BT-Drucksache 16/13446

zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Priska Hinz (Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/9361- Sorgerechtsregelung für Nichtverheiratete reformieren

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13446
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Priska
Hinz (Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/9361 –

Sorgerechtsregelung für Nichtverheiratete reformieren

A. Problem

Mit dem Antrag soll der Deutsche Bundestag aufgefordert werden festzustel-
len, das Gesetz sehe seit dem Jahr 1998 vor, dass nicht verheiratete Eltern das
gemeinsame Sorgerecht dann erhalten könnten, wenn die Eltern entweder er-
klärten, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung)
oder einander heiraten. Ansonsten habe die Mutter die elterliche Sorge inne
(§ 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB).

Nach bestehendem Recht sei für die Erlangung der gemeinsamen Sorge ledig-
lich die gemeinsame Erklärung zur Übernahme der elterlichen Sorge Vorausset-
zung. Weigere sich die Mutter, eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben,
habe der Vater des gemeinsamen Kindes keine Möglichkeit, das gemeinsame
Sorgerecht gerichtlich herstellen zu lassen. Der Gesetzgeber habe der gesetz-
lichen Regelung die Annahme zugrunde gelegt, dass ein gegen den Willen der
Mutter erzwungenes gemeinsames Sorgerecht in der Regel nicht dem Kindes-
wohl entspreche. Er sei davon ausgegangen, dass sich die Mutter – gerade bei
Zusammenleben der Eltern – nur ausnahmsweise dem gemeinsamen Sorgerecht
verweigere und dies nur aus Kindeswohlgründen. Das Bundesverfassungsge-
richt habe diese Regelung zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter
Eltern im Januar 2003 im Wesentlichen für verfassungskonform erklärt.

Auch wenn es immer noch an umfassenden Datengrundlagen zur Überprüfung
dieser Annahmen mangele, zeichne sich ab, dass der Ausgangspunkt in dieser
Pauschalität keinen Bestand haben könne. Es spreche viel dafür, dass ein ge-
meinsames elterliches Sorgerecht bei Nichtverheirateten in vielen Fällen durch-
aus am besten dem Kindeswohl entspreche. Die Gründe, aus denen es nicht zu
einem gemeinsamen Sorgerecht kommt, seien vielfältig. Es sei daher nicht

angemessen, bei nichtverheirateten Paaren für Väter keinerlei Möglichkeit
vorzusehen, das Veto eines Elternteils – der Mutter – gegen ein gemeinsames
Sorgerecht von einer neutralen Instanz überprüfen zu lassen. Väter, die Verant-
wortung für ihr Kind übernehmen wollten und sich engagiert an der Erziehung
ihres Kindes beteiligten, dürften nicht generell von der elterlichen Verantwor-
tung, wie sie sich auch im Sorgerecht äußere, ausgeschlossen werden. Ziel
müsse es sein, bei den Eltern eine außergerichtliche Einigung zu fördern. Führe

Drucksache 16/13446 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ein solches Verfahren zu keiner Einigung, müsse eine gerichtliche Entschei-
dung darüber ermöglicht werden, welche Sorgerechtsform dem Kindeswohl am
dienlichsten sei.

Der Bundestag solle die Bundesregierung daher auffordern,

– einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 1626a BGB (und damit in Verbin-
dung stehender Regelungen) vorzulegen, in dem die bisherige Regelung
dahingehend geöffnet werde, dass ein Vater im Einzelfall Anspruch auf eine
gerichtliche Entscheidung zur Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts
habe. Die gerichtliche Einzelfallentscheidung der Familiengerichte solle
sich daran orientieren, welche Sorgerechtsform dem Kindeswohl am Besten
entspreche, und besondere Rücksicht auf kindeswohlschädliche Gesichts-
punkte, wie insbesondere schwerwiegende Konflikte mit Gewaltdrohungen
oder -anwendungen nehmen;

– die Erlangung der gemeinsamen elterlichen Sorge dann zu ermöglichen,
wenn ein Vater seinen Anteil an elterlicher Fürsorge (auch hinsichtlich sei-
ner Unterhalts- und Umgangspflichten) erfüllt oder dies tun will und bisher
daran aus kindeswohlfremden Gründen gehindert worden ist. Das Gericht
hat sich hiervon ein differenziertes Bild zu machen.

Die Klage solle erst mit Vollendung des ersten Lebensjahres des gemeinsa-
men Kindes zulässig sein. Vor Zulassung einer Klage habe der Kläger eine
Beratung durch einen qualifizierten Träger der Jugendhilfe in Anspruch zu
nehmen. Das Jugendamt oder ein qualifizierter freier Träger der Jugendhilfe
lade sodann mit dem Ziel der Konfliktklärung und Lösungsfindung auch die
Mutter zum Termin. Eine Teilnahme der Mutter am Termin sei jedoch nicht
verpflichtend; die Nichtteilnahme dürfe keine nachteiligen Folgen haben;

– die Umsetzung der neuen Regelung wissenschaftlich begleiten zu lassen und
dem Gesetzgeber vier Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes Bericht zu
erstatten, ob sich die Öffnung beim gemeinsamen Sorgerecht Nichtverhei-
rateter in der Praxis bewährt und welche Wirkungen diese auf das Kindes-
wohl und die Eltern habe.

Außerdem solle der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern, auf
die Bundesländer einzuwirken, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe
oder vergleichbar qualifizierter Träger zur Wahrnehmung der Informations-,
Beratungs-, Moderations- und Mediationsaufgaben angemessen sachlich und
personell ausgestattet werden. Das mit diesen Aufgaben betraute Personal sei
entsprechend zu qualifizieren.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13446

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/9361 abzulehnen.

Berlin, den 17. Juni 2009

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Ute Granold
Berichterstatterin

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Berlin, den 17. Juni 2009

Ute Granold
Berichterstatterin

hnarrenberger

Wolfgang Neskovic
Berichterstatter
tionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stim-
men der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP beschlossen zu empfehlen,
den Antrag abzulehnen.

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Sabine Leutheusser-Sc
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter
Drucksache 16/13446 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Christine Lambrecht, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Wolfgang Neskovic und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/9361 in seiner 172. Sitzung am 26. Juni 2008 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 16/9391 in seiner 92. Sit-
zung am 17. Juni 2009 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP beschlossen zu emp-
fehlen, den Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 146. Sitzung
am 17. Juni 2009 beraten und mit den Stimmen der Frak-

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