BT-Drucksache 16/3016

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

Vom 18. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3016
16. Wahlperiode 18. 10. 2006

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, Karin Binder, Dr. Martina
Bunge, Werner Dreibus, Diana Golze, Inge Höger-Neuling, Katja Kipping, Elke
Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Frank Spieth, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Jörn Wunderlich, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion
DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

A. Problem

Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt den besonderen Arbeitsschutz für junge
Menschen unter 18 Jahren. Im Zuge der Weiterentwicklung des Kinder- und Ju-
gendarbeitsschutzes wurden die Altersgrenzen für die Reichweite der Schutz-
rechte entsprechend eines immer deutlicher nach hinten verschobenen Beginns
der Erwerbstätigkeit verändert. Eines besonderen Jugendarbeitsschutzes bedarf
es während der Einstiegsphase in ein langes Arbeitsleben, also vor allem in der
Zeit der beruflichen Erstausbildung. Die überwiegende Mehrheit der Jugend-
lichen, die heute eine Ausbildung beginnt, ist 18 Jahre alt oder älter. Für sie gilt
das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht mehr. Dadurch wird das Jugendarbeits-
schutzgesetz einem seiner wesentlichen Ziele, dem Schutz von Auszubilden-
den, nicht mehr in ausreichender Weise gerecht.

B. Lösung

Der Geltungsbereich des Jugendarbeitsschutzgesetzes wird auf Jugendliche
ausgeweitet, die noch nicht 21 Jahre alt sind.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Berlin, den 18. Oktober 20

Dr. Gregor Gysi, Oskar L
Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

06

afontaine und Fraktion
Drucksache 16/3016 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

Das Jugendarbeitsschutzgesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1666),
wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 1 wird die Angabe „18 Jahre“ durch die An-
gabe „21 Jahre“ ersetzt.

2. In § 2 Abs. 2 wird die Angabe „18 Jahre“ durch die An-
gabe „21 Jahre“ ersetzt.

3. In § 9 Abs. 1 Nr. 1 wird die Angabe „18 Jahre“ durch die
Angabe „21 Jahre“ ersetzt.

4. In § 19 Abs. 2 Nr. 3 wird die Angabe „18 Jahre“ durch
die Angabe „21 Jahre“ ersetzt.

5. In § 41 Abs. 1 ist die Angabe „18. Lebensjahres“ durch
die Angabe „21. Lebensjahres“ ersetzt.

Abiturienten, die nach Abschluss der Schule eine betrieb-
Folgeänderung zu den Nummern 1 und 2.
liche Ausbildung beginnen, ist im längerfristigen Rückblick
deutlich angestiegen. 2004 hatten nur noch zwei von drei
Auszubildenden mit neu abgeschlossenen Ausbildungs-

Zu Nummer 4 (Änderung des § 19 JArbSchG)

Durch die Regelung erhalten auch Jugendliche, die 18, aber
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3016

Begründung

A. Allgemeines

Die Arbeits- und Lebenswelt von jungen Menschen am Be-
ginn des Erwerbslebens hat sich seit Inkrafttreten des ersten
Jugendarbeitsschutzgesetzes erheblich gewandelt. Insbeson-
dere der Zeitpunkt der Aufnahme der ersten Erwerbstätig-
keit, in der Regel immer noch der Beginn einer beruflichen
Erstausbildung im dualen System, hat sich deutlich nach
hinten verschoben. Der lange Zeit dominierende direkte
Übergang von der Haupt- und Realschule ist von einer
weitaus differenzierteren Realität der Zugänge in Berufsaus-
bildung und Erwerbsarbeit abgelöst worden. Zwischen 1970
und 2004 stieg in der Folge dieser Entwicklung das Durch-
schnittsalter von Auszubildenden von 17 auf 19,4 Jahre.
Ausbildungsanfängerinnen/Ausbildungsanfänger waren
2004 im Durchschnitt 18,8 Jahre alt. Dies hat Auswirkungen
hinsichtlich des Wirkungskreises des Jugendarbeitsschutz-
gesetzes.

1970 war nur jede/jeder fünfte Auszubildende volljährig.
Gegenwärtig sind dagegen drei von vier Auszubildenden
volljährig und werden damit von der im Jugendarbeits-
schutzgesetz bisher verankerten Altersgrenze von 18 Jahren
nicht erfasst. Dieser Zustand ist aus mehreren Gründen ände-
rungswürdig. Ein grundlegendes Ziel des Jugendarbeits-
schutzgesetzes ist es, Jugendliche am Beginn eines langen
Arbeitslebens vor Arbeiten zu schützen, die sie physisch und
psychisch gefährden können. Dieses Ziel hat auch mit einem
verspäteten Eintritt von Jugendlichen in Ausbildung und Be-
ruf nichts von seiner Aktualität verloren. Europaweit liegt
die Wahrscheinlichkeit, dass 18- bis 24-Jährige am Arbeits-
platz verletzt werden, um mindestens 50 Prozent über der
von anderen Altersgruppen. Der Schwerpunkt von Gefähr-
dungen liegt zudem unabhängig vom Zeitpunkt des Beginns
in der Frühphase von Ausbildung und Erwerbstätigkeit,
wenn die Motivation der jungen Arbeitnehmer und Arbeit-
nehmerinnen, auch wegen einer bis zu vier Monate dauern-
den Probezeit, hoch ist, während ein spezifisches Gefahren-
bewusstsein erst herausgebildet wird.

