BT-Drucksache 14/8627

a) Gesetzentwurf der Abgeordneten Geis, Marschewski (Recklinghausen), Bosbach, weiterer Abg. und der Fraktion der CDU/CSU -14/6834- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Straftaten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus b) GE des Bundesrates -14/5938- Ent. eines Gesetzes zur Ergänzung der Kronzeugenregelungen im Strafrecht (KrZErgG) c) zu dem GE des Bundesrates -14/6079- Entw. eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung (§ 110 Abs. 1, § 111f Abs.6 StPO)

Vom 20. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8627
14. Wahlperiode 20. 03. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Norbert Geis, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 14/6834 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Straftaten
der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus

b) zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 14/5938 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Kronzeugenregelungen
im Strafrecht (KrZErgG)

c) zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 14/6079 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung
(§ 110 Abs. 1, § 111f Abs. 3, § 163a Abs. 6 StPO)

A. Problem
Die Vorlagen zu a) und b) gehen davon aus, dass die Bedrohung durch Straf-
taten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus weiterhin eine He-
rausforderung von Staat und Gesellschaft darstellt. Sie setzen sich daher zum
Ziel, das straf- und strafverfahrensrechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung
der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus zu verbessern. Zu diesem
Zweck sollen die Vorschriften zur Gewinnabschöpfung optimiert werden. Dar-
über hinaus sollen bei Straftaten, die dem Kernbereich der Organisierten Krimi-
nalität und des Terrorismus zuzurechnen sind, nach dem Vorbild der bestehen-
den „kleinen Kronzeugenregelungen“ bereichsspezifische, auf die jeweilige
Materie zugeschnittene Bestimmungen geschaffen werden. Die materiell-straf-

Drucksache 14/8627 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

rechtlichen Regelungen sollen ergänzt werden durch strafprozessuale Bestim-
mungen, wonach das Verfahren zu Lasten des Verurteilten wieder aufgenom-
men werden kann, wenn dieser sich Vorteile missbräuchlich erschlichen hat.
Allgemein der effektiveren Verfolgung schwerer Formen der Kriminalität dient
eine Ergänzung des Straftatenkatalogs bezüglich der Überwachung der Tele-
kommunikation sowie eine Ergänzung des Telekommunikationsgesetzes.
Die Vorlage zu c) verfolgt das Ziel, das Ermittlungsverfahren effektiver zu
gestalten, bei gleichzeitiger Stärkung der Rolle der Polizei die Justizorgane zu
entlasten und die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei weiter zu
verbessern.

B. Lösung
Ablehnung der Gesetzentwürfe.
zu a)
Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
zu b) und c)
Einstimmige Ablehnung

C. Alternativen
Annahme der Gesetzentwürfe.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8627

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Gesetzentwurf – Drucksache 14/6834 – abzulehnen,
b) den Gesetzentwurf – Drucksache 14/5938 – abzulehnen,
c) den Gesetzentwurf – Drucksache 14/6079 – abzulehnen.

Berlin, den 20. März 2002

Der Rechtsausschuss
Dr. Rupert Scholz
Vorsitzender

Joachim Stünker
Berichterstatter

Norbert Geis
Berichterstatter

Volker Kauder
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin

Drucksache 14/8627 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Joachim Stünker, Norbert Geis, Volker Kauder,
Volker Beck (Köln), Jörg van Essen und Dr. Evelyn Kenzler

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Gesetzentwürfe auf den
Drucksachen 14/6834, 14/5938 und 14/6079 in seiner 192.
Sitzung am 11. Oktober 2001 in erster Lesung beraten und
jeweils zur federführenden Beratung an den Rechtsaus-
schuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss über-
wiesen. Der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/6834
wurde zusätzlich an den Finanzausschuss, den Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Ge-
sundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen dermitberatenden Ausschüsse
Der Innenausschuss hat die Vorlagen in seiner 79. Sitzung
am 12. Dezember 2001 beraten und jeweils mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, FDP und
PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU be-
schlossen zu empfehlen, die Gesetzentwürfe abzulehnen.
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf auf der Druck-
sache 14/6834 in seiner 119. Sitzung am 12. Dezember 2001
beraten undmit den Stimmender FraktionenSPD,BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU bei Stimmenenthaltung der Fraktion der FDP
beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/6834 in seiner 70. Sit-
zung am 12. Dezember 2001 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP
und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat den Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/6834
in seiner 80. Sitzung am 12. Dezember 2001 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und PDS gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU beschlossen zu empfehlen, den Gesetzent-
wurf abzulehnen.
Der Ausschuss für Gesundheit hat den Gesetzentwurf auf
der Drucksache 14/6834 in seiner 120. Sitzung am 12. De-
zember 2001 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP beschlos-
sen zu empfehlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

III. Beratung und Beratungsergebnis im
Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat in seiner 104. Sitzung am 7. No-
vember 2001 eine öffentliche Anhörung durchgeführt, an
der folgende Sachverständige teilgenommen haben:

