BT-Drucksache 16/3206

Perspektiven der europäischen Kulturpolitik

Vom 27. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3206
16. Wahlperiode 27. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Grietje Bettin, Ekin Deligöz, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt,
Priska Hinz (Herborn), Thilo Hoppe, Ute Koczy, Fritz Kuhn, Kerstin Müller (Köln),
Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg), Krista Sager, Rainder Steenblock,
Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Perspektiven der europäischen Kulturpolitik

Die Gemeinsamkeiten der europäischen Kultur herausstellen und das Zusam-
mengehörigkeitsgefühl stärken, ohne die kulturellen, nationalen und regionalen
Unterschiede einzuebnen, ist ein wichtiges Ziel auch der deutschen Politik. Dies
verdeutlicht nicht zuletzt die zunehmende Verankerung des Politikfeldes „Kul-
tur“ im Institutionengefüge der Europäischen Union. Mit dem Inkrafttreten des
Maastrichter Vertrages am 1. November 1993 hat die Gemeinschaft eine eigen-
ständige kulturelle Kompetenz erlangt. In einem Kulturartikel – Artikel 151
nach Annahme des Vertrags von Amsterdam (1997) – wurden die wichtigsten
Ziele für die Tätigkeit der Gemeinschaft im Kulturbereich festgelegt. Der
Kulturartikel schuf zugleich die rechtliche Grundlage für die Programme, Ak-
tionen und Initiativen der EU, die gezielt zur Förderung kultureller Aktivitäten
im Gemeinschaftsgebiet aufgelegt werden. Im Laufe des europäischen Eini-
gungsprozesses hat sich – unterstützt durch die kulturpolitischen Debatten und
Aktivitäten des Europarates und des Europäischen Parlaments – ein Bewusst-
sein dafür herausgebildet, dass die gemeinsame europäische Kultur im Rahmen
der gegenseitigen Wahrnehmung der Vielfalt der Kulturen in Europa eine
wesentliche Voraussetzung für das Gelingen des europäischen Integrations-
prozesses sein würde.

Es geht nun – gerade vor dem Hintergrund einer geschwundenen öffentlichen
Zustimmung zu Europa – vor allem um die Frage, wie die Kultur zur Stärkung
der europäischen Identität und der gemeinsamen europäischen Wertgrundlagen
beitragen kann. Die europäische Einigung wird deshalb zu Recht auch als ein
kulturelles Projekt wahrgenommen. Gerade das Europäische Parlament machte
wiederholt deutlich, dass sich europäische Kulturpolitik nicht als Instrument der
kulturellen Homogenisierung verstehen dürfe, sondern ein komplexes, aus dem
Zusammentreffen von Unterschieden entstehendes Identitätsmodell entwickeln
müsse. Dieses Leitmotiv durchzog auch die Debatten über die ab 2007 begin-
nende neue Programmgeneration und hier insbesondere das künftige Rahmen-

förderprogramm „Kultur 2007“. Das größere Gewicht einer europäischen
Kulturpolitik zeigt sich auch in den Ergebnissen der Verfassungsdiskussion. Ein
besonderes Kennzeichen für den künftigen Stellenwert der Kultur ist die Auf-
nahme der Grundrechte-Charta der Europäischen Union in den Entwurf einer
künftigen EU-Verfassung.

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Ein wesentlicher Schwachpunkt der Kulturförderung der Europäischen Union
ist deren Unübersichtlichkeit. Es gibt nur wenig Erkenntnisse auf europäischer
Ebene über die Interdependenzen und Komplementaritäten der verschiedenen
Kulturfördermaßnahmen, ebenso wenig können Überschneidungen in Zielrich-
tung und Adressatenkreis exakt ermittelt werden. Es ist insgesamt – wie auch der
Kulturfinanzbericht 2006 der statistischen Ämter des Bundes und der Länder
darlegt – äußerst schwierig, sich einen genauen Überblick über diese zahlreichen
kulturellen Aktivitäten und Programme der EU zu verschaffen, die von einer
Vielzahl von Generaldirektionen der Europäischen Kommission verwaltet wer-
den. Auch eine belastbare Quantifizierung der Höhe der EU-Fördermittel ins-
gesamt und auch auf Ebene einzelner Mitgliedstaaten ist bisher kaum möglich.

