BT-Drucksache 16/13225

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie der Bundesregierung -16/12280, 16/13105, 16/13217- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87d)

Vom 27. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13225
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Wolfgang Neskovic,
Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland
Claus, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dr. Ilja Seifert,
Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
sowie der Bundesregierung
– Drucksachen 16/12280, 16/13105, 16/13217 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87d)

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Artikel 87d des Grundgesetzes in der im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des Grundgesetzes (Artikel 87d) vorgesehenen Neufassung würde eine Kapi-
talprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH ermöglichen, obwohl es
sich bei der Flugsicherung um eine zentrale hoheitliche Aufgabe handelt.

2. Artikel 87d des Grundgesetzes in der im Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung des Grundgesetzes (Artikel 87d) vorgesehenen Neufassung begegnet
erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Flugsicherung hat als
sonderpolizeiliche Aufgabe hoheitlichen Charakter und gehört deswegen
zum Kernbereich staatlicher Aufgaben, der nach Artikel 79 Absatz 3 in Ver-
bindung mit Artikel 20 des Grundgesetzes verfassungsfest geschützt ist.

Berlin, den 26. Mai 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
Begründung

Der Bundespräsident hat sich im Oktober 2006 in seiner Begründung der Nicht-
ausfertigung des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung u. a. darauf
gestützt, dass Artikel 87d Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes eine materielle
Privatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) ausschließt (Bundes-
tagsdrucksache 16/3262). Dieser Satz 2, der die zulässigen Organisationsformen

Drucksache 16/13225 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
für die DFS vorgibt, soll in der im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Grundgesetzes (Artikel 87d) vorgesehenen Neufassung ersatzlos gestrichen
werden. Außerdem soll die Luftverkehrsverwaltung statt in „bundeseigener Ver-
waltung“ künftig in „Bundesverwaltung“ geführt werden. Beide Änderungen
sind bereits im „Bericht über Lösungswege für die Kapitalprivatisierung der
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung vom 23. März 2007 skizziert. Darin heißt es wörtlich:

„Die Wörter in ‚bundeseigener Verwaltung‘ in Satz 1 werden durch das Wort
‚Bundesverwaltung‘ ersetzt. Die Bundesverwaltung erhält hiernach einen grö-
ßeren Handlungsspielraum, indem sie private Dritte auch in Kernbereichen der
Staatsverwaltung, insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr einsetzen kann.
Der bisherige Satz 2 wird gestrichen. Für die beabsichtigte Kapitalprivatisierung
der DFS ist der bisherige Satz 2 nicht ausreichend.“

Zwar sieht das Begleitgesetz, der Gesetzentwurf zur Änderung luftverkehrs-
rechtlicher Vorschriften (Bundestagsdrucksachen 16/12279, 16/…) vor, dass die
DFS zu 100 Prozent in Bundeseigentum bleiben soll. Doch während bislang das
Grundgesetz eine Kapitalprivatisierung ausschloss, würde fortan lediglich eine
einfachgesetzliche Regelung zu ändern sein, um die Kapitalprivatisierung der
DFS vorzunehmen, die im Bundesrat zudem nicht mehr zustimmungspflichtig
wäre.

Die Auffassung, dass diese Neufassung des Artikels 87d des Grundgesetzes eine
Privatisierung der Flugsicherung ermöglichen würde, vertrat auch der Abgeord-
nete Klaus-Uwe Bennetter (SPD) in der ersten Lesung dieses von den Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Gesetzentwurfs (Bundestags-
drucksache 16/12280; Plenarprotokoll 16/211, S. 22902 A):

„Mir ist durchaus bewusst, dass eine Privatisierung nicht das Anliegen des vor-
liegenden Gesetzentwurfes ist, allerdings wird sie mit dieser Grundgesetzände-
rung theoretisch möglich sein. Das ist problematisch.“

Mit der vorgesehenen Änderung würde ein erneutes verfassungsrechtliches De-
bakel im Bereich der Flugsicherung riskiert werden. Aus diesem Grund äußerte
sich Prof. Dr. Stephan Hobe, Direktor des Instituts für Luft- und Weltraumrecht
an der Universität zu Köln, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom
19. Mai 2009. Er erhob erhebliche verfassungsrechtliche Einwände dagegen,
dass eine hoheitliche Aufgabe überhaupt durch Änderung des Grundgesetzes
modifiziert werden kann:

„Fraglich ist insofern, ob die rechtliche Qualifizierung als hoheitliche Aufgabe
aus dieser selbst folgt – ob Flugsicherung also eine originäre hoheitliche Auf-
gabe ist – oder aus der Bestimmung der Hoheitlichkeit durch die Verfassung.
(…) Letztlich spricht vieles dafür, dass es einen solchen ,Kernbestand‘ staat-
licher Aufgaben gibt, der nach Artikel 79 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 20
des Grundgesetzes verfassungsfest geschützt ist und zu dem auch die Luftver-
kehrssicherung als sonderpolizeiliche Aufgabe gehören könnte. Dann wäre die
Änderung unzulässig.“

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