modifizierung der Stichtagsregelung notwendig, um einen
ordentlichen Abschluss von Altersteilzeitverträgen zu gewährleisten.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.