Zunehmende Bedeutung erhalten inzwischen auch die ökonomischen Aspekte
der Kulturpolitik. Ungeachtet der marktkritischen Zielsetzung der jetzt zur
Ratifizierung vorgesehenen UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen
Vielfalt hat die Gemeinschaft – gemäß Artikel 157 des Vertrages zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft (EGV) – die Aufgabe, die Voraussetzungen für
die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft zu gewährleisten. Dies
betrifft nicht zuletzt die Kultur- und Kreativindustrien (Musik, Verlagswesen,
Film und audiovisuelle Medien). Die Europäische Union hat hierzu eine Reihe
von Programmen aufgelegt, die die Wettbewerbsbedingungen dieses Sektors
stärken sollen. Während der österreichischen EU-Präsidentschaft wurde ver-
sucht, eine partielle Einbindung der Kulturindustrien in die Lissabon-Strategie
auf europäischer Ebene zu erreichen.

Die Bundesregierung hat Zielsetzungen und Projektplanungen auf dem Gebiet
der Kultur für die deutsche EU-Präsidentschaft bisher nicht deutlich gemacht.
Sie hat auch nicht dargelegt, welche Rolle die Kulturpolitik auf europäischer
Ebene insgesamt spielen soll. Ebenso wenig gibt es Informationen darüber,
welche Schwerpunkte sie im neuen Arbeitsplan des Rates im Bereich der Kultur
für die Jahre nach 2007 setzen will. Der Arbeitsplan gibt mehrere thematische
Aufgaben vor, die unter den fortfolgenden Präsidentschaften kontinuierlich
weiterentwickelt werden. Dies erfordert eine dauerhafte Kooperationsarbeit
zwischen mehreren Vorsitzländern. Hinzu kommt, dass die Abstimmungs-
prozesse zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf kulturpolitische Vor-
haben der EU – auch nach der Föderalismusreform – keineswegs einfacher
geworden sind. Nur eine enge Abstimmung und Koordinierung zwischen Bund
und Ländern kann für eine hinreichende Interessenvertretung auf der euro-
päischen Ebene sorgen. Notwendig ist deshalb neben einer Darlegung der kon-
zeptionellen Ausrichtung des deutschen Beitrages zur Weiterentwicklung der
EU-Kulturpolitik auch eine Überprüfung der institutionellen Grundlagen des
politischen Handelns von Bund und Ländern auf europäischer Ebene.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Kulturpolitische Schwerpunkte der deutschen Ratspräsidentschaft 2007

1. Welche Projekte und Themen im Kulturbereich wird die Bundesregierung in
der Zeit der EU-Präsidentschaft in besonderer Weise in den Mittelpunkt stel-
len?

2. Wie sollen die thematischen Schwerpunkte in Deutschland und auf europäi-
scher Ebene besonders hervorgehoben werden?

Welche Veranstaltungen und anderen Maßnahmen sind nach gegenwärtiger
Planung in diesem Zusammenhang vorgesehen, und in welcher Weise wer-
den zivilgesellschaftliche Organisationen und Einrichtungen in dieses Pro-
gramm einbezogen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3206

3. Welche institutionellen und prozeduralen Vorkehrungen wird die Bundes-
regierung vorschlagen, um eine erfolgreiche Kooperationsarbeit mit voran-
gehenden bzw. nachfolgenden Vorsitzländern auf dem Gebiet der Kultur-
politik zu garantieren?

4. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die kulturpolitischen Vor-
haben ihrer EU-Präsidentschaft in geeigneter Weise in den Kontext der
Lissabon-Strategie – als einem zentralen Ziel der EU-Politik – einordnen
lassen?

5. Welche Fachdebatten und Konferenzen plant die Bundesregierung zu den
Themen der Kreativwirtschaft für die deutsche Präsidentschaft?

Wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine eigene Studie zur
Kulturwirtschaft vorlegen?

6. Wie lauten die Ziele der Bundesregierung im Hinblick auf die Weiterent-
wicklung des Arbeitsplans im Bereich der Kultur für die Jahre nach 2006?

Welche Schwerpunkte sollen gesetzt werden, und welche neuen prioritären
Vorhaben werden gegenüber dem bisherigen Arbeitsplan besonders hervor-
gehoben?

Wird sich die Bundesregierung für eine Verlängerung der Geltungsdauer
des Arbeitsplans auf drei oder vier Jahre einsetzen?

