BT-Drucksache 16/10618

Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit erhalten - Auf Senkung der Beitragssätze verzichten

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10618
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Antrag
der Abgeordneten Kornelia Möller, Klaus Ernst, Dr. Barbara Höll, Werner Dreibus,
Ulla Lötzer, Dr. Herbert Schui, Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann und der
Fraktion DIE LINKE.

Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit erhalten –
Auf Senkung der Beitragssätze verzichten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Finanzmarktkrise wird nicht am Arbeitsmarkt vorüberziehen. Angesichts
der Dramatik dieser Krise und angesichts deutlich nach unten korrigierter
Wachstumsprognosen ist es illusorisch, dass sich diese Entwicklung nicht auf
die Arbeitslosenzahlen niederschlagen wird. Wer in dieser Situation die Bei-
träge zur Arbeitslosenversicherung senkt, handelt völlig unverantwortlich.

Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit (BA) darf
nicht fahrlässig beschnitten werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung nicht auf 3,0 bzw. 2,8 Prozent zu
senken.

Berlin, den 15. Oktober 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, den Beitragssatz zur Arbeitslosen-
versicherung ab Januar 2009 für 18 Monate von 3,3 auf 2,8 Prozent zu senken.
Danach soll der Beitragsatz zur Arbeitslosenversicherung 3,0 Prozent betragen.
Mit der Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung soll den Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorgegaukelt werden, dass ihre Einkom-
men um den Beitrag entlastet würden, den sie bei der Krankenversicherung zu-
sätzlich bezahlen müssen.

Arbeitsmarktpolitisch ist eine Senkung des Beitragssatzes angesichts eines ab-
sehbaren Anstiegs der Arbeitslosenzahlen das falsche Signal. BA-Vorstand
Heinrich Alt geht davon aus, dass „sich das [die Finanzmarktkrise] natürlich
bei den Arbeitslosenzahlen bemerkbar machen“ wird (vgl. Frankfurter Rund-

Drucksache 16/10618 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
schau vom 11. Oktober 2008). Um dieser Entwicklung mit aktiver Arbeits-
marktpolitik entgegenhalten zu können, braucht die BA finanzielle Mittel. Die
geplante Senkung des Beitragssatzes führt aber im Gegenteil dazu, dass die BA
im nächsten Jahr ein noch größeres Defizit als bislang angenommen aufweisen
wird. Nach Prognosen der BA liegt das Defizit zwischen 5 und 2,5 Mrd. Euro.
Die BA stellt fest: „Aus der heutigen Sicht wären bei einem längerfristigen Bei-
tragssatz von 2,8 Prozent im Jahr 2012 praktisch alle Reserven der BA – ein-
schließlich der so genannten Liquiditätsreserve – aufgebraucht“ (Presse Info
060 vom 6. Oktober 2008). Diese Reserven lagen zu Jahresbeginn immerhin
bei fast 18 Mrd. Euro.

Neben dem notwendigen Verzicht auf die Beitragssatzsenkung der Arbeits-
losenversicherung darf die Bundesregierung sich nicht nur akut mit der Finanz-
marktkrise beschäftigen, sondern sie muss parallel dazu ein Konjunkturpro-
gramm auflegen.

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