Die zu niedrige Altersgrenze von 18 Jahren führt zudem ge-
genwärtig zu erheblichen Problemen in der betrieblichen
Praxis, weil viele Betriebe Auszubildende unter 18 Jahren,
für die das Jugendarbeitsschutzgesetz gilt, gemeinsam mit
Jugendlichen über 18 Jahren beschäftigen, die den Schutz
des Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht genießen. Für Ju-
gendliche in vergleichbaren Ausbildungs- und Beschäfti-
gungssituationen gelten so gegenwärtig in vielen wichtigen
Bereichen verschiedene Regelungen, die in der betrieb-
lichen Praxis nur schwer miteinander in Einklang zu brin-
gen sind.

Darüber hinaus ergibt sich aus grundsätzlichen Erwägungen
zur Bewerber- und Bewerberinnenstruktur am Ausbildungs-
markt Handlungsbedarf. Der Anteil der Abiturientinnen/

Hauptschul- und Realschulabschluss bei der Suche nach
einem Ausbildungsplatz gegenüber Abiturientinnen/Abitu-
rienten, für die meist die Regelungen des Jugendarbeits-
schutzgesetzes nicht gelten.

Das Jugendarbeitsschutzgesetz muss daher so den veränder-
ten Gegebenheiten angepasst werden, dass es Auszubil-
dende während ihrer beruflichen Erstausbildung überwie-
gend erfasst. Eine Anhebung der Altersgrenze auf 21 Jahre
erfasst Jugendliche bis zu einem Alter, das 2,2 Jahre über
dem durchschnittlichen Alter von Jugendlichen beim Aus-
bildungsbeginn liegt, und wird so diesem Ziel gerecht.

Negative Auswirkungen gehen von der Gesetzesänderung
nicht aus. Eine Verschlechterung der Lage am Ausbildungs-
markt ist nicht zu befürchten, weil es auch in der Vergan-
genheit keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen
der Reichweite der Normen des Jugendarbeitsschutzes und
dem Angebot an Ausbildungsplätzen gab.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Jugendarbeitsschutz-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung des § 1 JArbSchG)

Die Regelung weitet den Geltungsbereich des Jugend-
arbeitsschutzgesetzes auf alle Personen aus, die noch nicht
21 Jahre alt sind und die im Weiteren in § 1 Abs. 1 Nr. 1
bis 4 genannten Voraussetzungen erfüllen. Die Regelung
verwirklicht die generellen Zielsetzungen des Gesetzent-
wurfs.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 2 Abs. 2 JArbSchG)

Die Regelung weitet den Begriff des/der Jugendlichen im
Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes auf alle Personen
aus, die 15, aber noch nicht 21 Jahre alt sind. Personen, die
18, aber noch nicht 21 Jahre alt sind, werden damit als Ju-
gendliche nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz behandelt.
Die Regelung eröffnet Jugendlichen, die 18, aber noch nicht
21 Jahre alt sind, umfassenden Zugang zu den Schutz-
normen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und verpflichtet
Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber zur Einhaltung der entspre-
chenden Pflichten, wenn sie diese Personen beschäftigen.
Die generelle Öffnung des Jugendarbeitsschutzes ist sinn-
voll, weil die alternativ mögliche teilweise Öffnung von
Einzelnormen des Jugendarbeitsschutzgesetzes für Perso-
nen, die 18, aber noch nicht 21 Jahre alt sind, im Vergleich
dazu den Zielsetzungen des Gesetzentwurfs nicht gerecht
würde.

Zu Nummer 3 (Änderung des § 9 JArbSchG)
verträgen einen Hauptschul- oder Realschulabschluss. Die
Altersgrenze von 18 Jahren benachteiligt Jugendliche mit

noch 21 Jahre alt sind, einen im Vergleich zum Bundes-
urlaubsgesetz erweiterten Mindesturlaubsanspruch auf 25

Drucksache 16/3016 destag – 16. Wahlperiode

– 4 – Deutscher Bun

Werktage jährlich. Die Regelung ist sinnvoll, weil sie dem
besonderen Schutzanspruch von Jugendlichen in der ersten
Phase ihres Erwerbslebens gerecht wird.

Zu Nummer 5 (Änderung des § 41 JArbSchG)

Die Regelung verlängert für Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber
die Aufbewahrungspflicht von ärztlichen Bescheinigungen
nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz längstens bis zu dem
Zeitpunkt, an dem der/die Jugendliche das 21. Lebensjahr
vollendet hat. Die Aufbewahrungspflicht für ärztliche Be-
scheinigungen wird damit an den veränderten Geltungs-
bereich des Jugendarbeitsschutzgesetzes angepasst.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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