7. Was erwartet die Bundesregierung von der Initiative „Europa eine Seele ge-
ben“, die nach den Konferenzen in Paris, Budapest und Granada im Herbst
2006 erneut in Berlin tagen wird?

8. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Projekt zur Schaffung
einer europäischen Kultur-Charta bei?

Mit welchen konkreten Maßnahmen – insbesondere im Rahmen der deut-
schen EU-Präsidentschaft – wird dieses Vorhaben durch die Bundesregie-
rung unterstützt?

II. Institutionelle Aspekte

9. Wie bewertet die Bundesregierung das Verhältnis und die Kooperations-
beziehungen zwischen Europäischer Union und Europarat?

Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus den Ergebnissen des Juncker-
Berichts vom April 2006 („Eine einheitliche Zielstellung für den euro-
päischen Kontinent“) in kulturpolitischer Hinsicht, und welche Aufgaben
ergeben sich hieraus für die künftige Kooperation zwischen der Gemein-
schaft und dem Europarat?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung die in den letzten Jahren erfolgten Ver-
änderungen in der Arbeitsstruktur der Europäischen Kommission auf kul-
tur- und medienpolitischem Gebiet und die damit verbundenen Neu-
zuschnitte der Generaldirektionen, und welche Maßnahmen wird sie für die
künftige Arbeitsteilung in der Kommission, insbesondere nach dem Hinzu-
treten weiterer Mitgliedstaaten im Jahr 2007, vorschlagen?

11. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, mehr Transparenz für die
Arbeit und die Arbeitsergebnisse der Gremien des Rates und seiner Gliede-
rungen auf kulturpolitischem Gebiet zu schaffen?

12. Welche Ressorts sind in die Formulierung und Koordinierung kultur- und
medienpolitischer Vorhaben auf europäischer Ebene jeweils involviert?
Welche formellen Vorgaben und sachlichen Gründe sind dafür maßgeblich?

Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen Erfahrungen bei der

Arbeitsteilung innerhalb der Bundesregierung – insbesondere zwischen

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Bundeskanzleramt (BMK) und Auswärtigem Amt –, und sieht sie Anlass
für Änderungen?

13. Wie sehen die Verfahren zur Koordination der innerstaatlichen Willens-
bildung im Bereich kulturpolitischer Vorhaben auf europäischer Ebene im
Einzelnen aus?

Welche Veränderungen ergaben sich aus der Föderalismusreform und den
damit verbundenen Änderung von Artikel 23 des Grundgesetzes (GG) bzw.
EUZLBG und der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den
Regierungen der Länder über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der
Europäischen Union?

Sieht die Bundesregierung Anlass zu Gesprächen mit den Ländern, um
künftig eine hinreichende deutsche Interessenvertretung in kulturpoliti-
schen Fragen auf der europäischen Ebene zu garantieren?

14. In welchem Umfang beteiligen sich zivilgesellschaftliche Akteure an der
Formulierung und Entwicklung von Vorhaben im Rahmen der EU-Kultur-
politik (Verbände, private und politische Stiftungen, Religionsgemeinschaf-
ten)?

Welche Verfahren der Konsultation und Koordinationen zwischen Politik
und den zivilgesellschaftlichen Akteuren haben sich hierzu entwickelt?

Welche Möglichkeiten gibt es nach Auffassung der Bundesregierung, die
zivilgesellschaftlichen Akteure künftig besser in den Beratungs- und Koor-
dinierungsprozess einzubeziehen?

15. Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung der bisherigen Arbeit des
„Cultural Contact Point Germany“ bei?

Wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass es auch in Zukunft in
Deutschland eine solche Kontakt- und Informationsstelle für die EU-Kul-
turprogramme geben wird, und ist sie auch künftig bereit, die dafür erfor-
derlichen (Bundes-)Mittel zur Verfügung zu stellen?

16. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die kulturpolitisch
relevanten Internetinformationen der EU, insbesondere der GD Bildung und
Kultur, künftig vollständig in deutscher Sprache angeboten werden?

III. Kulturelle Aspekte der EU-Politik

17. Welche EU-Normsetzungen sieht die Bundesregierung neben Artikel 151
EGV gegenwärtig als besonders bedeutsam im Hinblick auf Kultur und
Kulturpolitik in Deutschland?

