BT-Drucksache 16/1730

Zur Zulässigkeit von Regelleistungskürzungen bei stationären Aufenthalten

Vom 1. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1730
16. Wahlperiode 01. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Ilja Seifert,
Karin Binder, Jörn Wunderlich, Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor Gysi,
Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Zur Zulässigkeit von Regelleistungskürzungen bei stationären Aufenthalten

Erfahrungen mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende zeigen, dass die mit
der Durchführung der Leistung befassten Behörden bei einem stationären
Aufenthalt die Regelleistung kürzen. Die Begründung für diese Kürzung ist un-
einheitlich. Zum einen wird argumentiert, dass der Bedarf des/der Hilfebe-
ziehenden durch die Gewährung von Verpflegung teilweise gedeckt ist. Zum
anderen wird darauf verwiesen, dass die Gewährung kostenfreier Verpflegung
als Sachbezug eine Einnahme in Geldeswert darstelle und diese somit als Ein-
kommen i. S. d. § 11 SGB II anzusehen sei.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Praxis der für die
Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende verantwortlichen
Behörden, bei stationärem Aufenthalt die Regelleistung nach SGB II zu
kürzen?

2. Wie hoch fallen die Kürzungen des Regelsatzes bei einem stationären oder
teilstationären Aufenthalt in der Regel aus?

3. Welche rechtliche Grundlage gibt es für diese Kürzungen?

Gibt es eine Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit oder Ähnliches
und welchen Inhalts ist diese?

4. Wie werden die vorgenommenen Kürzungen demnach begründet?

5. Hält die Bundesregierung die Kürzung der Regelleistung bei stationärem
Aufenthalt für rechtlich zulässig?

Welche Gründe sprechen aus ihrer Sicht für bzw. gegen eine solche Kürzung?

6. Wie steht die Bundesregierung zu der Bewertung, dass eine Kürzung der
Regelleistung bei stationärem Aufenthalt nicht mit einer teilweisen Bedarfs-
deckung durch angebotene Verpflegung begründet werden kann, da es sich
bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um eine bedarfsorientierte

Leistung, die die individuellen Belange berücksichtigt, sondern um eine pau-
schalierte Leistung handelt?

7. Sollte die Bundesregierung die Begründung der teilweisen Bedarfsdeckung
aus Frage 5 für stichhaltig ansehen, wäre zu fragen, wie sie die Tatsache
bewertet, dass Patienten, die die Zuzahlungsobergrenze nicht erreichen,
durch die Zuzahlungen für den stationären Aufenthalt auf der einen und die
temporäre Absenkung der Regelleistung doppelt belastet werden?

Drucksache 16/1730 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8. Wie steht die Bundesregierung zu der Bewertung, dass eine Begründung der
Kürzung mit der Wertung kostenfreier Verpflegung als Einkommen keine
Substanz hat, da § 2 der Arbeitslosengeld-II-Verordnung (ALG-II-VO) nur
für Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit gilt und die Leistung nicht in
Geld tauschbar ist?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass durch eine in der Praxis
übliche Kürzung der Regelleistung um bis zu 35 Prozent dem Hilfebeziehen-
den für den Zeitraum des Krankenhausaufenthalts auch die Möglichkeit
genommen wird, aus dem Regelsatz Ansparungen für künftige größere
Anschaffungen zu treffen, die wegen der weitgehenden Pauschalierung der
früheren Einmal- und Sonderzahlungen nötig sind?

Berlin, den 31. Mai 2006

Katja Kipping
Frank Spieth
Klaus Ernst
Dr. Ilja Seifert
Karin Binder
Jörn Wunderlich
Dr. Lothar Bisky
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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