BT-Drucksache 15/4489

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -15/3651- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der §§ 121, 122 StPO und weiterer Vorschriften

Vom 14. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4489
15. Wahlperiode 14. 12. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 15/3651 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der §§ 121, 122 StPO
und weiterer Vorschriften

A. Problem
Auch bei schwersten Straftaten muss ein Untersuchungsgefangener unter Um-
ständen wegen Überschreitung der im Gesetz vorgeschriebenen Sechsmonats-
frist aus der Haft entlassen werden, obwohl dringender Tatverdacht und Flucht-
gefahr oder Wiederholungsgefahr vorliegen. Da solche Haftentlassungen eine
gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit bedeuteten und bei
der Bevölkerung begründete Besorgnis auslösten, erscheint es nach Auffassung
des Bundesrates notwendig, die geltenden §§ 121 und 122 StPO dahin gehend
zu ändern, dass die Sicherheit der Bevölkerung besser als bisher gewährleistet
sei, ohne dass unverhältnismäßig in die Freiheitsrechte des Beschuldigten ein-
gegriffen werde.

B. Lösung
Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs des Bundesrates.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 15/4489 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 15/3651 – abzulehnen.

Berlin, den 1. Dezember 2004

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Erika Simm
Berichterstatterin

Joachim Stünker
Berichterstatter

Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4489

Bericht der Abgeordneten Erika Simm, Joachim Stünker, Siegfried Kauder
(Bad Dürrheim), Jerzy Montag und Jörg van Essen

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 15/3651 in seiner 140. Sitzung am 23. November
2004 in erster Lesung beraten und zur federführenden Bera-
tung dem Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Innen-
ausschuss überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 49. Sitzung
am 1. Dezember 2004 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU beschlos-
sen, die Ablehnung zu empfehlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 65. Sit-
zung am 1. Dezember 2004 beraten undmit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP ge-
gen die Stimmender Fraktion derCDU/CSUbeschlossen, die
Ablehnung zu empfehlen.
Die Fraktion der SPD erklärte, sie habe erhebliche verfas-
sungsrechtliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf, da der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere im Hin-
blick auf die Haftanordnung und Verlängerung der Haft-
dauer über die Sechsmonatsfrist hinaus, nicht gewahrt sei.
Die Fraktion der FDP bemerkte, die kritische Stellung-
nahme der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf sei in
einigen Punkten berechtigt. Auch sie sehe Probleme hin-
sichtlich der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Im
Hinblick auf gelegentlich überraschende Entscheidungen
der Oberlandesgerichte, den Haftbefehl aufzuheben, und auf
von der Staatsanwaltschaft nicht zu verantwortende Verfah-

rensverzögerungen bedingt durch die zunehmende Zahl der
einzuholenden Fachgutachten, sei aber der Vorschlag des
Bundesrates, den Verfahrensbeteiligten nochmals Gelegen-
heit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben, nicht ganz
unvernünftig. Die Fraktion der FDP bedauerte, dass seitens
der Regierungskoalition keine Bereitschaft zu einer öffent-
lichen Anhörung bestehe.
Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass der Gesetz-
entwurf des Bundesrates zweifellos Schwächen, aber auch
Stärken habe, und sie ihm deshalb im Ergebnis zustimmen
werde. Eine Stärke sei darin zu sehen, dass vorgeschlagen
werde, die Verbrechen aus dem Völkerstrafgesetzbuch in
den besonderen Haftgrund der Tatschwere aufzunehmen.
Der Einwand der Bundesregierung, in diesen Fällen sei in
aller Regel Flucht- oder Verdunkelungsgefahr gegeben,
gehe fehl, denn auch bei der besonderen Tatschwere ver-
lange das Bundesverfassungsgericht eine Annäherung an
die anderen Haftgründe. Die Fraktion der CDU/CSU be-
tonte, es gäbe in der Tat Fälle, wo Tatverdächtigte wegen
Ablaufs der Sechsmonatsfrist aus der Haft entlassen werden
müssten. Man könne sich aber als Bundesgesetzgeber nicht
darauf berufen, dies zu verhindern sei Sache der Länder, die
den Staatsanwaltschaften mehr Resourcen zur Verfügung
stellen müssten. Den Ländern sei dies aus Kostengründen
nicht möglich. Daher sei der Vorschlag des Bundesrates,
eine Möglichkeit zu schaffen, die Untersuchungshaft mode-
rat zu verlängern, ein Lösungsansatz, den die Fraktion der
CDU/CSU mittrage. Ebenso sei die Ausweitung des Siche-
rungshaftbefehls bei anstehendem Bewährungswiderruf,
wenn die Gefahr bestünde, dass der Straftäter sich der Straf-
verbüßung entzieht, zu befürworten. Dasselbe gelte für die
vorgesehene Einführung des § 453c Abs. 1 Nr. 2 StPO, Er-
lass eines Sicherungshaftbefehls bei Bewährungsversagern,
die eine neue Straftat begangen haben. Dies könne zwar un-
ter dem Gesichtspunkt des Artikels 6 Abs. 2 der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention durchaus kritisch gesehen
werden, sei aber vertretbar.

Berlin, den 1. Dezember 2004
Erika Simm
Berichterstatterin

Joachim Stünker
Berichterstatter

Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

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