Welche Schlussfolgerungen zieht sie hieraus im Hinblick auf die kultur-
politischen Aspekte der künftigen Dienstleistungsrichtlinie, deren wesent-
liches Ziel es ist, bürokratische Hindernisse abzubauen, den grenzüber-
schreitenden Handel mit Dienstleistungen zu fördern und damit zur
Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarktes beizutragen?

18. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung den Kulturaspekten der
Lissabon-Strategie und insbesondere der Rolle kulturwirtschaftlicher
Aktivitäten für das Wirtschaftswachstum bei?

Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung im Einzelnen auf dem Gebiet
der Kulturförderung, aber auch auf den Rechtsgebieten des Binnenmarktes,
des Wettbewerbs, des Steuerrechts und des internationalen Handels für
erforderlich, damit die Kulturwirtschaft einen substantiellen Beitrag zur
Verwirklichung der Lissabonner Ziele leisten kann?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3206

19. Wie beurteilt die Bundesregierung die künftigen Wirkungen des UNESCO-
Übereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kulturel-
ler Ausdrucksformen in Deutschland und Europa?

Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es sich hierbei um ein
„Gegenmodell“ zu dem auf Liberalisierung setzenden WTO-Recht handele,
das die bestehenden Systeme der Kultur- und Medienpolitik in Europa und
ebenso die nationalen Förderinstrumente im Kulturbereich in ihrem Bestand
bedrohe?

20. Sieht die Bundesregierung in der UNESCO-Konvention ein mögliches
Hemmnis für die Einbindung der Kulturindustrien insbesondere im audio-
visuellen Bereich in die Lissabon-Strategie, die sich zum Ziel gesetzt hat,
den europäischen Wirtschaftsraum zur wettbewerbsstärksten Region der
Welt zu machen?

Sieht die Bundesregierung Gefahren für die kulturelle Vielfalt im Lissabon-
Prozess?

21. Wie will die Bundesregierung ausschließen, dass die Vorgaben und Empfeh-
lungen der UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt in
Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur argu-
mentativen Absicherung und Rechtfertigung protektionistischer Maßnah-
men und der Marktabschottung auf dem Gebiet der Kultur und insbesondere
im Bereich der europäischen Medien- und Kreativwirtschaft verwendet
werden?

22. Wie will die Bundesregierung dazu beitragen, dass die Zielsetzungen und
Grundprinzipien – insbesondere freie Meinungsäußerung, Medienfreiheit,
gleichberechtigter Zugang zu kulturellen Ausdrucksformen aus der ganzen
Welt, wie Offenheit gegenüber anderen Kulturen (Artikel 1 und 2 der Kon-
vention) – in den künftigen Unterzeichnerstaaten beachtet werden?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der Deutschen UNESCO-
Kommission, die übergreifenden Zielsetzungen und Rahmenbedingungen
der deutschen und europäischen Kulturpolitik auf der Grundlage des
UNESCO-Übereinkommens zu überprüfen und einen Diskussionsprozess
zu den Zielen und Instrumenten nationaler, europäischer und multilateraler
Kulturpolitik anzustoßen?

Welche Vorschläge wird die Bundesregierung hierzu unterbreiten?

IV. Kulturförderung der EU

24. Wie beurteilt die Bundesregierung die von der EU aufgelegten Kultur-
förderprogramme im Licht der von der EU-Kommission veröffentlichten
und veranlassten Studien und Evaluierungen?

Welche Schlussfolgerungen hat sie daraus gezogen, und in welcher Weise
hat sie diese dem Deutschen Bundestag präsentiert?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung das künftige Programm „Kultur 2007“?

Worin sieht die Bundesregierung im neuen Programm die wesentlichen
Fortschritte und Verbesserungen gegenüber den bisherigen Programm-
generationen?

26. Wie beurteilt die Bundesregierung das künftige Programm „Bürger für
Europa“, und worin sieht sie die wesentlichen Fortschritte gegenüber dem
vorangehenden Aktionsprogramm „Bürgerbeteiligung“?

27. Welche Vorhaben plant die Bundesregierung im Hinblick auf das „Euro-

päische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008“?

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Welche Initiativen und Veranstaltungen sind nach jetziger Kenntnis der
Bundesregierung in Deutschland vorgesehen?

In welcher Weise wird die Bundesregierung das Thema in der Zeit ihrer
EU- Präsidentschaft berücksichtigen?