Hinsichtlich der Ergebnisse der Anhörung wird auf das
Protokoll der 104. Sitzung des Rechtsausschusses mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen ver-
wiesen.
Der Rechtsausschuss hat die Vorlagen in seiner 120. Sitzung
am 20. März 2002 abschließend beraten.
Die Fraktion der SPD bedauerte, dass es in der laufenden
Wahlperiode nicht gelungen sei, eine rechtsstaatlich un-
bedenkliche Kronzeugenregelung vorzulegen. Der Gesetz-
entwurf der Fraktion der CDU/CSU werde mit ihren zahl-
reichen Änderungen der Strafprozessordnung und anderer
Gesetze den an eine Kronzeugenregelung zu stellenden An-
sprüchen jedoch nicht gerecht. Dies habe auch die Anhö-
rung im Rechtsausschuss ergeben. Besser wäre eine Rege-
lung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches im Rahmen
der Vorschriften über die Strafbemessung. Es sei aber rich-
tig, dass es in der Praxis Fälle gebe, in denen eine Kronzeu-
genregelung notwendig wäre. Deshalb werde es weitere
Überlegungen zu dieser Problematik geben. Zum Entwurf
des Bundesrates zur Änderung der Strafprozessordnung sei
anzumerken, dass es nicht richtig sei, staatsanwaltliche Auf-
gaben auf die Polizei zu übertragen. Eher wäre es sinnvoll,
die Zuständigkeiten der Staatsanwaltschaft zu stärken.
Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass der wesentliche
Kern ihres Gesetzentwurfes die Wiedereinführung der
Kronzeugenregelung sei. Bei der Bekämpfung von Straf-
taten der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus sei
sie ein ganz entscheidender Gesichtspunkt, denn die alte
Kronzeugenregelung habe erheblich zur Aufklärung von
entsprechenden Straftaten geführt.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus, be-
reits die alte Kronzeugenregelung habe schwere rechtsstaat-
liche Mängel gehabt, so dass es richtig gewesen sei, sie im
Jahre 1999 auslaufen zu lassen. Der Deutsche Anwaltverein
habe es begrüßt, dass die jetzige Regierungskoalition keine
neue Kronzeugenregelung vorschlage. Er habe sie als un-
nütz und riskant bezeichnet, denn es blieben immer Pro-
bleme, auch wenn man versuche, rechtsstaatlich zu kodifi-
zieren. So könne z. B. eine Strafmilderung als Belohnung

Ottmar Breidling Vorsitzender Richter am Ober-
landesgericht,
Düsseldorf

Dr. Eckhart von Bubnoff Vorsitzender Richter am Ober-
landesgericht a. D., Nußloch

Dr. Rolf Gössner Rechtsanwalt, Bremen
Heinz Haumer Präsident des Bayerischen

Landeskriminalamtes, München
Dr. Florian Jeßberger Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Dr. Volker Krey Universität Trier
Armin Nack Richter am Bundesgerichtshof,

Karlsruhe
Jasper von Schlieffen Strafverteidigervereinigung

Organisationsbüro, Berlin
Christian
Schmidt-Sommerfeld

Leitender Oberstaatsanwalt,
München

Norbert Weise Generalstaatsanwalt, Koblenz.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8627

den Täter zu Falschaussagen verleiten. Auch das Prinzip der
Gleichheit vor dem Recht könne verletzt werden, wenn für
gleiche Schuld nicht die gleiche Strafe folge. So könne ein
zweiter Täter für eine entsprechende Aussage keine Straf-
milderung verlangen. Im Rahmen der allgemeinen Straf-
bemessungsregelungen bestehe durchaus die Möglichkeit,
Präventions- und Aufklärungshilfen bei der Strafzumessung
zu berücksichtigen.
Die Fraktion der FDP machte deutlich, sie habe sich im-
mer für eine rechtsstaatlich einwandfreie Kronzeugenrege-
lung ausgesprochen. Für eine Wiedereinführung gebe es
überzeugende Gründe. Daher sei es zu bedauern, dass die
Regierungskoalition keinen entsprechenden Entwurf vor-
gelegt habe. Dies sei ein gravierender Mangel einer ver-
nünftigen Strafrechtspolitik. Gleichwohl werde die Fraktion
der FDP dem Gesetzentwurf der CDU/CSU nicht zustim-
men, da er den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine
neue Kronzeugenregelung nicht genüge. Auch der Entwurf
des Bundesrates zur Änderung der Strafprozessordnung sei
abzulehnen, da es nicht fortschrittlich und sinnvoll sei,

Zuständigkeiten von der Staatsanwaltschaft auf die Polizei
zu verlagern.
Die Fraktion der PDS lehnte eine neue Kronzeugenrege-
lung ab unter Hinweis auf die Stellungnahme des Deutschen
Anwaltvereins, da sie u. a. das Legalitätsprinzip und das
Recht auf ein faires Verfahren verletze und unvereinbar sei
mit anerkannten Strafzwecken. Auch werde immer wieder
in der Praxis die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen in Frage
gestellt. Die Praxis habe auch gezeigt, dass Informationen
von Kronzeugen nur sehr bedingt ermittlungsrelevant ver-
wertbar seien. Der Nutzen einer Kronzeugenregelung stehe
in keinem Verhältnis zu den damit verbundenen rechtsstaat-
lichen Risiken.
Der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/6834 wurde mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und PDS gegen die Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU abgelehnt.
Die Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 14/5938 und 14/
6078 wurden einstimmig abgelehnt.

Berlin, den 20. März 2002
Joachim Stünker
Berichterstatter

Norbert Geis
Berichterstatter

Volker Kauder
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Evelyn Kenzler
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.