28. Welche EU-Förderprogramme und sonstigen Unterstützungsmaßnahmen
der EU besitzen nach Kenntnis der Bundesregierung eine kulturelle Kom-
ponente im Sinn des „ersten Berichts über die Berücksichtigung der kultu-
rellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft“ aus dem
Jahr 1996 (KOM (96) 160 endg.)?

29. Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass der seit langem von Rat
und EU-Parlament geforderte Folgebericht von der EU-Kommission mög-
lichst rasch vorgelegt wird?

Wird die Bundesregierung außerdem dazu beitragen, dass der bereits vor-
liegende partielle Bericht zu den kulturellen Aspekten der Strukturfonds
auch in deutscher Sprache publiziert wird?

30. Wie will die Bundesregierung dazu beitragen, die Unübersichtlichkeit in der
Vielfalt der kulturfördernden Maßnahmen der Europäischen Union zu über-
winden?

Mit welchen Mitteln kann erreicht werden, dass im Feld der kulturfördern-
den Maßnahmen größere Transparenz erreicht wird, und wie kann gewähr-
leistet werden, dass die Interdependenzen und Komplementaritäten der ver-
schiedenen Kulturfördermaßnahmen von der EU-Kommission regelmäßig
überprüft werden und die Ergebnisse dieser Evaluierungen auch auf der
Ebene der Mitgliedstaaten einer Diskussion – auch auf parlamentarischer
Ebene – zugänglich gemacht werden?

31. Wie hoch war das Ausgabenvolumen der kultur- und medienbezogenen För-
derprogramme und Unterstützungsmaßnahmen der EU – sowohl die „nor-
malen“ Kulturprogramme wie etwa „Kultur 2000“ oder MEDIA als auch
anderer Programme der Gemeinschaft mit einer kulturellen Dimension (ins-
besondere Strukturfonds) – verteilt auf die Jahre 2001 bis 2006?

32. Wie verteilten sich diese Mittel – unterteilt nach den verschiedenen Pro-
grammen und Maßnahmen – auf Deutschland, die anderen EU-Mitglied-
staaten, die Beitrittsländer sowie andere Staaten?

33. Wie wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Ermittlung und
Darstellung aller kulturrelevanten Maßnahmen der Gemeinschaft um-
fassend ermöglicht werden und gleichzeitig ihr finanzielles Volumen ins-
gesamt und auf die Mitgliedstaaten und andere begünstige Staaten ermittelt
wird?

34. In welcher Weise wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass mög-
lichst rasch eine belastbare Quantifizierung der Höhe der EU-Fördermittel
im kulturellen Bereich sowohl insgesamt als auch auf Ebene einzelner Mit-
gliedstaaten möglich ist?

35. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der statistischen Ämter des Bun-
des und der Länder, wonach es von größter Bedeutung sei, in Zukunft auch
für Europa detaillierte und konsistente Informationen zu der Lage der
öffentlichen Mittel im Kunst- und Kulturbereich zu gewinnen?

36. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen Bemühungen zur Schaf-
fung einer einheitlichen europäischen Kulturstatistik?

Welche Institutionen auf nationaler und europäischer Ebene sind damit be-

fasst, welche Ergebnisse wurden bisher erzielt, wo sind diese dokumentiert,
und wie veranschlagt die Bundesregierung ihren Beitrag hierzu?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3206

Welche Notwendigkeiten sieht die Bundesregierung, Harmonisierung der
Kulturstatistiken in den Zusammenhang ähnlicher Bemühungen auf der
Ebene der UNESCO zu stellen?

V. Grundsatzfragen europäischer Kulturpolitik

37. Welche Zielsetzungen verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich Aufgaben-
stellung, Kompetenzumfang und finanzieller Ausstattung der Programme,
Aktionen und Initiativen der EU, die gezielt zur Förderung kultureller Akti-
vitäten im Gemeinschaftsgebiet aufgelegt werden?

Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung zur Definition und
(Mit-)Gestaltung der europäischen Kulturpolitik?

38. Worin sieht die Bundesregierung die wesentlichen Herausforderungen für
den kulturellen Sektor in der Europäischen Union in den kommenden
Jahren?

Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den kultur-
politischen Auftrag von Artikel 151 EGV?

39. Wie beurteilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der sich vertiefen-
den Vertrauenslücke zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den euro-
päischen Institutionen die bisherigen Wirkungen der Programme, Aktionen
und Initiativen der EU auf kulturpolitischem Gebiet?

Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus vor dem
Hintergrund des Appells des Rates vom 21. Januar 2002, Kultur als einen
wesentlichen Bestandteil der europäischen Integration, insbesondere im
Hinblick auf die Erweiterung der Union, zu betrachten?

40. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die europäische Identität und
das europäische Wertebewusstsein der Bürgerinnen und Bürger in den Mit-
gliedstaaten zu stärken?

Welche Rolle soll dabei die Kulturpolitik der Europäischen Union spielen,
und welche (komplementäre) Aufgabe ergibt sich hieraus für die Kultur-
politik in Deutschland?

41. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung das kulturelle Leben in den
Mitgliedstaaten und Regionen der Europäischen Union gestärkt werden und
gleichzeitig für den Prozess der Herausbildung einer europäischen Identität
nutzbar gemacht werden?

Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung als besonders wichtig an,
um die bisher noch zu sehr auf die europäischen Eliten begrenzte kulturelle
Europäisierung zu überwinden?

42. Wie beurteilt die Bundesregierung die neue Konzeption der EU-Kommis-
sion, die Kulturpolitik stärker in den Dienst der europäischen Integration zu
stellen und eine europäische „Agenda für Kultur“ zu schaffen?

Welche Erwartungen richtet die Bundesregierung in diesem Zusammen-
hang an den im kommenden Jahr erscheinenden Bericht der Kommission,
der eine Gesamtübersicht über die Perspektiven der EU-Kulturpolitik lie-
fern soll?

In welcher Weise wird die Bundesregierung die Diskussion dieses Berichtes
in ihre Planungen zur EU-Präsidentschaft einbeziehen?

43. Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen eigenen
Bericht zur Lage und zur Entwicklung der Kulturpolitik der Europäischen
Union vorlegen?

Drucksache 16/3206 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
44. Welche von Einrichtungen der EU verfassten bzw. in Auftrag gegebenen
Gutachten und Evaluierungen und andere Sachstandsberichte zum Stand
und zu den Perspektiven der EU-Kulturpolitik liegen der Bundesregierung
vor?

Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung jeweils daraus gezo-
gen, und in welcher Weise ist der Deutsche Bundestag darüber in Kenntnis
gesetzt worden?

45. Welche Evaluierungsinstrumente hat die Bundesregierung selbst eingesetzt,
um die Stärken und Schwächen der EU-Kulturpolitik festzustellen?

Welche Gutachten, Evaluierungen und andere Expertiseaufträge sind von
der Bundesregierung, einzelnen Bundesministerien oder anderen Einrich-
tungen im Bereich der Bundesregierung zum Themenbereich der EU-
Kulturpolitik seit 2001 vergeben worden?

46. Welche Schlussfolgerungen und Aufgaben ergeben sich aus diesen Ana-
lysen für die deutsche EU-Präsidentschaft im Jahr 2007, und welche Maß-
nahmen werden für diesen Zeitraum für die Weiterentwicklung der EU-Kul-
turpolitik von der Bundesregierung im Einzelnen vorgeschlagen?

47. Welche Aufgaben ergeben sich hieraus für die deutsch-französische Koope-
ration auf dem Gebiet der Kulturpolitik?

Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das „Memo-
randum der französischen Regierung zur europäischen kulturellen Zusam-
menarbeit“ aus dem Jahr 2004?

Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung daraus gezogen, und
in welcher Weise sind diese öffentlich gemacht worden?

48. Welche Vorhaben plant die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf
dem Gebiet der deutsch-französischen Zusammenarbeit, und welche Erwar-
tungen hat sie im Hinblick auf die Umsetzung im Rahmen der Konsulta-
tions- und Entscheidungsprozesse auf EU-Ebene?

49. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung hinsichtlich der künf-
tigen kulturpolitischen Kooperation zwischen der Europäischen Union und
den USA, insbesondere nachdem Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in
der Regierungserklärung (30. November 2005) die Wertegemeinschaft der
westlichen Welt als ein hohes und kaum zu überschätzendes Gut bezeichnet
hat?

Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Ergebnis-
se der von der EU-Kommission veranlassten Studie „The Europeans, Cul-
ture and Cultural Values“, die u. a. feststellt, dass in Europa die europäische
Kultur vielfach in Abgrenzung und als „Gegenmodell“ zur US-amerika-
nischen Kultur gesehen wird?

Berlin, den 27. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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